SGK318 - Lady Draculas Vampir-Villa
Pub-Besitzer stand hinter der Theke, hatte eine Lederschürze
umgebunden und zapfte gerade Bier. Der Mann war sehr blaß. Seine Augen waren,
rotgerändert. Das sah man allerdings erst, als man direkt vor der Theke stand.
»Nehmt ruhig Platz!« sagte der Wirt jovial. »Ihr habt die Auswahl.
Es sind genügend Tische frei. Noch frei«, betonte er nachdrücklich. »In ‘ner
halben Stunde ist die Bude voll .«
»Danke! Ich steh’ lieber«, antwortete Kunaritschew an Higgins’
Stelle. Sie bestellten jeder ein Glas Bier. »Nur für den Anfang. Um die Gurgel
vorzubereiten für das, was noch kommt. Sie haben hoffentlich ‘nen anständigen,
Whisky auf Lager? Schon alt und abgelagert? Mindestens fünfzehn Jahre sollte er
auf dem Buckel haben, Wirt .«
Don Smith lachte.
»Ich kredenz’ dir auch ‘nen Dreißigjährigen. Da mußt du allerdings
etwas tiefer in die Tasche greifen. Der Stoff ist nicht ganz billig .«
»Wenn die Qualität auch dementsprechend ist, ärgert’s mich nicht.«
»Ich mache mit meinem Freund eine Tour durch sämtliche Pubs, die
ich kenne«, schaltete sich Edward Higgins in das Gespräch ein. »Heute sind wir
hier ... morgen da ... übermorgen woanders . Hier im >Gas-Light< hoffen
wir einen anderen alten Freund zu treffen, der Stammgast ist.«
»Ah, wer soll das denn sein?« fragte Smith neugierig und hob nur
kurz den Blick. Er sah krank und schwach aus. Das fiel Kunaritschew auf, er war
nervös. Seine Hände begannen zu zittern, sobald er sich in Iwans Nähe befand.
Es schien dort etwas zu geben, das er registrierte und unangenehm empfand.
»Freders, Jim Freders«, antwortete Higgins knapp.
»Richtig. Der verkehrt hier.« Smith warf einen Blick in die Ecke
neben der gegenüberliegenden Wand. »Sein Tisch ist noch leer. Wundert mich
eigentlich. Freders ist immer bei den ersten . Vielleicht hat er Arbeit
gefunden und ist so fertig, daß er keine Lust mehr hat, noch auf einen Sprung
herüber zu kommen. Kann natürlich auch sein, daß er länger arbeitet .«
Das klang logisch.
Aber das war es nicht. Freders war tot. Doch das sagte dem Wirt
keiner. Smith verhielt sich jedenfalls unverdächtig.
»Was war eigentlich mit dem Schild heute morgen?« fragte Higgins
unvermittelt. »Ich denke, Sie waren in Urlaub .? Wir haben’s zufällig gesehen,
als wir durch die Straßen gingen«, fügte er schnell hinzu.
»Ach so, ja ...«, Don Smith winkte ab, hauchte ein Glas an und
polierte es. »Ein Scherz, nichts weiter . ich wollte nur mal sehen, was meine
Leute sagen, wenn ich wirklich mal weg wäre . Am Nachmittag hängten sie mir das
Schild ab und trommelten so lange gegen die Tür, bis ich öffnete. Dabei fühlte
ich mich heute wirklich nicht wohl. So matt und abgeschlagen. Ich fürchte, ich
werde krank .«
Wieder beobachtete Kunaritschew das Zittern. Auch Smith fiel es
auf, und er schien selbst nicht zu wissen, worauf sein Zustand zurückzuführen
war.
Kunaritschew hatte einen plötzlichen Verdacht. Er war so
ungeheuerlich, daß er selbst nicht daran glauben wollte.
Er öffnete einen weiteren Knopf an seinem Hemd und ließ das
geweihte goldene Kreuz, das er seit seiner Ankunft in London trug,
heraushängen.
Der Erfolg war durchschlagend.
Don Smith, der Wirt, rang plötzlich nach Atem, starrte das Kreuz
an, und sein Gesicht verzerrte sich, als fechte er einen inneren Kampf aus.
Er griff sich an die Kehle.
Kunaritschews Hand stieß blitzschnell nach vorn, packte den Wirt
am Kinn und drückte es ruckartig herum.
Er sah die beiden stecknadelkopfgroßen Löcher am Hals des Mannes,
der mit einem gurgelnden Aufschrei zurückwich.
Don Smith war ein Vampir!
*
Er schloß die Augen, warf ruckartig den Kopf herum und entzog sich
so dem Bann des geweihten Kreuzes.
Das hatte ihn die ganze Zeit nervös gemacht, und der Einfluß
wirkte jetzt, nachdem er es so dicht vor sich gesehen hatte, noch nach.
Doch der Tresen zwischen ihm und dem Kreuzträger war in diesen
Sekunden noch seine Rettung.
Don Smith entfaltete plötzlich Kraft und Wendigkeit und nahm keine
Rücksicht mehr auf seine Gäste. Er war entlarvt, es gab keinen Grund mehr für
ihn, das Theater fortzusetzen.
Er griff eine große Flasche Gordon’s Dry Gin, warf sie herum und
Kunaritschew entgegen, den er sofort instinktiv als seinen erbittertsten Feind
einstufte.
X-RAY-7 riß beide Hände hoch und fing die halbvolle Bottle auf,
ehe sie seinen Kopf traf.
»Geschafft!« rief er erleichtert aus.
»Hier, Towarischtsch, nehmen Sie ... die
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