Sex and Crime auf Königsthronen
römisches Antlitz, und ihr derzeitiges Oberhaupt Elisabeth II. hält so eisern an mittelalterlichen Zeremonien fest wie ehemals Heinrich Tudor.
An Karfreitag kriecht die Königin zwar nicht mehr, wie noch Heinrich, barfuß und auf Knien zu Kreuze, sie darf auch auf die österliche Fußwaschung von Bettlern verzichten, aber immer noch verteilt sie am Gründonnerstag in einer Kirche das sogenannte Maundy Money . Früher handelte es sich dabei um Bargeld, heute sind es Gedenkmünzen mit dem Porträt der Königin, für die man sich nichts kaufen kann. Bei vielen Untertanen sind sie dennoch heiß begehrt.
Anno 1547 hofft die katholische Hoffraktion ihren Tudor-König wieder ganz zum wahren Glauben bekehren zu können. Mittels Verleumdung einer hochrangigen Protestantenfreundin – der Königin.
Kurz vor seinem Tod lässt sich Heinrich – beinahe – davon überzeugen, dass Katherine Parr eine religiöse Verschwörerin ist, die ihn beseitigen will. Ihr Todesurteil wird ihm in der Unterschriftsmappe zum Gegenzeichnen vorgelegt.
Die kluge Katherine Parr entgeht ihrem Schicksal, indem sie in der Nacht vor der Unterzeichnung eine Bibelstunde mit Heinrich ansetzt. Gemeinsam lesen sie in der Heiligen Schrift, und Queen Katherine bittet das Bildungswunder der Tudors, ihr alles im Sinne seiner anglikanischen Kirche auszulegen. Schließlich sei sie nur eine unbedarfte Frau.
Heinrich VIII. hält auch das wieder einmal für die Liebe, nach der er sein Leben lang gesucht hat. Katherine Parr spielt eine Art christliche Scheherezade, nur dass in ihrem Fall nicht sie 1001 Märchen erzählt, sondern der König stundenlang die Bibel erklären darf. Das muss dem Amateurtheologen ausnehmend gut gefallen haben.
Das Todesurteil wandert in den Papierkorb. Heinrich sucht nach einem Schuldigen für die Impertinenz, seine geliebte Gattin anzuklagen. Der heißt Thomas Howard, Herzog von Norfolk, war der Onkel der längst verstorbenen Anne Boleyn sowie der ebenfalls geköpften Catherine Howard und kann es nicht ertragen, dass mit Katherine Parr nicht ein weibliches Mitglied seiner Familie an Heinrichs Thron herankommt. Howards Tod ist abgemachte Sache, wieder wird eine entsprechende Urkunde vorbereitet, doch diesmal muss der Henker das Beil stecken lassen.
Tod und Vermächtnis eines Gruselkönigs
Am 28. Januar 1547 erliegt Henry einer Blutvergiftung. Der Popstar der Renaissance stirbt als genau jener monströse Feistling, den Holbeins Porträts der Nachwelt überliefert haben.
Neben zwei Frauen fielen seiner Politik der Verfolgung, seinen Todesurteilen und seinen sinnlosen militärischen Unternehmungen noch etwa 70.000 Menschen zum Opfer. Dem gelernten Tyrannen kann man vielleicht allerdings zugutehalten: Sein eher eigensüchtiger, chaotischer Reformationsslalom von oben kostete insgesamt weit weniger Menschenopfer als die Religionskriege auf dem Kontinent.
Dort sterben durch die deutschen Bauernkriege, durch Ketzerverbrennungen, die Hugenottenverfolgung in Frankreich, die spanische Inquisition, die Bartholomäusnacht, den spanisch-niederländischen oder den Dreißigjährigen Krieg Millionen Menschen im Streit um Evangelium gegen Messbuch.
England machte sich währenddessen daran, die Welt zu erobern. Unter der Herrschaft von Anne Boleyns Tochter Elisabeth steigt Britannien zur Weltmacht auf. Aus nachvollziehbaren Gründen verzichtet Elisabeth auf eine Ehe, stilisiert sich lieber als »Virgin Queen« – eine beispiellose Karriere als Königin.
Sie hat viel von ihrem Vater geerbt, neben Reich, Krone und einem untrüglichen Machtinstinkt auch erotischen Appetit. Anders als ihr Papa ist Elisabeth aber klug genug, ihr Liebesleben nicht in die Politik hineinregieren zu lassen. Ob die »Virgin Queen« wirklich lebenslang Jungfrau blieb, darüber stritt man sich bereits am Tudorhof, und heute streiten die Gelehrten darüber.
Executioner strike home!
Eine gefährliche Liaison aus Elisabeth Biografie sei zum Exempel noch erzählt.
Im Jahr 1584 erringt der 21-jährige Robert Devereux die Gunst der 51-jährigen Monarchin. Ihr letzter Favorit ist ein Mantel-und-Degen-Beau nach Elisabeth Geschmack. Bildschön ist dieser Earl von Essex. Ein vollendeter Höfling, ein charmanter Plauderer, verwegener Draufgänger und Gelegenheitsdichter.
Einige Biografen nennen Devereux die »Liebe ihrer späten Jahre«, andere halten nüchtern fest, der jugendliche Windhund habe ihr eher Kopf- als Herzschmerzen bereitet. Herausfinden wird man das nie.
Fakt ist:
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