Shadow Falls Camp - Geboren um Mitternacht: Band 1 (German Edition)
weil sie denken, dass ich eine Abweichung bin. Sie versuchen, mich zu lesen wie alle anderen auch.«
Das Misstrauen in seinem Blick verschwand. »Haben sie es geschafft? Dich zu lesen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Offenbar bin ich ein echtes Rätsel.«
»Das sind Mädchen doch immer«, sagte er und lächelte. Und verdammt, sein Lächeln konnte einen echt verrückt machen.
Sie riss sich zusammen, um nicht von seinem Lächeln eingelullt zu werden, und trat im Geist auf die Bremse. Weil sie nicht einfach dastehen wollte, während ihr Herz Purzelbäume schlug, und weil sie dringend Helen finden musste, zeigte sie auf ihr Handy: »Ich muss mal telefonieren.«
Kylie brauchte zwanzig Minuten, um Helen zu finden. In der Zwischenzeit hatte sie Sara eine SMS mit lauter Smileys geschickt, anrufen würde sie später. Jetzt, wo Saras Drama vorbei war, durfte sie sich auch mal auf ihre eigenen Probleme konzentrieren. Und der erste Punkt auf ihrer Tagesordnung war, ihr Hirn von einer gewissen Halbfee checken zu lassen.
Helen saß an einem Tisch im Speisesaal und las ein Buch. Sie machte einen sehr ruhigen, intelligenten Eindruck – die Art Mädchen, das in der Schule nie lernen musste, aber auch nicht stolz darauf war.
»Hi«, grüßte Kylie sie.
Helen schreckte hoch. Eine strohblonde Haarsträhne fiel ihr ins Gesicht, und sie strich sie zurück. »Hallo.«
Kylie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch sie stellte fest, dass sie keine Ahnung hatte, wie sie Helen fragen sollte, ob sie sie auf einen Hirntumor checken würde. Die Stille hing schwer zwischen ihnen, und Kylie brachte nur »Ich … ich wollte nur …« heraus.
Am anderen Ende des Raumes wurde es laut. Kylie schaute kurz hinüber und sagte dann: »Ich bin Kylie Galen. Du warst mit mir in der Gruppe –«
»Ja, ich weiß«, entgegnete Helen mit ruhiger Stimme. Kylie kannte Helen nicht, aber sie konnte sich gleich mit ihr identifizieren. Sie war auch so eine Cliquenlose. Eine Einzelgängerin. Kylie hoffte für sie, dass sie jemanden wie Sara hatte, der ihr Leben einfacher machte.
»Kann ich mal mit dir sprechen?«, fragte Kylie. »Irgendwo anders?«
Helen schaute zu den anderen Jugendlichen hinüber und nahm dann ihr Buch und ihren Rucksack.
Als sie den Speisesaal verließen, sah Kylie mehrere Jugendliche, die sich in der Nähe des Gebäudes versammelten. Sie gingen in die andere Richtung, und sie versuchte, die richtigen Worte zu finden, um Helen zu fragen. »Ich hab gedacht, vielleicht könntest du … also vielleicht –«
»Derek hat es mir schon erzählt«, sagte Helen.
»Hat er?« Kylie verspürte einen Stich in der Brust, beim Gedanken daran, dass Derek ihr helfen wollte. Direkt nach dem Stich kam das Schuldgefühl, weil sie noch nicht in der Lage war, ihm zu vertrauen. War es falsch, sich der Gefühle für jemanden nicht sicher zu sein, der diese so leicht kontrollieren und beeinflussen konnte?
»Da gibt es so eine ruhige Ecke hinter dem Büro«, meinte Helen.
»Nein, nicht dahin.« Obwohl Kylie nicht annahm, dass Lucas schon wieder dort zugange war, wollte sie es auch nicht unbedingt riskieren.
Sie sah, dass der Pfad, der zu ihrer Hütte führte, fast leer war, also führte sie Helen in diese Richtung.
Sie passierten eine Gruppe Mädchen, die über irgendetwas laut lachten. In der Mitte der Gruppe bemerkte sie Lucas’ Freundin, und noch bevor Kylie wegschauen konnte, trafen sich ihre Blicke, und das Mädchen knurrte. Warum hasste die Werwölfin sie nur so sehr?
Kylie versuchte, sich nicht ablenken zu lassen. Sie sah Helen an. »Glaubst du, du kannst mir helfen?«
Helen zuckte mit den Schultern, und alles, von ihrem Blick bis zu ihrer Haltung, drückte Unsicherheit aus. »Ich habe es bisher nur bei meiner Schwester gemacht. Ich werde es probieren, aber …« Sie stockte.
»Aber?«, hakte Kylie nach, während sie weiter den Pfad entlanggingen.
»Hast du denn keine Angst?«, fragte Helen.
Kylie blieb stehen. »Sollte ich denn welche haben?«
Helen zuckte wieder unsicher mit den Schultern. »Vielleicht. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich Angst habe.«
Oh, na toll. Kylie schluckte ein nervöses Kribbeln runter. »Wird es wehtun oder so?« Als Helen nicht gleich antwortete, fragte Kylie: »Hat es deiner Schwester wehgetan?«
»Nein«, räumte Helen ein.
Kylie seufzte erleichtert. Trotzdem kamen ihr Zweifel, aber sie musste der Sache auf den Grund gehen. »Ich muss es wissen.«
Helen bedeutete Kylie, hinter eine Reihe
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