Sex for One
Vibrator. Nach einem weiteren
Jahr konnte sie ihn auch durch Oralsex mit ihrer Freundin
erlangen. Fünf Jahre später freute sie sich, es auch mit der
Hand machen zu können. Jetzt fühlte sie sich besser, weil
sie nicht mehr von einer Maschine oder einer anderen
Person abhängig war. Sie konnte ihre eigenen Orgasmen
produzieren. Der Übergang vom Vibrator zur Hand er-schien ihr unmöglich, denn sie brauchte sexuelle Phanta-sien. Wenn sie mit ihrer Freundin zusammen war, dachte
sie an diese, mit dem Vibrator an nichts. Wenn sie sich jetzt
mit der Hand stimuliert, denkt sie an Sex. Durch Phantasie
gelang es ihr, sich ohne Vibrator oder Freundin zu erregen.
Eine zweiunddreißigjährige Frau hatte zehn Jahre nur
mit dem Vibrator Orgasmen erlebt. Als sie endlich den
richtigen Mann kennenlernte, wollte sie lernen, wie man
auch beim Verkehr kommt. Sie veränderte ihr Masturba-tionsverhalten und legte die Hand zwischen Vibrator und
Klitoris. Allmählich lernte sie, auf sanftere Berührung zu
reagieren. Nach sechs Monaten hatte sie genug trainiert,
um mit der Hand zu kommen, und es war kein Problem mit
ihrem Mann, wenn dieser beim Verkehr gleichzeitig ihre
Klitoris massierte.
Eine bisexuelle Freundin, die zwischendurch immer mal
einen Vibrator benutzte, beschloß, ihn zu verschenken. Sie
fand die elektrischen Orgasmen so leicht, daß sie keine
sexuellen Phantasien mehr hatte. Sie machte es wieder mit
der Hand in einer warmen Badewanne mit einem heißen
Porno. Mehrere Jahre später kaufte sie sich wieder einen
Vibrator, weil sie merkte, sie konnte ihn benutzen und
trotzdem weiter ihre Phantasien erleben und mehr als
einen Orgasmus haben, auch mit einem Partner.
Die sexuelle Phantasie kann voller Paradoxien sein. Eine
verheiratete Frau machte sich Sorgen, weil sie fast aus-schließlich an Frauen dachte, obwohl sie sich als absolut
heterosexuell betrachtete. Eine lesbische Freundin wun-derte sich, warum sie heterosexuelle Phantasien hatte, ob-wohl nie Männer sie anturnten. Es ist schlimm, daß wir mit
sexuellen Etikettierungen zwischen den Beinen durchs Le-ben laufen. Solange wir uns als heterosexuell, bisexuell oder
homosexuell bezeichnen anstatt einfach als sexuell, sind die
Freunde der Sexualität untereinander gespalten. Die mora-lische Minderheit ergreift das Wort, während die sexuelle
Mehrheit schweigt. Es ist an der Zeit, sexuelle Lust in allen
möglichen Formen zu unterstützen, um mehr Zeit für das
Leben, die Freiheit und die Suche nach dem Glück zu
gewinnen. Ein Orgasmus ist ein Orgasmus.
Eine Freundin, die sich als radikale Feministin betrach-tet, machte sich Sorgen, ihr sexuelles Image sei nicht poli-tisch korrekt, weil nicht feministisch ausgerichtet. Ich versi-cherte ihr, alle Phantasien seien in Ordnung. Viele Men-schen stellen sich Szenen vor, die sie niemals erleben wol-len. Ich wies sie auch daraufhin, daß wir von einer Phanta-sie, wie von vielen Dingen, abhängig werden können, und
schlug ihr vor, neue auszuprobieren. Eine ihrer neuen
Phantasien ist, daß sie ihre Klitoris im feuchten Mund ihres
gefesselten Liebhabers hin-und herbewegt, aber wann
immer sie nicht weiterkommt oder in Eile ist, kehrt sie zu
ihrer alten Phantasie zurück, von fünf irischen Polizisten
vergewaltigt zu werden, und dann kommt sie immer beson-ders schnell.
Vergewaltigungsphantasien erregen uns, weil wir dabei
angenehme Körpergefühle erleben. Es gibt für mich keine
»feministischen Phantasien« oder »feministischen Sex«.
Bei der Frauenbefreiung geht es nicht um politisch korrek-ten Sex, sondern um die Erforschung und Verstärkung
unseres erotischen Potentials. Ich unterstütze Feministin-nen, die das Ideal einer »perfekten Liebe zwischen gleich-rangigen Partnern in einer monogamen Beziehung« verfol-gen, die »ewig« währt. Doch ich möchte ebenso, daß sie
mein Ideal einer erotischen Familie aus Freunden unter-stützen. Bei Phantasien und Orgasmen kann es kein »rich-tig« oder »falsch« geben.
Am Anfang meines Engagements in der Frauenbewe-gung war ich eine Romantikerin. Ich idealisierte »alle
Frauen«. Ich dachte, Feministinnen seien die Auserwähl-ten, die die Welt von allem Übel befreien würden. Bis sich
das neue erotische Bild ausprägte, verhielten wir uns wie in
der Bundeswehr, sprachen über »Fronten«, den »Feind«
und den »Kampf zwischen den Geschlechtern«. Spaß gab's
nicht.
Schließlich lernte ich, daß auch Feministinnen nicht per-fekt sind und
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