SGK294 - Madame Hypno - Iim Tempel des Bösen
Muskel lag der kalte,
glitschige Körper um seinen Hals und raubte ihm den Atem.
Das alles war zu bizarr, grotesk und
unwahrscheinlich, als daß es Wirklichkeit hätte sein können. Damit versuchte
der Mann sich zu trösten.
Und doch - fühlte er das Geschehen mit jeder
Faser seines Herzens, spürte er seine erregten, fiebernden Nerven und seine
pulsierenden Gedanken, die sich gegen das Unheimliche wehrten und bis zur
Grenze seiner Belastbarkeit strapaziert wurden.
Die Angst war da, ließ sich nicht mehr
zurückdrängen und fraß sich wie ätzende Säure in sein Hirn.
Es ging immer weiter nach unten.
Es war ein Weg, der zunächst kerzengerade in
die Tiefe führte und dann schwach gewunden war.
Plötzlich war alles zu Ende.
Mit pochendem Herzen und fieberndem Hirn
blieb Finnigan liegen.
Die Schlange löste sich von seinem Hals, als
würde ein in Ultraschallhöhen erfolgter Ruf sie zurückbefehlen.
Wie in einem Bann blieb er dennoch liegen und
spürte auch nach dem Verschwinden des Reptils noch den Druck auf seiner wunden
Kehle.
Der Weg durch den Totenschädel kam ihm mit
einem Mal so seltsam vor, daß er leise zu lachen anfing.
Er schüttelte sich und wurde lauter...
»Ha... hahahah...«, hallte es von allen
Seiten. Das Gelächter wollte kein Ende nehmen.
Finnigan lachte noch immer, als er sich
aufrichtete und mit den Fingern durch das wirre Haar fuhr.
»Ich träume, ja... ich habe keine Angst... es
gibt auch keine Schlangen - weder die erste, die ich besiegt habe, noch die
zweite, die mich freiwillig losgelassen hat, nachdem ich offenbar dort
angekommen bin, wohin ich sollte ...« Er begann plötzlich, seine Gedanken laut
auszusprechen.
Und seltsam - der Klang seiner Stimme
erfüllte ihn mit wohltuender Beruhigung. Er war gar nicht allein. Er konnte mit
sich selbst sprechen, und der Gedanke daran war so etwas Wunderbares, daß er
einen Moment schwieg, leicht den Kopf zur Seite neigte und in sich lauschte,
als wäre da etwas, das sich mitzuteilen wünschte.
»Was wollt ihr von mir ?« fragte er plötzlich, als er mit nie zuvor gekannter Intensität sicher war, daß
er erwartet wurde. »Wer seid ihr? Warum verbergt ihr euch vor mir ?«
Seine Stimme verebbte.
Die folgende Stille wurde ihm bewußt. Aber er
fürchtete sie nicht. Er fühlte sich seltsam aufgekratzt und hätte am liebsten
wieder laut gelacht, bezwang sich jedoch.
Das Licht hier unten war etwas dunkler als im
Tempel, durch den er vorhin irrte.
Vorhin?
Es kam ihm so vor, als lägen Stunden, Tage
dazwischen.
Er drehte sich um seine eigene Achse und warf
einen Blick in den Schacht, der seitlich von ihm in die Höhe führte und im
Schädel verschwand. Auf der anderen Seite befand sich ein schwerer, dunkelroter
Vorhang, auf den er zuging.
Vorsichtig faßte er in den weichen Stoff und
drückte ihn zur Seite.
Finnigan hielt den Atem an, als der Spalt
sich erweiterte.
Dann brach ein Stöhnen über seine Lippen.
Vor ihm - lag der gleiche Tempel, aus dem er
gerade kam!
*
Da war ein Gedanke, der fraß sich so fest in
ihm, daß er ihn nicht mehr los wurde.
Hatte sich das, was er eben glaubte, erlebt
zu haben, überhaupt nicht ereignet?
Er begann an seinen Sinneseindrücken zu
zweifeln. Er war völlig verwirrt und ratlos, als er hinter dem abtrennenden
Vorhang vorkam und den anderen Tempel betrat.
Auch da standen die riesigen Totenschädel in
Reih und Glied, starrten ihn aus großen leeren Augenhöhlen an, und von den
runden Platten mit den Mulden stiegen die weißlich-grünen Dämpfe, die er nun
schon seit seinem Erwachen - und wie lange schon davor? - einatmete.
Diese Dämpfe bewirkten etwas. Er spürte es
instinktiv. Sie machten ihn schwerfällig im Denken, lähmten seine Muskeln und
veränderten ihn auf erschreckende Weise.
Er hatte das Gefühl, als würde der beginnende
Wahnsinn wie ein schleichendes Gift durch seine Adern strömen, um im nächsten
Moment dann unbarmherzig und für immer zuzupacken ...
In der Tiefe seines Bewußtseins regte sich
ein Gedanke, der ihm sagte, daß er doch eine Etage tiefer geraten war, und daß
hier ein gleicher, aber nicht derselbe Tempel existierte.
Es blieb ihm keine Gelegenheit, über die
Dinge ausführlich nachzudenken. Er registrierte doch noch etwas, das diesen
Tempel vom anderen unterschied. Das war seine Dämmerung. Hier war es dunkler
als oben.
Dann nahm er auch schon die schattenhaften
Gestalten im Dunst vor sich wahr.
»Na also !« rief
Harry Finnigan und hob jovial die Hand.
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