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Seziert: Das Leben von Otto Prokop (German Edition)

Seziert: Das Leben von Otto Prokop (German Edition)

Titel: Seziert: Das Leben von Otto Prokop (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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der internationalen Präsentation seiner Ergebnisse abgeschnitten als auch von der Gehirnstürmerei, die ihm Spaß machte.

    Eine gesamtdeutsche Team-Veröffentlichung mit Professor Uhlenbruck und Prokop befasste sich 1977 mit der Frage, wie man aus Grubenottern (Mokassinottern, Grubenvipern) aus Malaysia gewonnene Lektine zur Trennung von gesunden und Krebs-Zellen verwenden könnte.
    Werner Köhler (geb. 1929)
    Werner Köhler ist ein deutscher Mikrobiologe, Immunologe und Ethnologe. Er war ein Schwergewicht in der ostdeutschen naturwissenschaftlichen Forschungswelt.
    Köhler studierte an der Universität Jena Medizin, Anthropologie und Ethnologie. Ab 1950 war er Mitglied der Blockpartei »National-Demokratische Partei Deutschlands« (NDPD) , welche die regierende Partei SED stützte. Die NDPD forderte in Einklang mit einer Leitlinie Stalins, mitgelaufene und »nicht belastete« NSDAP- Mitglieder und Offiziere der Wehrmacht nicht auszugrenzen. Sie zog daher vor allem Nationalkonservative und Heimkehrer aus der Kriegsgefangenschaft an.
    Seit 1954 arbeitete Köhler am Hygiene-Institut der Universität Rostock, wo er zwei Jahre später Oberarzt und Facharzt für Bakteriologie und Serologie wurde. Ab 1958 war er Leiter der Abteilung für Medizinische Mikrobiologie am Zentralinstitut für Mikrobiologie und experimentelle Therapie (ZIMET) der Deutschen Akademie der Wissenschaften (DAW) in Jena. Er forschte dort vor allem über Streptokokken-Infektionen und bemühte sich, ein in der DDR herstellbares Heilmittel (Thrombolyticum der Streptokinase) herzustellen.
    Werner Köhler wies zusammen mit Otto Prokop und Gerhard Uhlenbruck Protektine bei Fischen und Lektine bei Schnecken nach. Zusammen mit Prokop forschte er über die Bindung von Haptoglobin an Streptokokken. Er verfasste hunderte von wissenschaftlichen Aufsätzen und arbeitete an zahlreichen Fachbüchern, unter anderem zur Geschichte der Bakteriologie, mit.

    Lektine
    Die vielleicht wichtigsten Arbeiten Prokops kamen nicht aus der Rechtsmedizin – oder zumindest nicht aus der Rechtsmedizin, wie sie in Fernsehserien, Romanen und Falldarstellungen erscheint.
    Weitgehend unbeachtet blieben nämlich Prokops erstaunliche, mit Gerhard Uhlenbruck und Werner Köhler durchgeführte Versuche an Lektinen. Das sind Eiweiße, die sowohl in Tieren und Pflanzen als auch in Einzellern vorkommen. Sie können sich an die Außenseite von Zellen haften und lösen dann gezielt Reaktionen aus. Deswegen heißen sie auch »Lektine«: abgeleitet vom lateinischen legere = auswählen, lesen. Zu den von ihnen ausgelösten Reaktionen zählen die Zellteilung, die Beeinflussung des Immunsystems und die Anhaftung von Zellen aneinander. Viele Lektine arbeiten wie Antibiotika; sie können aber auch verheerende Wirkungen haben. Das schon von Geheimdiensten zur Tötung feindlicher Agenten eingesetzte Rizin aus Rizinusstauden ist eines davon. Man kann Lektine auch als Pflanzenschutzmittel gegen Insekten verwenden.
    Eine Untergruppe von Lektinen vermittelt die Haftung roter Blutzellen aneinander, die Agglutination. Das kann einen Pfropf in den Adern erzeugen, der den Blutfluss stört.
    Besser bekannt sind Lektine aus ungekochten Hülsenfrüchten. Schon fünf »Feuerbohnen« – die Samen der roten Kidney-Bohne – können bei Erwachsenen Vergiftungen auslösen, wenn man sie nicht vor dem Verzehr kocht. Die in den Bohnen enthaltenen Lektine bewirken eine Blutverklumpung (Hämagglutination), die zu Kopfschmerzen, Erbrechen, Durchfall und Darmbeschwerden bis hin zum Tod führen kann. Entsprechend heißen diese Stoffe »Hämagglutinine«, also Blut(= Häm)-Verklumper.
    Der Mediziner Gerhard Uhlenbruck bewahrte ein Fläschchen der mit Prokop aus Schnecken isolierten Lektine bis zum endgültigen Verlassen seines Büros an der Universität Köln vor einigen Jahren auf und schätzte seinen ursprünglichen Wert auf möglicherweise hunderttausende Euro. In der Tat wird bis heute Helix-Agglutinin verwendet, um die Verbreitung von Krebs-Metastasen im menschlichen Körper darzustellen und hoffentlich eines Tages auch dauerhaft zu bekämpfen. So stellte beispielsweise im Jahr 2005 eine Arbeitsgruppe fest, dass menschliche Krebs-Zellen, die mit Helix-Agglutinin verklumpen, später im Körper Krebs ausstreuen. Zellen, die nicht verklumpen, bleiben an Ort und Stelle und bilden keine Metastasen. Uhlenbruck und Prokop haben dazu die entscheidenden Vorarbeiten geleistet.

2. Prokops Vermächtnis: Der Atlas Der gerichtlichen

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