Sex oder Lüge
Umkreis.
Im Anzeigenteil stieß er auch auf eine Annonce von Mirandas Geschäft, und sofort fragte er sich, welchen Anteil ihres Umsatzes sie mit Kunden aus dem Ort machte. Bestimmt verdankte sie dem Romantikhotel oben auf dem Berg einen hohen Prozentsatz ihres Geschäfts. Im Grunde war es erstaunlich, wie sich ein Blumenladen in einem so kleinen Ort wie Mistletoe überhaupt halten konnte.
Andererseits hatten die Menschen auch hier Geburtstag, feierten Jubiläen, Geburten, starben und heirateten, genau wie überall auf der Welt. Nur weil er selten Blumen verschenkte, bedeutete das nicht, dass es nicht auch Menschen gab, die ein Vermögen in Blumen investierten.
Während er den Gesprächen um sich herum zuhörte, musste er lächeln, als er an die Karte dachte, die er zu Mirandas Blumenbouquet in Auftrag gegeben hatte. Das Wort Ziegenkäse hatte Corinne sicher noch nie auf eine Grußkarte geschrieben, obwohl sich bestimmt oft jemand mit Blumen entschuldigte.
Wenn er Miranda das nächste Mal sah, würde er sich noch einmal persönlich bei ihr entschuldigen. Ihr Lächeln vorhin im Blumenladen hatte ihm gezeigt, dass sie ihn richtig verstand.
Spaß und tiefe Gefühle passen einfach nicht zusammen, dachte er und bedankte sich bei Orsy, der ihm die Burger servierte und ihm Kaffee nachschenkte.
Miranda und ich kennen uns erst drei Tage, haben schon zusammen gegessen, getrunken und miteinander geschlafen, und schon verbannt sie mich aufs Sofa, dachte er. Und ich schicke ihr Blumen, um mich bei ihr zu entschuldigen.
Im Grunde wollte er gar nicht, dass es dazu kam, dass sie beide ausdiskutierten, wer was wann richtig oder falsch gemacht hatte. Von diesem Gedanken wurde er kurz abgelenkt, als er in seinen Burger biss und einen Moment glaubte, gestorben und im Paradies gelandet zu sein. Ich bin ich, dachte er, das ist alles.
Miranda ist gern mit mir im Bett, und sie hat Spaß, wenn wir unbefangen reden, aber sobald das Gespräch sich in die Richtung ernsterer Themen bewegt …
Er hatte es ernst mit dem gemeint, was er ihr gesagt hatte. Jeder veröffentlichte Zeitungsartikel konnte jemanden verletzen. Ihm war klar, dass sie sehr unter den Medien gelitten hatte, aber allein den Reportern die Schuld dafür zuzuschieben, ohne darüber nachzudenken, wieso die Öffentlichkeit sich nach diesen Berichten sehnte, passte ihm nicht.
Caleb war nicht gerade stolz darauf, wie er seine Meinung vertreten hatte, doch die unterschiedlichen Sichtweisen in genau diesem Punkt waren es, was sie beide letztlich voneinander trennte.
„Also schön, spuck’s aus.“ Corinne wandte sich zu Miranda um, sobald die Tür hinter Caleb ins Schloss gefallen war und die Türglocke verstummte. „Was soll das mit den Blumen? Weiß er, wer du bist?“
Miranda stützte sich mit einem Arm an die Wand und lehnte die Stirn dagegen. „Ja, er weiß es.“
„Hast du es ihm verraten?“
„Nein.“ Sie stieß die Luft aus, blickte zur Decke und machte eine ausholende Geste. Sie wusste nicht einmal genau, auf wen sie wütender war: auf Caleb, sich selbst oder Barry. „Es war Barry, der ihm unbedingt alles Wissenswerte über Mistletoe erzählen musste.“
Langsam las Corinne ihre Notizen durch, die sie nach Calebs Anweisungen notiert hatte. „Ziegenkäse? Mistkerl?“
„Das ist eine lange Geschichte.“ Miranda wandte sich wieder dem Hinterzimmer zu. Wollte sie überhaupt mit Corinne darüber sprechen und sich dann von ihrer Freundin einen Vortrag darüber halten lassen, dass sie sich in so kurzer Zeit so sehr auf Caleb eingelassen hatte? Hatte sie sich nicht geschworen, sich überhaupt nicht mit Fremden einzulassen?
Wenn sie sich selbst gegenüber ehrlich war, musste sie zugeben, dass sie schon sehr eng zueinander standen, obwohl sie es beide nicht gewollt hatten.
„Hör zu, ich muss mich noch um die Blumen für die Hochzeit kümmern, also werde ich jetzt reden, und du hörst zu.“ Corinne ging zu einem Gebinde von zwei Dutzend roten Rosen, die bereits für die Lieferung zum Hotel bereitlagen. „Ich schätze mal, das gefüllte Hühnchen ist dir gelungen, ja?“
„Mehr als gelungen.“ Miranda setzte sich. „Und der Kuchen, den ich bei Ida besorgt habe – umwerfend.“
„Nach italienischem Rezept?“
Miranda nickte und stöhnte fast orgastisch.
Auch Corinne seufzte verzückt. „Hmm, ich schwöre, ich habe Orsy und Ida bestimmt zehn Kilo Übergewicht zu verdanken. Und trotzdem gehe ich immer wieder hin und hole mir mehr.“
„Da bist du
Weitere Kostenlose Bücher