SGK324 - Phantomjagd auf Morna U
Zimmer sah aus wie ein
Stall. Da gab es nichts mehr, was ganz gewesen wäre.
In Fetzen hingen Tapetenreste an den Wänden.
Die Gardinen waren zerschlitzt, ebenso Bilder. Von dem eleganten Kronleuchter
hing nur noch das Gerüst an der Decke.
Die Bettdecken waren zerrissen, die
Kopfkissen, Daunenfedern klebten überall, auch Mornas Kleidung, die im Schrank
hing, hatte einiges abbekommen.
Sie war zerknittert und zusammengeknüllt,
aber von der Schwedin nach einem ungeheuerlichen, unfaßbaren Ereignis in diesem
Raum einigermaßen ordentlich wieder eingeräumt und aufgehängt worden.
Der Eindruck der mutwilligen Zerstörung wurde
noch durch die furchtbaren Farbkleckse an Wänden, Möbeln und auf dem Boden
unterstrichen.
Es sah aus, als hätten die Vandalen gehaust.
Der Hotelangestellte stand dicht vorm
Zusammenbruch.
»Das ist ja... entsetzlich - mon dieux! Ich
seh’ wohl nicht recht«, stammelte er heiser, »so etwas gibt es doch nicht - die
Geschäftsleitung - ich muß sofort die Geschäftsleitung verständigen.« Seine
Stimme versagte ihm den Dienst.
»Das alles ist zu reparieren«, reagierte
Larry schnell, faßte dem Mann unter die Arme und schob ihn sanft zur Seite. Ihm
kam es darauf an, Mornas Schicksal zu klären.
In diesem Raum hatte ein Kampf stattgefunden.
Ein Kampf, von dem Morna Ulbrandson nichts
mitgeteilt hatte. Weil sie keine Gelegenheit mehr dazu fand?
Lag sie vielleicht tot in ihrem Hotelzimmer -
und eine andere hatte sich für sie ausgegeben?
Larrys erster Blick fiel nach dem Eintreten
auf das Bett.
Dort lag keine Leiche. Auch darunter nicht.
Im Schrank war keine, auch nicht im
Badezimmer. Doch dort machten sie eine neue Entdeckung, die die Aussagen des
Concierge unterstrich. Das Waschbecken und die Wandplatten waren mit schwarzer
Farbe verschmiert und vollgespritzt.
Hier hatte jemand seine Haare gefärbt. Aber
nicht wie ein normaler Mensch, sondern wie eine Irsinnige ...
Larry mußte schlucken.
Morna sollte sich so verhalten haben?
Der russische Freund an seiner Seite gab wie
ein gereiztes Tier ein wütendes Knurren von sich.
»Bolschoe swinstwo, verdammte Schweinerei«,
fluchte der Russe leise vor sich hin. »Hier hat’s anständig eingeschlagen,
Towarischtsch.« Er schloß zwei Sekunden die Augen, öffnete sie dann wieder und
schien zu hoffen, daß sich ihm eine andere Szene bot.
»Ich hoffe, Madame Hypno ist nicht in der
Nähe und spielt uns einen bösen Streich«, sagte Kunaritschew trocken.
Er spielte auf Shea Sumaile, die Ägypterin
an, die in der ganzen Welt als Illusionistin auftrat. Ihre hypnotischen
Fähigkeiten, mit denen sie ihr Publikum in Bann zog, waren so groß, daß sie die
tollsten Bilder entstehen lassen konnte. Die Zuschauer, die ihre »Magie-Show«
besuchten, gewannen den Eindruck, sie sähen urtümliche Ungeheuer, Monster und
Flugechsen, wilde Tiere, die von der Bühne sprangen und knurrend und
zähnefletschend die Zuschauer umstreiften.
In einer solchen Situation sich vorzustellen,
daß dies alles nur Trugbilder waren, war schon schwer, wenn nicht gar unmöglich
...
Doch Shea Sumaile - das wußten sie beide -
befand sich zur Zeit in einem Trainingscamp der PSA im Herzen Nevadas. Die
Ägypterin war dazu auserkoren, in die Reihen der weiblichen PSA-Agenten
aufgenommen zu werden. Ihr erbarmungsloser Kampf an Larrys und Iwans Seite
gegen die teuflische Ganderchoe-Sippe hatte erkennen lassen, wie wertvoll eine
Mitarbeit gerade dieser Frau wäre.
»Es ist alles wahr«, sagte X-RAY-3 leise.
»Und wenn du zehnmal die Augen schließt und wieder öffnest, Brüderchen. Jetzt
gibt’s Arbeit.«
»Solche garstigen Wörter höre ich nicht gern,
aber was sein muß, muß sein, Towarischtsch... Es gibt demnach nur zwei
Möglichkeiten, was mit Morna passiert ist.«
Larry nickte. »Entweder ist sie tot - und
eine andere hat ihre Rolle übernommen. Oder - sie ist dem Wahnsinn verfallen.
Ihre erste Begegnung mit dem Phantom, das sie fast erwürgt hätte, hat ihren
Verstand zerstört...«
*
Larry Brent erklärte sich bereit, für den
angerichteten Schaden aufzukommen. Er stimmte sich mit der Geschäftsleitung ab,
hinterließ einen ersten großen Scheck als Anzahlung und erbat wegen des
Vorfalls strengstes Stillschweigen.
Das Zimmer sollte abgeschlossen bleiben,
keine weitere Person durfte von dem Ereignis erfahren, um den Kreis derer, die
bis jetzt Bescheid wußten, nicht unnötigerweise zu erweitern.
Dann ging er mit Iwan Kunaritschew aus dem
Hotel.
Der Russe
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