Sex oder Lüge
sich entfernenden Schritte. Er hatte Candy sein Jackett überlassen und trug jetzt nur noch sein Hemd. Um sich zu wärmen, rieb er sich die Arme, während er abwartete, dass Candy am Ausgang ankam.
Sobald sie den roten Knopf drückte und damit den Ausgang öffnete, folgte Caleb ihr. Als er die Tür erreichte, hatte sie sich bereits wieder geschlossen. Er sah durch das kleine Fenster.
Ein paar Schneeflocken rieselten auf den Parkplatz. Undeutlich erkannte er Candys Umrisse, als sie auf ihren Wagen zueilte, ihn aufschloss und sich hineinsetzte. Einen Moment lang ließ sie den Motor warm laufen, nachdem sie die Scheinwerfer eingeschaltet hatte, und Caleb konnte sich gut vorstellen, dass sie sich jetzt wärmend in die Hände blies, während ihr Atem vor ihrem Gesicht kondensierte.
Allein beim Gedanken daran fror er. Er stand in Socken auf kaltem Beton. Schnell zog er sich die Boots an. Als er wieder durch das Fenster blickte, sah er Candy wegfahren. Der Motor ihres alten Autos stotterte und stieß bei jedem Gangwechsel dicke Abgaswolken aus.
Zitternd stand er da, bis der Wagen in der Dunkelheit verschwunden war. Dann steckte er die Hände in die Jeans, zog die Schultern hoch und hastete zurück zur anderen Seite des Kühlraums.
Die Tür zur Küche ließ sich allerdings nur über einen Zahlencode öffnen. Trotzdem drehte er am Türknauf, doch vergeblich. Caleb blickte sich um. Ein Notruftelefon, mit dem er den Sicherheitsdienst alarmieren konnte, hing neben der Tür.
Entweder rief er Hilfe herbei und stand dann wie der letzte Idiot da, oder er wartete hier, bis die ersten Küchenangestellten zur Frühschicht kamen. Oder er verließ den Kühlraum auf demselben Weg wie Candy. Dann müsste er ohne Jackett oder Mantel um das Hotel herum zum Haupteingang laufen.
Keine dieser Möglichkeiten war besonders reizvoll. Allerdings würde er sein Zimmer am schnellsten erreichen, wenn er den Weg außen um das Hotel wählte.
In einem Wäschewagen fand er eine Decke, die er sich wie ein Cape um die Schultern legte. Super-Reporter auf wichtiger Mission, dachte er und ärgerte sich über seine Neugier, während er in die eiskalte Winternacht hinaustrat.
Es war schon fast drei Uhr nachts, als Miranda sich ins Bett legte. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so erschöpft gewesen war. Die Shows an vier Abenden pro Woche waren ohnehin ermüdend, und jetzt kamen noch der Abend mit Caleb, der entspannende Höhepunkt und ihre hastige Flucht aus dem Club hinzu. Ihr blieb kaum noch genug Energie, ihren Wecker zu stellen.
Wieso Caleb auf sie gewartet hatte und ihr gefolgt war, konnte sie sich nicht erklären, zumal er sie offenbar nicht hatte einholen wollen. Schläfrig fragte sie sich, ob er entdeckt hatte, was er hatte herausbekommen wollen, und ob er mittlerweile einen Ausweg aus dem Lagerraum gefunden hatte. Sie grinste. Oder saß er jetzt in einer Ecke und wartete auf die Frühschicht?
Zum Glück hatte sie mit der Möglichkeit gerechnet, dass er noch auf sie wartete. Sie hatte sich gut vorstellen können, dass er versuchen würde, sie zu einem Drink in seinem Zimmer zu überreden, oder dass er sie fragen würde, ob sie ihn nicht mit zu sich nach Hause nahm. Deswegen hatte sie sich die Kapuze ihres Parkas aufgesetzt, bevor sie die Garderobe verlassen hatte.
Sie hätte es lieber gesehen, wenn er ihren Wunsch, inkognito zu bleiben, respektiert hätte. Andererseits konnte sie seine Neugier nachvollziehen. Das bedeutete jedoch nicht, dass sie zulassen würde, dass er ihre wahre Identität entdeckte. Es reichte, wenn er morgen Abend wieder zur Show kam.
Wie sollte sie diesen Auftritt bloß durchstehen? Unwillkürlich zitterte sie und zog die Bettdecke enger um sich, während sie versuchte, die Gedanken daran zu verdrängen.
Wenn sie heute Abend ein Kondom dabeigehabt hätten, wäre die Nacht sicher anders verlaufen. Sofort malte Miranda sich sehr detailreich aus, was Caleb alles mit seinen Fingern, seinem Körper und seiner Zunge getan hätte. Mit der Erinnerung an seinen Kuss schlief sie schließlich ein.
Kaum erholt erwachte Miranda später, zu spät, und beeilte sich, um die verschlafene Zeit wieder aufzuholen. Immer noch wohlig erregt durch ihre Träume, duschte sie und zog sich schnell an. Ihr Frühstück beschränkte sich auf einen getoasteten Muffin und einen Becher Kaffee, den sie mit ins Auto nahm.
Doch als der Motor ihres Autos endlich warm gelaufen war, um zum Blumengeschäft zu fahren, war der Muffin
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