Shadow Killer - Und niemand hoert deinen Schrei
gekreuzt und sah entsetzlich selbstzufrieden aus.
Wegen der kalten Brise hätte kein normaler Mensch einen Platz vor dem Café gewählt. Der geheimnisvolle Typ und sie waren also völlig ungestört. Sie knirschte mit den Zähnen, war aber fest entschlossen, sich nicht einschüchtern zu lassen, auch wenn das ganz eindeutig seine Absicht war. Sie versteckte ihre Augen wieder hinter ihrer Sonnenbrille und bedachte ihn, als die Ampel auf Grün umsprang, mit einem bitterbösen Blick. Er wirkte auf sie wie ein Kater, der ein bisschen mit der nächsten Mahlzeit spielen wollte, bevor er sie verschlang.
Becca ließ sich Zeit, als sie die Straße überquerte. Was sollte sie nur sagen? Schließlich hatte sie sich von ihm erwischen lassen, als sie ihm hinterhergelaufen war. Sie ging in Gedanken mehrere Szenarien durch, doch als sie an den Tisch kam, machte er den ersten Schritt.
Er hatte eine dunkle, maskuline Stimme mit einem schwachen spanischen Akzent.
»Ich habe mir erlaubt, Ihr Lieblingsgetränk zu bestellen. Cappuccino mit Zimt, wenn ich mich nicht irre.« Damit stand er auf und zog höflich einen Stuhl für sie zurück. »Sie haben ausgesehen, als könnten Sie eine kurze Pause brauchen.«
Sie setzte ihre Sonnenbrille wieder ab, nahm Platz und blickte auf den Mann, der sich wieder auf den Stuhl ihr gegenüber sinken ließ.
»Sie haben gewusst, dass ich …« Natürlich hatte er gewusst, dass sie ihn verfolgen würde. Gott verdammt! »Und ich schätze, wenn Sie wissen, welchen Kaffee ich am liebsten trinke, kennen Sie auch …«
»… Ihren Namen, Detective Montgomery?«, fiel er ihr gut gelaunt ins Wort und sah sie dabei mit einem Grinsen an, das zwei kleine Grübchen in seinen schmalen Wangen zutage treten ließ. »Auch wenn ich vielleicht wie ein Stalker klinge, muss ich mit ja antworten. Oder ist es Ihnen lieber, wenn ich Sie Rebecca nenne?«
Weder sein überbordender Charme noch der Cappuccino milderten den Schock darüber, dass er wusste, wer sie war.
Er nutzte seinen Vorteil schamlos aus. Mit einem todbringenden Lächeln beugte er sich dicht genug zu ihr über den Tisch, sodass ihr ein Hauch seines Rasierwassers entgegenwehte.
Seine Vertraulichkeit und auch der kleine Tisch verfehlten ihre Wirkung nicht. Die belebte Straße und der Lärm, der sie umgab, verblassten zu völliger Bedeutungslosigkeit. Alles, was sie sah, waren seine dunklen, ungemein verführerischen, honigbraunen Augen. Sie forderten ihre gesamte Aufmerksamkeit, es war ihr vollkommen unmöglich, auch nur ihren Kopf zu drehen. Der Mann starrte direkt in sie hinein – was beunruhigend und gleichzeitig betörend war. Sie spürte eine Verbindung zu dem Kerl, die mit Händen greifbar war, und fragte sich, ob es ihm wohl genauso ging.
Um den Bann zu brechen, schob sie ihre Cappuccino-Tasse an die Seite, stützte sich mit beiden Ellenbogen auf den Tisch und ahmte seine Haltung nach.
»Sie sind mir gegenüber eindeutig im Vorteil. Ich habe nämlich keine Ahnung, wer Sie sind. Haben Sie vielleicht Lust, es mir zu sagen?« Sie legte ihren Kopf ein wenig schräg und wartete ungeduldig ab.
»Einer findigen Frau wie Ihnen? Sie bekommen meinen Namen schon noch früh genug auch ohne mein Zutun heraus.«
Was für ein Geheimniskrämer dieser umtriebige Bastard war! Sie musste sofort die Kontrolle über das Gespräch bekommen, damit sie nicht noch weiter ins Hintertreffen geriet.
»Mir ist aufgefallen, dass Sie sich vor dem Imperial herumgetrieben haben.«
»Ist das ein Verbrechen, Rebecca?« Wieder zogen sein verführerisches Lächeln und seine dunklen Augen sie in seinen Bann. »Wenn ja, verspreche ich, dass Sie mich nicht noch mal dabei erwischen werden. Schließlich bin ich ein gesetzestreuer Bürger.«
Damit trank er den ersten Schluck Kaffee, und Becca starrte wie gebannt auf seinen vollen, ausdrucksstarken Mund. Oh, verflixt! Vielleicht hatte der Mann etwas mit der Brandstiftung zu tun. Konzentrier dich, Beck. Komm endlich wieder zur Besinnung, Frau. Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und zwang sich zu einem Lächeln.
»Apropos ›erwischen‹. Sie scheinen Augen im Hinterkopf zu haben. Wie haben Sie mich entdeckt?«
Während sie diese Sätze sagte, arbeitete ihr Hirn auf Hochtouren, und sie speicherte – natürlich aus rein beruflichen Gründen – in Gedanken eine genaue Beschreibung ihres Gegenübers ab. Er war weit über einen Meter achtzig groß, wog um die fünfundachtzig Kilo, hatte eine schlanke, athletische Figur. Als sie
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