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Sex and Crime auf Königsthronen

Titel: Sex and Crime auf Königsthronen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
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sein heutiger Nachfahr dafür, dass die Niederländer trockene Füße behalten. Was zu begrüßen ist.
    Und obwohl man dem modernen goudablonden Kronprinzen die Modell-Gene seines Urahnen nicht ansieht, macht er seit 2002 seine Ehefrau Maxima, sein Volk und die Klatschpresse sehr glücklich.
    Das hinwieder kann man vom ersten, bildschönen Wilhelm von Oranien-Nassau nicht behaupten. Kommen wir nach aller gebotenen Lobhudelei zur düsteren Seite des Giganten.

Wilhelm der Mitgiftjäger und Herzensbrecher
    Der schöne Het Wilhelmus der Hymne hat jede seiner insgesamt vier Bräute spontan begeistert. Zwei von ihnen allerdings nicht auf Dauer. Seine Ehefrauen eins und zwei – beide Anna geheißen – kränkt die außereheliche Eroberungslust des Bonvivants. Es sind politische Zweckbräute, von denen sexuell und emotional nur Duldungsstarre im Dienst der Dynastie erwartet wird. Ihr Pech: Sie verlieben sich in den hinreißenden Verführer. Was Wilhelm kräftig, aber nicht ganz gefühlsecht, befördert hat. Vor allem der Anna Nummer zwei, einer ranghöher geborenen Kurfürstentochter, spielt er – der Mitgift wegen – ganz großes Liebeskino vor. Wofür sie mit dem Leben bezahlen muss.
    Prinz, Kavalier, Rebell, Beau und Casanova – der Oranier ist eine Kombination, vor der man weibliche Singles auf der Suche nach einem verlässlichen Mann heute warnen würde.
    Selbstverständlich sind weder Wilhelms ungezählte Seitensprünge noch sein Liebesleben Thema der niederländischen Nationalhymne oder primärer Gegenstand historischer Forschung. Man muss in Bergen von Literatur wühlen, um Genaueres über Oraniens Scheidungsdrama von Gattin Nummer zwei, der deutschen Anna von Sachsen, zu sammeln.
    Der Adelsrebell treibt Anna zwei – zum Zwecke einer Scheidung – geradezu in den Wahnsinn. Zum einen, weil er sich neu und diesmal wirklich verliebt hat, vor allem aber, weil’s der Politik dient.
    Mit tatkräftiger Unterstützung seiner Familie scheut er vor Folter und vor Kerker nicht zurück, um seine Fürstin eines Ehebruchs zu überführen, der zweifelhaft ist. Reich garniert mit übler Nachrede zeigt der Vorwurf die gewünschte Wirkung. Anna verschwindet hinter Gittern.
    Sie stirbt 1577 mit 32 Jahren unter elenden Umständen: eingemauert, körperlich verwahrlost und nur durch eine Speisedurchreiche mit der Außenwelt verbunden. Als Grund für den Gewahrsam wird neben Ehebruch geistige Umnachtung angegeben. Dass die junge Frau und vierfache Mutter den Seitensprung bis zum Schluss hartnäckig bestreitet, wird als weiteres Indiz für Irrsinn gewertet. Diese Diagnose wird in der Forschung noch heute gern gestellt und der Ehebruch als Fakt kolportiert, obwohl es genug Hinweise gibt, dass Anna ihrem Wilhelm verhängnisvoll treu gewesen ist.
    Ihr Schicksal hat Züge eines modernen Psychodramas und gemahnt an eine Feststellung des Philosophen Gottfried August Bürger: »Die Geschichte der Menschheit ist voll von Beweisen, dass es nicht schwer ist, eine Wahrheit umzubringen. Eine gute Lüge ist dagegen unsterblich.« Erst recht in Scheidungsfällen.
    Anna von Sachsens schauriger Tod ist der Schlusspunkt einer fünfzehnjährigen Ehe, die für die Dresdnerin mit sechzehn Jahren und als Liebe ihres Lebens beginnt. Wir werden sie eingehend betrachten. Zunächst stellt sich aber die Frage: Der Befreier der Niederlande als Kerkermeister seiner Gattin? Wie passen so viel Licht und Schatten zusammen?
    Bestens, dank Scheidungsverbot. Der Fall der Anna von Sachsen ist kein Einzelschicksal. Viele Adelsgattinnen mussten erfahren, dass die Ehe mitunter ein Todesurteil ist, das lebenslang vollstreckt wird.
    Die Justiz von Mittelalter und Neuzeit kennt das Lebendigbegraben als tödliche Frauenstrafe für das Volk. Angewendet wird sie auf Kindsmörderinnen und Ehebrecherinnen, gelegentlich auch auf Homosexuelle.
    Einmauern oder Isolationshaft bei regelmäßiger Verpflegung sind Spätformen dieser Strafmethode, die gern über Ehebrecherinnen aus den besseren Kreisen verhängt wird. So muss der Ruf der Familie nicht mit einem Henkersurteil in den eigenen Reihen beschmutzt werden. Das Ganze hat zudem einen frommen Touch. Schließlich werden Nonnen und Mönche, die sich als »Inklusen« freiwillig einmauern lassen, um ganz dem Glauben zu leben, seit dem Mittelalter hoch verehrt. Im Rokoko wird es in königlichen Kreisen sogar schick, in Palastgärten künstliche Höhlen anzulegen, in denen bezahlte Eremiten als Schauobjekte fasten, schweigen und

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