Shadow Falls Camp - Entführt in der Dämmerung: Band 3 (German Edition)
Catherine. Wie heißt du?«
Derselbe ungläubige Ausdruck lag auch auf dem Gesicht des alten Mannes. »Woher, Kind … du könntest sogar recht haben. Also, Ima hat mir immer gesagt, ich soll mit den Tabletten aufpassen. Und in letzter Zeit fühle ich mich wirklich nicht so gut. Ich werde zu Hause gleich mal auf meinem Rezept nachlesen.« Damit wandte er sich um und steuerte auf das Tor zu.
Kylies Lächeln erstarb sofort, als die Stimmen um sie herum wieder lauter wurden. Die Geister kannten jetzt die Wahrheit. Sie wussten, dass sie sie hören konnte. Wussten, dass sie ihnen helfen konnte. Aber konnte sie das wirklich? Bisher waren die Geister immer zu ihr gekommen, damit sie ihnen half. Wie war das mit Geistern, die sie zufällig traf?
Der alte Mann war gerade erst ein paar Schritte entfernt, als Kylie eine vertraute Kälte wahrzunehmen meinte. Schon erschien der Geist von Jane Doe. Sie sah Kylie verwirrt an. »Was tust du hier?«
»Bist du nicht hier begraben?«, fragte Kylie und bemühte sich, die Kälte und die lauten Stimmen zu ignorieren.
»Hast du etwas gesagt?« Der alte Mann drehte sich wieder zu ihr um. Seine Worte gingen beinahe in der Geräuschkulisse der Geisterstimmen unter.
»Ich rede nur mit mir selbst«, gab Kylie zurück und betete, dass er sich wieder umdrehen würde. Ihr wurde plötzlich schwindelig. Sie stolperte, schaffte es aber, ihr Gleichgewicht zu halten.
Die Geister umringten sie und redeten alle gleichzeitig auf sie ein. Alle wollten etwas von ihr. Stellten ihr Fragen. Ihr Blick wanderte von einem toten Gesicht zum nächsten. Es machte sie furchtbar traurig. Sie fühlte sich klein und unbedeutend – sie war nur eine Person, gegenüber so vielen Seelen, die Hilfe brauchten.
Wieder hatte sie einen Schwindelanfall, doch diesmal war er stärker. Ihr Kopf pochte, und Schmerz explodierte hinter ihren Augen. Taumelnd ließ sie sich auf das grüne Gras fallen. Sie schlang die Arme um die Schienbeine und bettete den Kopf auf die Knie.
»Ich kann das nicht«, murmelte sie.
»Geht zurück« , befahl Jane Doe den anderen Geistern. »Ihr tut ihr weh.«
Kylie spürte, wie die Kälte etwas schwächer wurde und der Schmerz in ihrem Kopf nachließ. Auch der Geräuschpegel sank in einen Bereich, der nicht mehr so schmerzhaft war.
»Kylie, alles okay?« Burnetts tiefe Stimme drang an ihr Ohr.
Kylie hob den Kopf und sah, dass nur noch drei Geister übriggeblieben waren: Jane Doe, die Frau des alten Mannes und die andere junge Frau aus den Siebzigern.
Kylie sah Burnett an. »Ja, geht schon wieder.«
Burnett nickte und trat dann wieder zurück. Kylie starrte Jane Doe an und wartete noch ein paar Sekunden, bis sie ihre Frage wiederholte: »Du bist doch hier begraben, oder?«
Jane legte in ihrer üblichen verwirrten Art die Stirn in Falten. »Ich … weiß es nicht.«
»Ach, so ein Quatsch!« , rief die junge Frau, die sich als Catherine vorgestellt hatte. »Natürlich bist du hier begraben. Dein Grab ist gleich da drüben. Die Leute vom Gefängnis haben dich begraben. Du wurdest hingerichtet, weil du dein eigenes Baby getötet hast.«
20. Kapitel
Kylie war geschockt. Jane hatte ihr Baby getötet? Hatte sie deshalb Gedächtnisverlust? War ihre Tat zu schrecklich gewesen?
Jane ging auf Catherine los und hielt ihr beide Fäuste unter die Nase. Ihr Körper war vor Wut gespannt wie ein Bogen. »Wie oft soll ich es dir noch sagen, dass ich nicht Berta bin! Ich habe mein Kind nicht getötet. Ich könnte nie mein Baby töten. Ich hab mein Baby geliebt.«
Catherine sah Kylie an. »Sie ist verwirrt. Ich glaube, sie haben sie am Kopf operiert. Wahrscheinlich, weil sie verrückt war.«
»Ich bin nicht Berta!« Jane schrie so laut, dass Kylie zusammenzuckte. »Und ich kann es auf den Tod nicht ausstehen, dass du mich immer so nennst.«
»Wie heißt du denn dann, häh?« , keifte Catherine zurück.
Jane traten Tränen in die Augen. »Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, wer ich bin, ich weiß nicht, was ich bin, aber ich weiß, wer ich nicht bin. Ich bin nicht Berta Littlemon. Ich glaube, mein Baby ist gestorben, aber ich habe es nicht getötet. Ich war verheiratet. Jetzt bin ich verloren. Und leer. Und tot.« Sie wandte sich an Kylie. »Jemand hat mich umgebracht.« Tränen rollten ihr über die Wangen, und sie verschwand.
Kylie hatte schreckliches Mitleid mit ihr. Sie kam wieder auf die Füße, und obwohl sie Jane am liebsten geglaubt hätte, so war sie doch hergekommen, um Antworten zu finden.
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