Sexpertin in Mord
Harrys und Mavise nur mehr in Bruchstücken vorhanden waren. Harry hüpfte mitten auf der Bettdecke
herum wie ein Korken in der Waschmaschine. Ich hatte im Moment allerdings keine
Zeit, mich um ihn zu sorgen, denn ich war um mich selber viel besorgter. Ich
wußte, daß ich mich nicht mehr lange am Bettpfosten halten konnte, und es gab
nur einen Weg zur Rettung: Ich holte tief Luft, schloß die Augen und sprang.
Meine Füße landeten mit einem
gewaltigen Plumps am Boden, und ich schlug die Augen gerade noch rechtzeitig
genug auf, um die spontane Reaktion auf diese Gewaltbremsung zu beobachten.
Schließlich besitzt man ja eine gutentwickelte Brustmuskulatur nicht für nichts
und wieder nichts, und die meinige bewies ihre Elastizität in diesem Moment
sehr drastisch. Ich sah mit großen Augen zu, wie sich meine Vorderfront
majestätisch in die Luft hob, bis sie mich beinahe unters Kinn getroffen hätte,
und dann hörte ich, wie etwas zerriß: Mein Trägerloser und ich hatten uns
getrennt. Es klirrte leise, als der Zimmerschlüssel auf den Boden fiel, und
dann ertönte wieder ein schreckliches Glucksgeräusch vom Bett her, wo Harry
gerade einen weiteren Strahl Parfüm verschluckte.
Ich sagte mir, selbst wenn er
sich so schlecht benommen hatte, verdiente er doch nicht, von seinem eigenen
Bett zerrissen und zu Tode gebracht zu werden, deshalb stolperte ich zum
Bettpfosten und schaltete sämtliche Schalter aus. Einen gräßlichen Augenblick
lang passierte gar nichts, aber dann gab das Bett einen tiefen Seufzer von sich
und verlangsamte sich zu einem knirschenden Halt. Es folgte eine fast
betäubende Stille im Zimmer, noch unterstrichen von einem abschließenden
Zischen, als der letzte Parfümstrahl Harry ins linke Ohr traf. Langsam kroch er
zur Bettkante und ließ sich herab, bis seine Füße den Boden berührten.
Schwankend stand er ein paar Sekunden da, ohne mit den flackernden Augen etwas
zu sehen; aber allmählich bekamen seine Füße wieder festen Halt, und seine
Blicke konnten sich anscheinend wieder auf mich konzentrieren. Ja, gewiß
konnten sie mich wieder sehen! Es glühte ja schon wieder in ihnen, und ich
sagte mir, eins müsse man Harry jedenfalls lassen: So leicht strich er die
Segel nicht. Er kam auf mich zu, ohne sich sonderlich zu beeilen, und ich
wußte, daß es wieder an der Zeit war, auf die Flucht zu gehen, aber mir fehlte
ganz einfach die Energie dazu. Ich war eben fix und fertig.
»Harry«, flehte ich, »jetzt
wollen wir den Wettbewerb mal abblasen. Vielleicht machen wir dann lieber
morgen weiter, ja ?«
»Deine Schönheit ist
unwiderstehlich, Darling«, sagte er heiser. »Allein die reine Vollkommenheit
deiner schneeweißen Haut läßt mich ins Paradies...« Seine Augen traten
plötzlich hervor, und dann fuhr seine Hand geradeswegs in meinen Busen.
Also, so war ich im ganzen
Leben noch nicht beleidigt worden. Eine Sekunde lang machte ich die Finger
meiner rechten Hand steif, und wollte sie ihm gerade in den Magen bohren, da
spürte ich plötzlich einen Schmerz an der Brust, als werde ein Heftpflaster
abgerissen. Dann trat Harry zurück und öffnete die Hand, in der ich das kleine
Mikrofondings liegen sah.
»Du hast mir ja noch gar nicht
erzählt, daß du auch senden kannst, Mavis ?« Seine
Stimme war eisig kalt. Dann ließ er das Ding fallen und zertrat es mit dem
Absatz in winzige Splitterchen. »Ich glaube, du fängst am besten ganz vorn an,
und vergiß ja nichts. Wir haben ja noch die ganze Nacht Zeit. Und wenn du keine
Lust zum Sprechen hast, ruf’ ich Ali herein. Ich bin überzeugt, daß er dich
rasch überredet .«
»Ich habe das Ding ja nur
getragen, damit Peter erfuhr, wann ich dich in meinem Zimmer allein ließ; damit
er dich vor Marty schützen konnte«, sagte ich der Wahrheit entsprechend. »Da
ist gar nichts Geheimnisvolles dran, ich habe das verdammte Ding nur an mir
gehabt, um dich beschützen zu helfen. Aber dann, und das habe ich dir ja schon
erklärt, als wir an meiner Zimmertür standen, da ist mir plötzlich eingefallen,
was Mr. Amalfi mir gestern abend gesagt hat. Deshalb habe ich dich statt dessen
hierhergeführt .«
Er massierte sich behutsam die
Stirn, als habe er Kopfschmerzen oder was. »Du bist mir zu schnell«, murmelte
er. »Wie wär’s, wenn du mal ganz von vorn anfingst ?«
»Ich glaube, angefangen hat es
in Rom«, sagte ich, »mit dem armen Frank Jordan und seinem komischen Teleskop.
Siehst du, ich ging eines Abends auf meinen Balkon hinaus und sah, wie er
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