SGK318 - Lady Draculas Vampir-Villa
schleppend, zögernd beinahe . Diese Frau wirkte wesentlich älter
als die Trägerin des Kerzenständers. Sie war mindestens Mitte fünfzig oder nur
so zurechtgemacht. Larry erkannte sie dennoch sofort wieder.
Morna Ulbrandson .
Sie bewegte sich wie in Trance.
Der Gang war zu Ende und mündete in einen riesigen, saalähnlichen
Raum, der ringsum schwarz angemalt war.
Eine bedrückende, beklemmende Atmosphäre! Angst und Grauen
herrschten in ihr. Das wurde durch die schwarzen fenster- und türlosen Wände
und die unheimliche Gedenkstätte, die sich am anderen Ende befand, noch
unterstrichen.
Aus Stein gemeißelt standen dort, engumschlungen, mit einem
riesigen schwarzen, rotgefütterten Umhang bekleidet, zwei Gestalten, die so
lebensecht waren, daß man meinte, sie würden nur den Atem anhalten und sich
jeden Augenblick aus der Erstarrung lösen.
Doch es waren Statuen, riesig groß, mindestens zehn Meter. Wie
Riesen überragten sie die Gruppe der Menschen, die sich näherte.
Die Statuen stellten Graf Dracula und seine Braut dar. Sie
thronten über einem riesigen Stein, in dem ihre Namen in gewaltigen Lettern
eingegraben waren, und der flach wie eine Grabplatte in den Boden des schwarz
gestrichenen Kellers eingelassen war. Doch das war noch nicht alles.
Aus der Dunkelheit hoben sich Details, die erst dann zu sehen
waren, als das flackernde Kerzenlicht näher an das Objekt herangetragen war.
Mitten auf der Grabplatte sprudelte ein Brunnen. Sein Wasser lief langsam in
einer niedrigen Fontäne aus dem Mittelpunkt und floß dann mit dem
Flüssigkeitsspiegel zusammen.
Am Kopfende der Platte stand ein gläserner Sarg. Darin lag eine
Frau, überirdisch, teuflisch schön .
Lady Dracula!
Er hörte eine Stimme. Die Schwarzgekleidete an Mornas Seite
sprach.
»Sie liegt hier begraben in einem Glassarg, meine Liebe. Sie starb
hier, ohne daß je ergründet wurde, aus welchem Grund. Als Graf Draculas Ego
ausgelöscht wurde, schien ein geheimnisvoller, unsichtbarer Faden zu reißen,
der sie miteinander verbunden hatte. In diesem Versteck hielten sich beide
lange Zeit auf. Vielleicht haben sie geahnt, daß der ewige Tod auch nach ihnen
greifen würde, wenn die Jagd auf sie erfolgreich endete. Dem beugten sie vor.
Vielleicht starb Lady Dracula nur deshalb, um über ihren Tod hinaus der Welt
das zu geben, was die Welt eigentlich vernichten wollte. Das Blut der Vampire .
Warum sonst wurde der Brunnen errichtet? Das Blut der Lady Dracula fließt nicht
mehr durch ihren Körper, sondern in diesem Brunnen, genießbar für die, die das
Leben des Vampirs führen wollen . ich habe zuerst den Keim in mich aufgenommen
und gebe ihn weiter, bis Draculas Herrschaft wieder ersteht . « Die Sprecherin
wandte den Kopf, und Larry sah, daß die schöne Lady Agatha eine gewisse
Ähnlichkeit mit jener unverwesten Toten hatte, die im Glassarg lag. Es schien,
als wäre die Persönlichkeit der Toten im Lauf der Zeit mehr und mehr auf Agatha
Lanister übergegangen, als würde auch das Aussehen zwischen ihnen beiden immer
ähnlicher.
»Vor den Augen des Fürsten und seiner Braut soll sich auch dein
Schicksal erfüllen«, fuhr sie fort.
Sie streckte die Hand aus. Da sah Larry die Särge, die in Reih und
Glied unterhalb des riesigen Standbildes nebeneinander gestellt waren. Alle
Särge waren mit roter Seide gefüttert, die Deckel seitlich angekippt. Es waren
mindestens hundert Särge, die bereit standen, jenen Vampiren bei Tag
Unterschlupf zu bieten, die darauf angewiesen waren.
Lady Agathas Haus - eine Vampir-Villa!
Brent stöhnte im Traum!
Er sah alles so deutlich vor sich und erkannte, was man mit Morna
vorhatte. Er wachte schweißgebadet auf. Von einem Moment zum anderen waren die
Bilder verschwunden, aber sie stiegen wieder auf vor seinem geistigen Auge.
X-RAY-3 erlebte eine Stimmung, die er sich nicht erklären, und die
er nicht beschreiben konnte.
Er war hellwach - und empfing noch die gleichen Bilder. Ein
Wachtraum? Ausgelöst durch seine Verletzung und die Injektion, die er erhalten
hatte? Zwischen ihm und Morna Ulbrandson bestand in diesen Minuten eine
intensive geistige Verbindung, daß er glaubte, mit ihren Augen zu sehen .
Er preßte die Augen zusammen. Der Druck in seinem Kopf war fast
unerträglich, sein Körper war aufgewiegelt. Nur Wahn - oder ein Ereignis, wie
es durch, das Zusammentreffen besonderer Umstände ausgelöst wurde? Das
Betäubungs- und Schlafmittel hatte seine Wirkung völlig verloren. Es schien,
als hätte X-RAY-3
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