SGK324 - Phantomjagd auf Morna U
entschloß er sich, zu reisen. In der
gleichen Nacht noch traf er auch die Entscheidung, seinen Freund und Kollegen
Iwan Kunaritschew mitzunehmen. Denn es brannte offenbar nicht nur an einer
Stelle, sondern gleichzeitig an zweien. Ausschlaggebend für Larry Brents
sofortige Entscheidung war gewesen, daß beide Informationen, die nur eine
knappe Stunde voneinander trennten, sich auffällig deckten. In beiden Fällen
standen mysteriöse Ereignisse im Mittelpunkt.
Da war erstens Mornas Erlebnis.
Da war zweitens eine Routinemeldung der
französischen Sûreté, daß Kommissar Maurice Fuñé bei dem Versuch, im Haus eines Toten
Nachforschungen anzustellen, selbst fast zu Tode kam. Eine Gestalt - angeblich
eine aus Holz geschnitzte Riesenstatue eines Negers - hätte ihn angegriffen. Fuñé war die Treppe nach unten gestoßen worden und
hatte schwerste Verletzungen davongetragen. Auf dem Weg ins Krankenhaus war er
nur kurz zu sich gekommen und hatte erste Hinweise geben können.
Es schien, als hätte Fuñé geahnt, daß er in der alten Villa des
Antiquitätenhändlers etwas faul war. In weiser Voraussicht hatte er in seinem
Büro eine schriftliche Nachricht hinterlassen, wo er während der nächsten
beiden Stunden anzutreffen sei. Nur der Tatsache, daß ein Mitarbeiter ein dringendes
Gespräch mit ihm führen mußte, das mit diesem besonderen Fall zu tun hatte,
verdankte Fuñé, daß man ihn rechtzeitig fand.
Normalerweise hätte er die ganze Nacht in der unbewohnten Villa gelegen.
Als der Helikopter Richtung Paris flog, warf
X-RAY-3 einen Blick auf die Armbanduhr.
»Wenn wir an der nächsten Ampel nicht bei Rot
warten müssen, Brüderchen, schaffen wir’s noch, zum Frühstück im Hotel zu
sein.«
»Ausgezeichnet! Darauf freue ich mich schon
die ganze Zeit. Kollegin Morna wird Augen machen, wenn sie erkennen muß, daß
unser hochverehrter Chef uns an sie abkommandiert hat, Towarischtsch. Ich nehme
doch an, daß es im „Esplanade“ einen besonders guten Kognak gibt.«
»Um diese Zeit trinkt man auch in Paris
meistens Kaffee.«
»Mit ’nem Kognak läßt sich der Geschmack
beträchtlich verbessern. Du darfst nicht vergessen, daß wir durch die
Zeitverschiebung in Wirklichkeit ein paar Stunden verloren haben. In New York
ist es jetzt Abend.«
»Nacht, Brüderchen. Genau drei Uhr nachts .
..«
»Sag’ ich ja. Um diese Zeit trink’ ich immer
’nen Whisky oder ’nen Wodka oder ’nen Kognak .. .«
Die beiden mit der Condorde Angekommenen
sprachen während des Fluges die ganze Zeit über in diesem Tonfall.
Das entging dem Piloten, der englisch sprach,
natürlich nicht. Und Larry Brent registrierte die Seitenblicke des Mannes, der
sich darüber wunderte, daß die beiden dauernd ein Gesprächsthema hatten, bei
dem einer von ihnen immer das letzte Wort führte.
X-RAY-3 grinste. »Sie wundern sich, daß wir
uns dauernd in den Haaren liegen«, sprach er unvermittelt den Piloten an.
»Dürfen Sie nicht so ernst nehmen ... es sieht nur so aus. In Wirklichkeit sind
wir dicke Freunde, ehrlich, Sie können sich darauf verlassen.«
Der Pilot machte ein Gesicht, als hätte er in
eine saure Zitrone gebissen.
Er konnte nicht fassen, was Larry Brent
sagte, doch es entsprach der vollen Wahrheit.
Wenn es sein mußte, ging einer für den
anderen durchs Feuer.
Auf halbem Weg zum Landeplatz auf dem
Polizeigelände, wo sie erwartet wurden, wollte Iwan Kunaritschew dem Piloten
eine Zigarette anbieten und sich selbst eine zwischen die Lippen schieben.
Larry hielt seine Hand fest. »Tu’s nicht,
Brüderchen, wenn du nicht willst, daß der Pilot die Herrschaft über den
Helikopter verliert...«
»Dobro, in Ordnung, Towarischtsch«, nickte
der Russe und warf einen Blick in die Tiefe, während er die nicht angezündete
Selbstgedrehte im Mundwinkel festhielt. »Ich hab’ auch keine Lust, so früh am
Morgen ein Bad in der Seine zu nehmen oder von der Spitze des Eiffel-Turmes
aufgespießt zu werden. Das wäre so unangenehm. Ich habe noch vor, meine Kräfte
mit dem Holz-Neger messen zu müssen, und das Spielchen zu machen, er oder ich -
wer stürzt zuerst die Treppe ’runter...«
*
Im Kommissariat hielten sie sich nur eine
Viertelstunde auf, führten ein erstes Gespräch mit Funés Stellvertreter, Monsieur Poulain, und
erfuhren, daß es dem Kommissar nicht gut gehe.
Larry und Iwan wollten später einen Besuch im
Hospital machen, sobald sie Kontakt zu Morna aufgenommen hatten.
Während seiner Anwesenheit im
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