Shadow Falls Camp - Entführt in der Dämmerung: Band 3 (German Edition)
drehen, und sie sah den alten Mann zwischen zwei großen Grabsteinen auf sie zuschlurfen. Sein Gehstock grub tiefe Löcher in die feuchte Erde des grünen Rasens. Jedes Mal, wenn er die Stockspitze vom Boden anhob, entstand ein schmatzendes Geräusch, das Kylie lauter erschien, als es sein sollte.
Ihr fiel wieder ein, dass sie nicht allein hier war, und Kylie drehte sich zu den beiden Vampiren um. Burnett hatte sich am Ende des Pfads postiert, bereit einzugreifen, sollte der alte Mann eine Gefahr darstellen.
Burnett konnte nicht wissen, dass Kylie nicht vor ihm Angst hatte. Der alte Mann ging weiter auf sie zu. Seine Anwesenheit wirkte irgendwie beruhigend und verringerte das Chaos in ihrem Kopf. Je näher er kam, desto weiter rückten die Geister von Kylie ab.
Kylie berührte mit der Zungenspitze ihre Lippen, auf denen der Frost schmolz, und blinzelte die glitzernden Eiskristalle aus ihren Wimpern.
»Du siehst aus, als hättest du dich verlaufen«, stellte der Mann fest und blieb ein paar Meter vor ihr stehen.
Kylie war dankbar für die kurze Auszeit, die ihm seine Anwesenheit brachte, und sie bemühte sich um ein Lächeln.
»Hast du deine Zunge verschluckt, Mädchen?«, fragte er.
»Nein«, antwortete Kylie. Als ihr einfiel, dass sie seine erste Frage nicht beantwortet hatte, suchte sie fieberhaft nach einer plausiblen Notlüge. »Ja, ich suche nach … dem Grab meiner Tante.«
»Wie heißt sie denn? Ich kann dir bestimmt weiterhelfen. Ich bin nun wirklich oft genug hier. Ich besuche meine Ima jeden Tag.«
»Ich bin Ima« , sagte der Geist seiner toten Frau und rückte Kylie wieder auf die Pelle.
Kylie zögerte und schielte dann zur Seite und las den Namen auf einem beliebigen Grabstein. »Lolita Cannon. Das ist der Name meiner Tante.« Sie wusste immer noch nicht, ob sie auf die Frau eingehen sollte. Kylie war so unentschlossen. Aber wenn sie dem Mann das mit seinen Tabletten nicht sagte, könnte er …
»Warte, ich glaube, das Grab ist hier in der Nähe.« Er schaute sich um und begann die Namen auf den umliegenden Grabsteinen zu lesen.
»Seid ihr sicher, dass sie uns sehen und hören kann?« Ein weiterer Geist tauchte neben ihr auf. Kylie warf nur einen kurzen Blick auf den Neuankömmling, um sich nicht zu verraten. Der Geist war eine Frau, vielleicht Ende zwanzig, in einem Kleid, das in den Siebzigern modern gewesen sein musste.
»Ich bin mir ziemlich sicher« , antwortete Ima und stellte sich so dicht vor Kylie, dass die Kälte auf Kylies Arm brannte. »Sag ihm das mit seinen Medikamenten« , verlangte sie. »Sonst wird er sterben, ohne die dritte Generation gesehen zu haben.«
»Hier ist es doch.« Der alte Mann zeigte mit seinem Gehstock auf das Grab.
»Danke.« Kylie blieb neben ihm stehen, immer noch ratlos, wie sie sich verhalten sollte.
»Das ist ein schöner Stein«, bemerkte der alte Mann und stützte sich auf seinem Stock ab. »Also, ich muss los. Einen schönen Tag noch.« Er machte einen Schritt und hielt dann inne. »Weißt du, ich habe manchmal das Gefühl, dass mich meine Ima hören kann. Du solltest auch mit deiner Tante reden, wenn du ihr etwas mitteilen möchtest.«
Die Frau des alten Mannes hob in einer verzweifelten Geste die Hände. »Ich kann dich schon hören, alter Mann. Du bist es, der nicht auf mich hören will. Aber warum überrascht mich das nicht?« Die Frau schaute wieder Kylie an. »Der alte Sturkopf hat noch nie auf mich gehört. Und seit ich tot bin, redet er mehr mit mir als je zuvor. Aber ich liebe den alten Trottel trotz allem. Und du musst mir helfen, ihm zu helfen. Bitte, Mädchen. Ich weiß nicht, was du bist oder warum du mich sehen kannst, aber ich flehe dich an.«
Kylie sah dem alten Mann hinterher, der sich langsam entfernte. Wenn sie ihm das mit den Tabletten sagte, würde die Geisterhorde zurückkommen, aber wenn sie es nicht tat … Kylie könnte nicht damit leben, wenn dem alten Mann etwas zustieße. »Warten Sie. Ich …«
Er drehte sich zu ihr herum.
Mist! Was sollte sie ihm denn jetzt sagen? »Ich … Mir ist aufgefallen, dass sie etwas zittrig sind. Wissen Sie, das war bei meiner Tante auch so, und es lag daran, dass sie ihre Medikamente durcheinandergebracht hat. Sie hat die ganze Zeit die falschen Tabletten genommen. Die blauen statt die roten.«
Die tote Frau des Mannes schrie triumphierend auf. Die jüngere Frau starrte Kylie mit aufgerissenem Mund an. »Sie kann uns tatsächlich hören. Das ist ja unglaublich. Mein Name ist
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