Sex and Crime auf Königsthronen
Reklameslogan »Frau Antje bringt Käse aus Holland« deutlich eingängiger klingt als Käse aus Batavia.
Wie auch immer. 1815 ist es mit dem französischen Intermezzo und mit dem Korsen-Kaiser vorbei. Aus der ehemaligen niederländischen Union mit dem Bandwurmnamen wird ein hausgemachtes Königreich mit Parlament, und Wilhelm von Oranien wird zur Nationalikone.
Der Prinz, der schon zu Lebzeiten – dank Eigenpropaganda – als »Vater des Vaterlandes« verehrt worden ist, weil er Jagd auf die Spanier macht, taugt auch posthum als Tyrannenschreck und schweißt die Nation zusammen. Sogar den Nazis haben seine Taten Angst gemacht.
Die verbieten den Niederländern im Zweiten Weltkrieg das Absingen ihrer Nationalhymne, obgleich ein urdeutscher Held drin vorkommt. Der tritt in Strophe Nummer sechs allerdings als entschlossener Widerstandskämpfer an:
»Mein Schild und mein Vertrauen seid Ihr, o Gott mein Herr, auf Euch so will ich bauen, verlasst mich nimmermehr. Dass ich doch fromm darf bleiben, Euer Diener zu jeder Stund’, die Tyrannei vertreiben, die mir mein Herz verwund’t.«
Das wollen die Nazis nicht hören. Wahrscheinlich haben unsere gewitzten Nachbarn das Lied genau deshalb 1932 zur offiziellen Hymne erklärt. Zuvor war es nur ihre inoffizielle Hymne – weil eben ein Deutscher drin vorkam! Ein Hoch auf den Kampfgeist unserer Nachbarn in finsterster Zeit!
Strophe Nummer sechs wird heute bei wichtigen Staatsakten gesungen. Bei Fußballturnieren gilt sie als deplatziert. Da werden Sturm, Angriff und Verteidigung schließlich nur gespielt.
Neben Hymne und Königshaus ist dem Oranier die Staatsflagge gewidmet. Die quergestreifte Trikolore verdankt sich Wilhelms Wappenfarben und weht in ähnlicher Form im 16. Jahrhundert am Bug von Seeräuberschiffen, die mit Genehmigung des Prinzen Galeonen der spanischen Landesherren entern. Unsere Nachbarn haben also quasi eine Piratenflagge als Nationalfahne. (Nur ein Scherz!)
Mehr Nachruhm und Ehre geht nicht? Doch. Um auf König Fußball zurückzukommen: Für die grelle Farbe niederländischer Nationaltrikots, Fanschals und ähnlicher Jubelartikel ist keine Geschmacksverirrung verantwortlich, sondern der Prinzen-Titel des Renaissanceadligen. Den trägt Wilhelm dank eines französischen Minifürstentums namens Orange, das neben seinen holländischen Besitzungen zu seinen Erbgütern zählte. Daher der Titel von Oranien, niederländisch Oranje. An den Besitz nördlich von Avignon erinnert heute noch der Doppelname des Königshauses Oranien-Nassau.
Mit Vornamen heißen die zugehörigen Kronprinzen seit 1815 durchweg Willem mit Vornamen. Die meisten haben keine Heldentaten vollbracht, die mit denen ihres Stammvaters vergleichbar wären. Weshalb sie bei ihren Untertanen auch keine so klangvollen Beinamen einheimsten wie »Vater des Vaterlandes«.
So kommt ein Kronprinz Willem Nikolaus von Oranien (frz. Orange) Mitte des 19. Jahrhunderts als Prinz »Zitrone« ins Gerede, da er sich in Paris ausführlich von »Salondamen« auspressen lässt. Er stirbt, bevor er den Thron besteigen kann. Seinem Vater König Willem II. sagt man hingegen »onnatuurlijke lusten« nach. Das ist die im 19. Jahrhundert übliche Umschreibung für Homosexualität. Was damals eine Strafsache ist, weshalb der Monarch tief in die Kasse greifen muss, um Plaudertaschen unter seinen Favoriten zum Schweigen zu bringen.
Willem III. (gestorben 1890) heißt zu Lebzeiten beim Volk »König Gorilla«, weil er mehr Liebschaften gehabt haben soll als ein Pavian, in der Schweiz eine Anzeige wegen Exhibitionismus kassiert und zum Ende seiner Tage als »half waanzinnig« gilt.
Nach ihm übernehmen die Frauen bis hin zur heutigen Königin Beatrix das Ruder. Sie machen ihre Sache so exzellent, dass unsere Nachbarn überzeugte Royalisten geblieben sind. Die eher unrühmlichen Geschehnisse im niederländischen Königshaus sind nachzulesen in dem Buch »Für den Thron wird man nicht ungestraft geboren«, das zwei niederländische Historikerinnen 2007 verfassten.
Auch der derzeit amtierende Thronfolger Willem-Alexander von Oranien-Nassau firmierte in jungen Jahren beim Volk unter einem Spitznamen: Prinz Pilsje . Er war alkoholischen Erfrischungen zeitweise recht zugetan. Schwamm drüber. Mittlerweile ist der 42-jährige Sohn von Königin Beatrix Experte für Wassermanagement.
Während sein Urahne und unser Kapitelheld 1573 Deiche anbohren und Land fluten lässt, um eine Attacke spanischer Truppen abzuwehren, sorgt
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