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Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition)

Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition)

Titel: Shadow Guard: Wenn die Nacht beginnt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Lenox
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ihm der Geruch nach Furcht und Panik unmöglich, eine spezielle Spur zu verfolgen. Er war durch das East End gestreift, bis Erschöpfung seine Gedanken verwirrt und seine Kräfte geschwächt hatte. Wenn er auch nicht länger vollkommen verwandelt war, befand er sich in einem schmerzenden Zustand zwischen den Gestalten und war zudem niedergeschlagen, weil er seinem Ziel so nahe gewesen war und seinen Auftrag als Schattenwächter doch nicht erfüllt hatte.
    Was er jetzt brauchte, war Einsamkeit und Zeit, in seinen natürlichen Zustand zurückzukehren.
    Die Kutsche raste durch die offenen Tore von Black House. Zwei mächtige, eiserne Laternen, vor Jahrhunderten in Form sich windender, granatäugiger Drachen geschaffen von tibetischen Künstlern, flackerten zu beiden Seiten der großen Tür, während der Rest des Herrenhauses im Dunkeln lag. Der Wagen rollte aus.
    Mit zitternden Händen zog er die dunkle Brille aus seiner Manteltasche und setzte sie auf. Die Kutschentür schwang auf, und ein zitternder Lichtstrahl von den Laternen fiel über seine Schuhe. Metall quietschte, und die Stufen wurden hinuntergelassen.
    Ein langer Augenblick verstrich.
    »Mylord, brauchen Sie Hilfe?«, fragte der junge Diener von draußen; er wagte es nicht, die Privatsphäre seiner Lordschaft zu stören.
    »Nein«, brummte Archer.
    Er zog die Krempe seines Zylinders tiefer in die Stirn und stellte den Kragen seines Überziehers auf. Es kostete ihn all seine Disziplin, aus der Kutsche zu steigen und an dem livrierten Diener und den beiden verschlafen aussehenden Türhütern vorbeizugehen, ohne sich in absurdem strafenden Zorn auf sie zu stürzen.
    Zorn, weil Jack entkommen war, vor allem aber Zorn über sein eigenes Versagen. Er hatte eine Herausforderung gewollt – kein Blutbad. Er zwang sich, die Fläche glänzenden nachtschwarzen Marmors zu überqueren und stieg die Treppe hoch.
    Verflucht, sein Geist arbeitete nach wie vor auf Hochtouren und suchte unvernünftigerweise nach Spuren und Hinweisen auf seine Beute – selbst hier, in seinem Heiligtum. Er hielt mitten auf der Treppe inne und presste eine Faust gegen seinen geplagten Kopf.
    Doch alles, was er spüren konnte, war sie.
    Elena. Er verzehrte sich voller Sehnsucht nach ihr, ihm war, als ob er tausend ausgehungerte schwarze Ranken austrieb, um sie zu umschlingen, bis sie ein Teil von ihm wurde. Er fuhr sich mit den Händen durchs Haar. Sein Zylinder fiel hinter ihm auf die Treppe.
    Eine Warnung durchzuckte seinen Geist, eine, die ihm sagte, dass er immer noch auf der Jagd war und dass sein Geist nicht mehr fähig war, eine Beute von der anderen zu unterscheiden. Wenn er es nur in seine Räume schaffen und sich einschließen konnte, bis sich die Wirkung gelegt hatte …
    Auf dem Treppenabsatz im zweiten Stock umklammerte er völlig verwirrt das Geländer. Wo zum Teufel waren seine Räume? Wo zur Hölle war Leeson, wenn er ihn brauchte?
    Alles um ihn herum, der Teppich und die Treppen, war vertraut, und doch gänzlich fremd, als wäre jedes Ding von bösartigen Kobolden umgeräumt worden. Von oben funkelte das Oberlicht herab wie ein schwarzes Zyklopenauge in verdammender Anklage. Er riss sich die Brille vom Gesicht. Der Rahmen, der normalerweise kühl und glatt auf seiner Haut auflag, verursachte ein Brennen. Das Glas knirschte, als er die Brille mit zitternden Händen in seine Tasche steckte.
    Visionen von der jungen Frau, die ihn nur Stunden zuvor mit solch stillem Vertrauen betrachtet hatte, peinigten ihn. Sein Körper verlangte nach ihr und flehte darum – wie er es in jener Nacht vor zwei Jahren auf dem Dach getan hatte –, dass sie seine Verwirrung und den Schmerz verscheuchen würde.
    Wenn er jagte, verlor er sich in Empfindungen und Drang … Zeit verstrich in Bruchstücken von Erregung und Licht …
    Niemand brauchte ihm zu sagen, wo ihr Bett stand. Selbst auf diese Entfernung konnte er sie riechen. Er konnte ihren Herzschlag hören und die sinnliche Wärme ihres Atems an seiner Haut spüren. Die Szene vor ihm veränderte sich.
    Ihr Zimmer war voller Schatten.
    Sie ruhte auf dem Fenstersims, gestützt von einem Daunenkissen, und sah aus wie eine mittelalterliche Schönheit, die zu tausendjährigem Schlaf verzaubert worden war. Sein hungriger Blick wanderte über ihre blasse Haut und ihr leuchtendes, offenes Haar. Zuvor war sie in Schichten aus Wolle, Seide und Leinen geschnürt gewesen, und selbst da und während er bei gesundem Verstand gewesen war und die absolute

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