Shades of Grey - Geheimes Verlangen: Band 1 - Roman (German Edition)
stolz auf sie, dass ich Christian einen Moment lang vergesse. Obwohl ich ihre Rede bereits gehört habe, lausche ich gespannt, und im Handumdrehen hat sie das Publikum voll und ganz auf ihrer Seite.
»Collegeabschluss – Was kommt als Nächstes?«, lautet das Thema. Eine berechtigte Frage. Christian beobachtet Kate mit erhobenen Brauen – er scheint überrascht zu sein. Ja, ebenso gut hätte Kate diejenige sein können, die das Interview mit ihm führt. Und ebenso gut könnte sie diejenige sein, der er dieses unmoralische Angebot unterbreitet. Die schöne Kate und der schöne Christian, für immer vereint. Und ich könnte ebenso gut wie die beiden Mädchen sein, die ihn aus der Ferne anhimmeln. Dabei weiß ich genau, dass Kate ihn nicht mit dem Hintern angesehen
hätte. Wie hat sie ihn kürzlich bezeichnet? Genau. Als unheimlich. Bei der Vorstellung, wie sich die beiden in die Wolle geraten, wird mir ganz anders. Ich bin nicht sicher, auf welchen von beiden ich bei einer Auseinandersetzung mein Geld wetten würde.
Kate beendet ihre Rede mit einer letzten Pointe, woraufhin alle spontan aufspringen, applaudieren und ihr zujubeln – ihre ersten stehenden Ovationen. Ich strahle sie an und stoße einen Jubelschrei aus, und sie grinst. Gut gemacht, Kate . Sie setzt sich, während die Anwesenden ebenfalls ihre Plätze wieder einnehmen, dann steht der Rektor auf und stellt Christian vor. Aha, Christian hält also auch eine Rede. Der Rektor umreißt kurz Christians Karriere – CEO seiner eigenen unglaublich erfolgreichen Firma, ein echter Selfmade-Millionär.
»… des Weiteren gehört Mr. Grey zu den wichtigsten Gönnern unserer Universität. Bitte heißen Sie ihn mit einem herzlichen Applaus willkommen: Mr. Christian Grey …«
Der Rektor schüttelt Christian die Hand. Höflicher Applaus ertönt. Mir schlägt das Herz bis zum Hals. Er tritt zum Podium und lässt den Blick durch den Saal schweifen, wobei er genauso selbstsicher wirkt wie Kate. Die beiden Mädchen neben mir beugen sich gespannt vor. Vermutlich kann die Mehrzahl der weiblichen Gäste – und auch einige der männlichen – es kaum erwarten, seine Rede zu hören. Er beginnt zu sprechen, und nach wenigen Augenblicken besteht kein Zweifel, dass er das Publikum völlig in seinen Bann geschlagen hat.
»Ich bin zutiefst dankbar und gerührt über die Ehre, die mir die Leitung der WSU heute zuteilwerden lässt. Denn dadurch bietet sich mir die Gelegenheit, Ihnen einen Einblick in die eindrucksvolle Arbeit des Instituts für Entwicklung und Umweltschutz zu geben. Wir haben uns das Ziel gesetzt, rentable und ökologisch nachhaltige Methoden für die Landwirtschaft in Ländern der Dritten Welt zu entwickeln, um langfristig unseren Teil beizutragen, Hunger und Armut aus der Welt zu schaffen.
Über eine Milliarde Menschen, vorwiegend in Staaten südlich der Sahara, Südasien und Lateinamerika, leiden unter unvorstellbarer Armut. In vielen dieser Länder herrschen massive landwirtschaftliche Missstände vor, die die Zerstörung der Umwelt und der gesellschaftlichen Strukturen nach sich ziehen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, was es bedeutet, Hunger zu leiden. Deshalb liegt mir dieses Projekt sehr am Herzen …«
Mir fällt die Kinnlade herunter. Wie bitte? Christian musste Hunger leiden? O Gott. Tja, das erklärt natürlich so einiges. Ich muss wieder an unser Interview denken. Christian hat sich also tatsächlich vorgenommen, dem Hunger auf der Welt ein Ende zu bereiten. Fieberhaft durchforste ich mein Gedächtnis nach den biografischen Details aus Kates Artikel – Christian wurde mit vier Jahren adoptiert, und da ich mir nicht vorstellen kann, dass Grace ihm nichts zu essen gegeben hat, muss es davor gewesen sein. Ich schlucke. Bei der Vorstellung von Christian als kleinem, grauäugigem Jungen, der Hunger leiden muss, blutet mir das Herz. Mein Gott, was für ein Leben muss er geführt haben, bevor die Greys ihn zu sich genommen und gerettet haben?
Blanke Wut packt mich. Der arme, perverse, aber philanthropische Wohltäter Christian – auch wenn ich sicher bin, dass er sich selbst keineswegs so sieht und jegliches Mitleid weit von sich weisen würde.
Wieder springen sämtliche Gäste auf und brechen in begeisterten Beifall aus. Ich applaudiere ebenfalls, obwohl ich die Hälfte seiner Rede gar nicht mitbekommen habe. Er tut so viel Gutes, leitet eine riesige Firma und versucht währenddessen, mich zu erobern. Ich bin völlig überwältigt. Mir
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