Seziert: Das Leben von Otto Prokop (German Edition)
Unterarme, das Gesicht darin verborgen, auf dem Boden auflagen. In dieser Stellung drängte sie ihr Gesäß in den Schoß des Angeklagten. Dieser versuchte, sein Glied a tergo in die Scheide einzuführen. In der eigenen Erregung und wegen der erregten Bewegungen der Frau kam er aber versehentlich in den After.
Um Frau Gierth abzustützen, griff er dabei dieser mit seiner linken Hand unter deren linkem Arm hindurch in die Halsgegend, während er mit dem rechten Arm den Leib umschlungen hielt. In dieser Haltung und höchster Erregung kam es zu mehreren Stößen in den After, die sich Frau Gierth gefallen ließ.
Plötzlich sackte sie reglos zusammen. Der Angeklagte hielt dies für eine Reaktion der Befriedigung und wartete nach seiner Erinnerung zehn bis dreizehn Sekunden lang ab. Wann er sich löste, kann er nicht mehr angeben. Er drehte die Reglose herum und horchte an Mund und Brust. Dann machte er Wiederbelebungsversuche, indem er mehrmals die Arme der Frau ausbreitete und fest über der Brust zusammenpresste. Nach solchen erfolglosen Bemühungen erkannte er, dass sie tot war.
Er setzte die Tote auf den rechten Vordersitz des Wagens und kleidete sich an. Dann nahm er die Leiche wieder aus dem Wagen, legte sie durch die hintere rechte Tür auf den Rücksitz und bedeckte sie mit einer Mantelschürze. Alsdann fuhr er in Richtung Offenburg fort.«
Albert Ponsold, Leiter des Institutes für Rechtsmedizin Münster. Er wurde unfreiwillig zum lebenslangen Gegner Prokops. Der Sachverständigen-Streit der beiden im Fall Hetzel wurde sinnloserweise symbolisch für den Kampf der Systeme und eine liberalere Rechtsprechung. Beide Professoren warfen sich Eitelkeit vor. Ponsold prägte sogar den Begriff des »Prestige-Gutachtens«, das »Einwände um des Einwandes willen« mache und auf Rechthaberei beruhe. Als er auch noch von einem »Gefälligkeitsgutachten« sprach, ließ Prokop Strafanzeige erstatten, die er erst zurücknehmen wollte, »wenn sich Ponsold schriftlich entschuldigt«.
Nach diesem schönen Stück Urteilsprosa beruhigten sich die Gemüter langsam. Am 16. März 1970 nahm Prokop zumindest seine gegen Albert Ponsold gestellte Strafanzeige wegen Beleidigung und Verleumdung zurück. Ponsold blieb dennoch dabei, dass er erstens auch nichts dafür könne, dass die Leiche eingeäschert worden war und er als Gutachter daher nur anhand der Fotos arbeiten konnte.
Zweitens sei Frau Gierth sehr wohl ein Strick übergeworfen worden, der dann verrutscht sei. Durch das Zusammenziehen des Strickes sei sogar das Zungenbein abgebrochen, »was allein schon für eine Strangulation spricht«. Hier erinnerte sich Ponsold in seinen Lebenserinnerungen im Jahr 1980 allerdings falsch: Im Sektionsbericht steht nichts von einem Bruch, sondern bloß von einer »Blutung am« rechten Zungenbein. Dennoch ist Ponsolds Beweisführung durchaus schlüssig.
Dass Ponsold bei der Wiederaufnahme-Verhandlung auf die Zuschauerbank verbannt wurde, sich »durch eine gezielte Pressekampagne« zum »Freiwild« gemacht sah, der Spiegel sich auf ihn als Sinnbild altväterlicher Sturheit einschoss und man ihn schließlich auch noch »nach Verkündigung des Freispruchs ansah, als sei ich ein Ungeheuer, dass es fertiggebracht hatte, einen Unschuldigen ins Zuchthaus zu bringen«, ließ die Wunden nie mehr zuheilen. Man muss Ponsold anrechnen, dass er Prokop gegenüber um eine »Versachlichung« der Diskussion bat, beispielsweise durch eine Diskussionsveranstaltung vor Studierenden. Doch davon wollte Prokop nichts wissen.
Prokop stieß die Sache bis zuletzt sauer auf. Er blieb überzeugt, die Wahrheit offengelegt zu haben. Dass Ponsold dennoch mehrere Kollegen hinter sich scharte, ärgerte ihn bis zuletzt. Mit scharfer Klinge hieb Prokop weiter in die Kerbe, dass seine Experimente eindeutig gewesen seien. Prokop war und blieb eben Naturwissenschaftler, der dem Experiment mehr Bedeutung beimaß als den Umständen, die – wie er besser wusste als viele andere – von den schon zitierten »ungemeinen aktuellen Schwankungen« beeinflusst werden.
Hans Hetzel heiratete nach seiner Freilassung, ausgestattet mit einer Entschädigung von 75 000 D-Mark, wieder. Er taumelte aber trotz zweier Kinder nur noch durchs Leben, machte gewaltige Schulden und starb 1988 an Krebs. Am Tag seines Freispruchs hatte er Prokop sein Auto, einen BMW, angeboten. Prokop lehnte ab, den Autoschlüssel Hetzels unmittelbar vor seinen Augen.
Noch heute rollen ältere Rechtsmediziner mit den
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