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Sex and Crime auf Königsthronen

Titel: Sex and Crime auf Königsthronen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
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herbeizuführen. Hernach gewährt Witwe Isabella dem »unerwartet« Verschiedenen ein Staatsbegräbnis in der Abtei von Gloucester.
    Forscher verschiedener Disziplinen melden inzwischen Zweifel an der britischen Gruselgeschichte an. Mediziner halten einen rektalen Mord mit sofortiger Todesfolge für unwahrscheinlich. Dagegen spricht auch, dass Ohrenzeugen in der Todesnacht keinen Schmerzensschrei aus dem Verlies gehört haben. Es gibt auch Indizien für eine heimliche Flucht des Exkönigs, weshalb seine Königin flugs eine fremde Leiche zu Grabe trug, um für immer frei zu sein. Motto: Wat fott es, es fott , egal wie. Drei Jahre kann Isabella nach dem Tod des Königs für den gemeinsamen Sohn Edward III. regieren, der 1330 an die Macht kommt, die Mutter lebenslänglich vom Hof verbannt und deren Liebling Mortimer köpfen lässt. Egal ob wahr oder halb wahr, wir dürfen froh sein, dass unser bürgerliches Gesetzbuch Scheidungen erlaubt.
    Zurück zu Anna von Sachsen. In modernen Biografien über den Freiheitshelden Wilhelm von Oranien wird die Scheidungsschlacht mit seiner Gattin gern übergangen oder als Kollateralschaden einer Zweckehe abgehandelt. Im 19. Jahrhundert – als Wilhelm posthum seinen Werdegang zur Nationalikone antritt – wird es üblich, den Fall zuungunsten der Gattin auszulegen und allein den Vorwürfen des Prinzen zu trauen.
    Anna, so das achselzuckende Urteil verschiedener Historiker, war eine keifende Kratzbürste, geldgierig, dem Prinzen untreu und zum Schluss plemplem. Das sieht schon Wilhelm so, und noch heute gibt es Vertreter dieser Alleinschuldthese seiner Gemahlin. Dabei sollte sich mittlerweile die Wahrheit herumgesprochen haben, dass nicht nur zur Liebe, sondern auch zur Scheidung immer zwei gehören.
    Besonders perfide klingt die Anti-Anna-Version, wenn das schaurige Ende der Ehe und der Ehefrau mit Annas Aussehen, einem Klumpfuß und/oder einer schiefen Schulter, verquickt wird. Stellvertretend für diese Deutung sei das Verdikt des großen Biografen von Wilhelm von Oranien, Felix Rachfahl, zitiert: »In seiner Begierde, mit den angesehensten und mächtigsten der Fürstengeschlechter Norddeutschlands in Verwandtschaft zu treten, hatte Oranien über den Mangel an Schönheit bei seiner Braut hinweggesehen. Aber in dem missgestalteten Körper wohnte auch eine missgestaltete Seele, kleinlich, bösartig, jeder Spur des Hohen und Edlen bar. Bald nach der Hochzeit offenbarte sie dem Gemahle die bösen Seiten ihres Charakters.«
    Geschrieben ist das 1906, doch der ungeheuer quellenkundige Rachfahl wird immer noch gern zitiert, und die Tatsache, dass Anna optisch einem Scheusal glich, wird ungeprüft übernommen. Die Beweise für die »hässliche Missgestalt« der Prinzenbraut Anna sind indes so zweifelhaft wie ihr Ehebruch. In einem einzigen zeitgenössischen Brief ist die Rede davon, sie sei »ungeschickten Leibes«.
    Auf Porträts der 16-jährigen Braut erkennt man, wenn auch keine atemberaubende Schönheit, so doch ein hübsches blondes bis dunkelblondes Mädchen mit runden Augen, spitzem Kinn und geraden Schultern. Auch die spätere Fürstin von Oranien macht auf Bildern und Kupferstichen eine kerzengerade Figur. Kann sein, dass man für den Körper ein Double eingesetzt oder sonst wie retuschiert hat. Genauso gut ist es aber möglich, dass Historiker Anna von Sachsen mit einer gleichnamigen Cousine verwechseln, die seit einem Unfall in Kindertagen unter einem gestörten Wachstum litt.
    Wie uneins sich selbst die eigene Verwandtschaft über die optischen Qualitäten von Prinzessin Anna war, beweist eine Anekdote über eine gemalte Brautminiatur, die es von der 16-Jährigen gibt. Ihr Onkel gibt das Porträt 1560 in Auftrag, um Anna dem Prinzen von Oranien schmackhaft zu machen. Und zwar in zweifacher Ausfertigung.
    Bild eins fällt dem Kurfürsten zu schön aus, weshalb er eine zweite Version verlangt. Die wiederum findet er viel zu hässlich, weshalb er den Prinzen schließlich zur Brautbeschau vor Ort einlädt.
    Bleibt anzumerken, dass Annas Onkel seine Nichte nie sonderlich gemocht hat. Und weil nur das, was wir mit Liebe betrachten, schön ist, sind Zweifel angebracht, wenn Anna als Vogelscheuche in die Geschichte eingegangen ist.
    Was Annas über Jahrhunderte geschmähten Charakter und ihren Wahn angeht, so gibt es durchaus Hinweise, dass sie in der Ehe mit Wilhelm ein Biest sein konnte. Die Rolle der Bestie aber besetzt am Ende des Scheidungsdramas der schöne Oranier.
    Doch unsere

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