Sex und Folter in der Kirche
asexuelles Wesen präsentiert.
Gerade als solches soll er sich von allen Niedergöttern abheben, keinen Anteil an Baal oder Zeus haben. Er kennt nicht einmal die Andeutung von Sexualität. Von der Gewalt kann er das nicht
behaupten. Da hält er mit, und niemanden unter seinen Predigern scheint dies zu stören.
Auch viele Heilige der Kirche waren und blieben nicht zufällig grausame Menschen, hart gegen ihr Fleisch und besonders hart
gegen Denken, Tun und Leben anderer. Ihr Gehorsam irgendwel-
chen gräßlichen Befehlen Gottes gegenüber trieb sie zu dieser Härte. Gottes Sprachrohre auf Erden brauchten nur von Fall zu Fall das Objekt solchen Gehorsams zu definieren, und schon trat die Gewalt in ihr Recht. Nachdenken war demgegenüber wenig opportun; die Passion genügte. »Zu jeder Zeit«, schreibt der Marquis de Sade, »hat der Mensch sein Vergnügen darin gefunden, das Blut von seinesgleichen zu vergießen, sosehr er auch diese Passion unter dem Schleier der Gerechtigkeit und manchmal auch unter jenem
der Religion zu verbergen sucht. Aber der eigentliche Grund ist unzweifelhaft das Vergnügen, das er daraus bezieht.«93 Setzen wir für »Mensch« in diesem Zitat »Mann«, trifft die Bemerkung die Wirklichkeit.
Es gibt eine Leidenschaft für Blut und Tränen. Der christliche Gott, Ebenbild seiner Jünger, kennt dieses Vergnügen nur zu gut.
Nichts Besonderes, dieser Gott des Abendlandes. Der Gott der
Bibel macht kaum eine Ausnahme. Vielleicht prahlt er nur ein
wenig mehr als seine Kollegen in den übrigen Religionen. Und
vielleicht fühlen sich seine gehorsamsten Gläubigen noch etwas erwählter als die übrigen Religionsdiener der Menschheitsge-schichte. Das blieb nicht verborgen. Der Ehrgeiz eines Gottes und das Erwählungsbewußtsein derer, die ihn vereinnahmten, stießen bald auf die Kritik derer, die sich aus der Gruppe der Gläubigen dieses Gottes ausgeschlossen fühlten oder ihr, aus guten Gründen, nicht (mehr) angehören wollten. Schon der erste ernstzunehmende
Gegner des Christentums, Celsus, argwöhnte im zweiten Jahrhun-135
dert, der neue Gott sei nach den Bedürfnissen einiger Konvertitin-nen geschaffen: ».. .wie die vor kurzem reich gewordenen Men-
schen, die mit ihrem Reichtum zu prahlen pflegen, legen die Christen Gott einen recht großen und ganz irdischen Ehrgeiz bei.«94
Und: »Wir sind es, denen Gott alles zuerst offenbart und verkündigt; die ganze Welt läßt er im Stich und kümmert sich auch nicht um die weite Erde, sondern regiert uns allein und begrüßt uns allein durch seine Boten und hört nicht auf, zu senden und zu forschen, damit wir immer mit ihm verbunden bleiben.«95
Wer wissen will, was ehrgeiziges Bewußtsein ist, wie es sich in einer Kleingruppe von Jüngern radikalisiert, wie es einen spezifischen Haß auf alle anderen ausbildet, wird fündig. Und wieder ist es Celsus, der vor fast zweitausend Jahren trocken anmerkte, daß die Aussagen der christlichen Schriften nicht auskommen »ohne hoch-fahrendes Wesen und Ankündigungen, wie wenn sie von Gott oder dem Sohne Gottes kämen«. Nichts Besonderes in der Sache, reines Patriarchat, zur Offenbarung hochgelobt.
Bis heute sehen sich Christen so gut wie nicht in der Lage, die Mitmenschen anzuerkennen, die sie als »Heiden« abwerten. Nicht ohne Grund: Schon die Evangelien nehmen die Nichtjünger nur als Gegner wahr, denen allein die Bekehrung zu »unserem Gott« zuzu-muten ist. Auch »Jesus« macht keine Ausnahme; kein einziges
seiner Worte bringt die Größe auf, die Leistungen anderer Menschen für die Welt oder ihre Würde auch nur zu erwähnen.96 Man bleibt in Jünger-Kreisen unter seinesgleichen, genügt sich selbst, hält für andere nur Floskeln wie Feindschaft und für die Mehrheit der Menschen allein (mitunter recht mörderische) Missionsversu-che bereit. Kaiser Julian, der der Diffamierung unter Christen sicher sein konnte (ein Merkmal für Qualität97), wirft nicht zufällig dem Gott der Bibel vor, er habe sich nur um ein jeweils auserwähltes Volk, nicht aber um seine übrigen Geschöpfe gekümmert und
damit den Anspruch verwirkt, Gott aller Menschen zu sein.98
Christen, deren Vorvätern Julian vorwarf, sie hätten von Juden wie Heiden nur das jeweils Schlechtere an sich gezogen, sagen:
»Unser Gott« ist eben eifersüchtig. Er liebt trotz gegenteiliger Be-teuerungen allein uns. Weil nur wir wissen, was ihm gefällt: unser Opfer, unser Gehorsam. Weil nur wir Leistung erbringen. Weil wir auf seine
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