Shades of Grey - Geheimes Verlangen: Band 1 - Roman (German Edition)
den vorderen. Der Pilot sitzt hinten.«
»Aber kannst du so überhaupt etwas sehen?«
»Mehr als genug.« Er grinst.
Ich kann mich nicht erinnern, ihn jemals so glücklich gesehen
zu haben – trotz seines Befehlstons. Ich klettere in die Maschine und lasse mich in den weichen Ledersitz sinken, der sich als erstaunlich bequem entpuppt. Christian beugt sich über mich, zieht das Geschirr über meine Schultern, dann greift er zwischen meine Beine, um den unteren Teil des Gurts herauszuziehen, schiebt ihn in den Verschluss und lässt ihn einrasten, ehe er die restlichen Gurte festzurrt.
»Hm. Gleich zweimal an einem Morgen. Ich bin ein echter Glückspilz«, sagt er leise und gibt mir einen Kuss. »Es wird nicht allzu lange dauern. Zwanzig Minuten, höchstens eine halbe Stunde. Um diese Uhrzeit ist die Thermik nicht besonders gut, der Ausblick aber absolut sensationell. Ich hoffe, du hast keine Angst.«
»Nein, ich bin nur aufgeregt«, erwidere ich und strahle ihn an.
Wieso um alles in der Welt grinse ich so dämlich?, frage ich mich, denn in Wahrheit macht sich ein Teil von mir vor Angst in die Hose. Und meine innere Göttin kauert längst mit einer Decke über dem Kopf unterm Sofa.
»Gut.« Er grinst ebenfalls, streicht mir ein letztes Mal über die Wange und verschwindet.
Ich spüre ein Rumpeln, als er hinter mir auf seinen Sitz klettert. Natürlich hat er die Gurte so festgezurrt, dass ich mich nicht umdrehen kann … typisch. Uns trennt nur ein kleines Stück vom Boden. Unmittelbar vor mir befindet sich ein Armaturenbrett mit diversen runden Anzeigen, Schaltern und Hebeln, von denen ich allerdings schön die Finger lasse.
Mark Benson erscheint neben mir und überprüft ein letztes Mal meine Gurte und den Cockpitboden, wo sich, soweit ich weiß, der Ballast befindet.
»Okay, alles bestens. Ist das Ihr erstes Mal?«, fragt er.
»Ja.«
»Sie werden begeistert sein.«
»Danke, Mr. Benson.«
»Sagen Sie ruhig Mark zu mir.« Er wendet sich an Christian. »Okay?«
»Ja. Los geht’s.«
Ich bin nur froh, dass ich aufs Frühstück verzichtet habe. Meine Aufregung wächst mit jeder Sekunde, und ich kann mir nicht vorstellen, dass mein Magen die Mischung aus Essen, Anspannung und der Tatsache, dass ich gleich keinen Boden mehr unter den Füßen haben werde, sonderlich gut verkraftet hätte. Wieder einmal lege ich mein Schicksal in die erfahrenen Hände dieses Mannes. Mark schließt das Cockpit, geht zu seinem Schleppflugzeug und steigt ein.
Der Einzelpropeller der Piper erwacht zum Leben, und mein nervöser Magen macht sich für einen kurzen Moment selbstständig. O Mann … jetzt gibt es kein Zurück mehr. Marks Maschine setzt sich in Bewegung, bis Zug auf das weiße Kabel kommt. Mit einem Ruck werden wir nach vorn gerissen. Los geht’s. Stimmen dringen aus dem Funkgerät neben mir. Ich glaube, das ist Mark, der mit dem Tower kommuniziert – allerdings verstehe ich kein Wort von dem, was er sagt. Die Piper gewinnt an Geschwindigkeit. Wir ebenso. Wir holpern über den Asphalt. Die Schleppmaschine ist immer noch am Boden. Meine Güte, fliegen wir eigentlich jemals los? In diesem Augenblick löst sich mein Magen aus meiner Kehle und sackt im freien Fall abwärts. Wir fliegen!
»Los geht’s, Baby!«, schreit Christian hinter mir – wir sind ganz allein, nur er und ich in unserer Plexiglasblase. Die einzigen Geräusche sind das Pfeifen des Winds und das leise Summen der Piper in der Ferne.
Mit beiden Händen klammere ich mich an meinem Sitz fest, so sehr, dass meine Fingerknöchel weiß hervortreten. Wir fliegen in westliche Richtung, gen Landesinneres, weg von der aufgehenden Sonne. Wir gewinnen immer mehr an Höhe, schweben über Felder und Waldstücke, über Wohnhäuser und die Interstate 95.
Das ist der absolute Wahnsinn. Über uns ist nichts als der Himmel. Auch das Licht ist unglaublich, ganz weich und gedämpft. Mir fällt wieder ein, wie José von der »magischen Stunde« geschwärmt hat, von dieser Tageszeit, die Fotografen so lieben – unmittelbar nach Sonnenaufgang. Und ich bin hier, mittendrin, mit Christian.
Unvermittelt kommt mir Josés Vernissage in den Sinn. Ich muss Christian erzählen, dass ich nächste Woche eingeladen bin. Einen Moment lang frage ich mich, wie er darauf reagieren wird. Aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um sich deswegen Gedanken zu machen. Ich genieße den Flug. Meine Ohren gehen zu, als wir weiter aufsteigen und der Boden unter uns in weite Ferne
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