Shades of Grey - Geheimes Verlangen: Band 1 - Roman (German Edition)
wo ich mit Mom und Bob gelebt habe, als ich siebzehn war. Diese drückende Schwüle, die einen bereits um halb neun Uhr früh umhaut, ist dagegen ziemlich gewöhnungsbedürftig. Als ich auf dem Rücksitz von Bobs herrlich kühlem Tahoe-Geländewagen sitze, fühle ich mich wie ein nasser Waschlappen, und mein Haar kräuselt sich als Zeichen des Protests gegen die ungewohnte Wärme. Ich schreibe Ray, Kate und Christian eine SMS:
Bin gut in Savannah angekommen. A ☺
Einen Moment lang muss ich an José denken, als ich auf »Senden« drücke. Nächste Woche findet seine Vernissage statt. Soll ich mit Christian hingehen, obwohl ich weiß, dass er José nicht ausstehen kann? Wird es nach meiner Mail überhaupt noch ein nächstes Mal mit Christian geben? Ich erschaudere bei dem Gedanken und verdränge ihn. Damit werde ich mich später auseinandersetzen. Jetzt will ich erst einmal die Zeit mit meiner Mutter genießen.
»Schatz, du musst todmüde sein. Möchtest du dich ein bisschen hinlegen, wenn wir zuhause sind?«
»Nein, Mom. Ich will gleich an den Strand.«
Ich liege in meinem blauen Neckholder-Bikini und einer Dose Cola light in der Hand auf einem Liegestuhl. Vor mir erstreckt sich die endlose Weite des Atlantiks. Unglaublich, wenn man bedenkt, dass ich gestern noch auf den Sund geblickt habe, der in den Pazifik mündet. Meine Mutter liegt mit einem lächerlich riesigen Sonnenhut und einer Jackie-O.-Sonnenbrille neben mir und nippt ebenfalls an einer Coke. Wir sind am Tybee Island Beach, gerade einmal drei Blocks von zuhause entfernt. Sie hält meine Hand. Inzwischen ist meine Müdigkeit verflogen. Ich genieße die warmen Sonnenstrahlen und fühle mich
wohl, sicher und behaglich. Zum ersten Mal seit einer halben Ewigkeit spüre ich, wie die Anspannung von mir abfällt.
»Also, Ana … erzähl mir von diesem Mann, der dich so von den Füßen reißt.«
Von den Füßen reißt? Woher weiß sie das? Was soll ich darauf antworten? Meine Verschwiegenheitsklausel verbietet mir, ihr allzu viele Details über Christian zu verraten, aber selbst wenn ich es könnte – würde ich ausgerechnet meiner Mutter die Besonderheit unserer Beziehung beichten? Allein bei der Vorstellung wird mir ganz anders.
»Und?« Sie drückt meine Hand.
»Er heißt Christian. Er sieht unglaublich gut aus. Er ist reich … viel zu reich. Und er ist sehr kompliziert und launenhaft.«
Ja. Ich bin hochzufrieden mit meiner knappen und präzisen Beschreibung. Ich wende mich ihr zu und blicke geradewegs in ihre leuchtend blauen Augen.
»Kompliziert und launenhaft sind die beiden Punkte, auf die ich gern eingehen will, Ana.«
Mist …
»Oh, Mom, seine Stimmungsschwankungen machen mich ganz verrückt. Er hatte eine ziemlich schlimme Kindheit, deshalb ist er sehr verschlossen und schwer einzuschätzen.«
»Magst du ihn?«
»Mehr als das.«
»Wirklich?«
»Ja, Mom.«
»Eigentlich sind Männer gar nicht so kompliziert, Ana. In Wahrheit sind sie sehr schlicht strukturierte Geschöpfe, die meistens genau das meinen, was sie sagen. Wir bringen Stunden damit zu, jedes Wort zu analysieren, das aus ihrem Mund kommt, obwohl es gar nichts zu deuten gibt. Ich an deiner Stelle würde einfach auf das hören, was er sagt. Das könnte vielleicht hilfreich sein.«
Ich sehe sie verblüfft an. Das klingt nach einem klugen Ratschlag. Auf das hören, was er sagt. Augenblicklich fallen mir einige Dinge ein:
Ich will dich nicht verlieren …
Du hast mich verhext …
Du hast mich völlig verzaubert …
Ich werde dich auch vermissen … mehr als dir bewusst ist …
Wieder sehe ich meine Mutter an. Sie ist zum vierten Mal verheiratet – vielleicht kennt sie sich ja inzwischen mit Männern aus.
»Die meisten Männer sind launisch. Der eine mehr, der andere weniger. Dein Vater zum Beispiel …« Ein weicher, trauriger Ausdruck tritt in ihre Augen, wann immer sie von meinem Vater spricht. Mein leiblicher Vater, den ich nicht kennen gelernt habe, ist bei einem tragischen Unfall während eines Kampftrainings der Marines getötet worden. In gewisser Weise glaube ich, dass Mom seither immer nach einem Mann wie ihm gesucht hat … und möglicherweise hat sie ihn in Bob gefunden. Ein Jammer, dass Ray ihr nicht geben konnte, was sie brauchte.
»Ich dachte auch immer, dass dein Vater launisch ist. Aber heute, rückblickend betrachtet, glaube ich eher, es lag daran, dass er so viel gearbeitet hat, um für uns zu sorgen.« Sie seufzt. »Er war noch so jung. Wir
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