Shadow Killer - Und niemand hoert deinen Schrei
erschreckender Gedanke. Die Isolation, in der er arbeitete und lebte, erfüllte ihn mit einer gewissen Ruhelosigkeit. Er akzeptierte die Dinge nicht länger, wie sie waren, wenn er sich nicht vorsah, brächte er dadurch alles in Gefahr.
Die weißen Rosen hatte er spontan an einem Blumenstand gekauft. Sie waren die einzige Möglichkeit gewesen, Rebecca zu berühren, während er auch weiter Abstand zu ihr hielt. Doch angesichts ihrer Reaktion – sie hatte furchtsam ihren Rücken an die Wand gepresst – hatte er sich Vorwürfe gemacht. Er hätte dem Verlangen, mit ihr in Kontakt zu treten, widerstehen sollen. Denn mit seiner Geste hatte er ihr gegen seinen Willen Angst gemacht.
Was zum Teufel hatte er damit auch bezweckt? Es war bereits ein Riesenfehler von ihm gewesen, den Kontakt zu ihr zu suchen, als er ihr vor dem Imperial begegnet war. Er benahm sich wie ein Idiot. Er hatte nicht das Recht, sich in ihr Privatleben zu mischen. Jemand wie Rebecca würde nie …
Plötzlich trat eine massige Gestalt ins Licht der Deckenlampe und warf einen dunklen Schatten nicht nur auf den Sportteil seiner Zeitung, sondern auf seinen gesamten Tag.
Matt Brogans hässliche Visage tauchte vor ihm auf.
»Wo bist du letzte Nacht gewesen?«
»Weg.« Diego hatte festgestellt, dass Brogan kurze Sätze noch am ehesten verstand.
»Die Antwort reicht mir nicht.«
Brogan, der Tyrann. Er hatte einen fleischigen, kahl rasierten Kopf, der offenkundig ohne Hals direkt auf seinen breiten Schultern saß, und trug einen teuren Maßanzug, obwohl es früh am Morgen war. Diego hatte ihn noch nie in etwas anderem gesehen. Soweit er wusste, hatte dieser Kerl selbst im Bett noch einen Anzug und Krawatte an. Doch ganz egal, wie teuer die Klamotten waren, sahen sie an ihm wie Lumpen aus. Mehr gab es über diesen Typen nicht zu sagen. Außer man zählte neben seinen positiven auch die unzähligen negativen Seiten auf.
Da es ihm nicht gefiel, dass der Kerl auf ihn heruntersah, stand er auf, vorgeblich, um sich frischen Kaffee nachzuschenken. Trotzdem überragte Brogan ihn weiterhin um Haupteslänge, und da er obendrein mindestens fünfundzwanzig Kilo schwerer war, baute sich Diego vorsichtshalber hinter der Kochinsel auf und hob seinen Becher an den Mund. Ein weiterer Vorteil dieser Position war der, dass er die Fratze seines Gegenübers hinter den von der Decke hängenden Töpfen und Pfannen nicht mehr sah.
»Ist vielleicht irgendwer gestorben und hat dich vorher noch zum Aufseher gemacht, Brogan? Du bist doch nur sauer, weil ich dir entwischt bin. Du solltest dich mir besser gar nicht erst an die Fersen heften, wenn du dich sowieso abschütteln lässt.«
Brogan war als kleines Kind auf den Kopf gefallen. Zumindest glaubte Diego das. Denn Hirnschäden erklärten viel.
»Ich verfolge dich, so oft ich will«, stieß Brogan kampflustig wie immer aus. »Für mich bist du ein Außenseiter hier. Du bist doch nichts weiter als ein verdammter Wachhund mit einer tollen Abstammung, der uns von Rivera und Global Enterprises aufgezwungen worden ist. Diese Typen in New York haben doch keine Ahnung von unseren Operationen hier in Texas, wenn der alte Herr ihnen nichts davon erzählt. Wie ich es sehe, braucht Rivera uns viel mehr als wir ihn oder dich. Also geh lieber nicht zu weit.«
»Bisher läuft die Fusion mit Global, wie sie laufen sollte. Ich bin hier, um darauf zu achten, dass sich beide Seiten an die Abmachungen halten. Sobald du auf Castengras Radar erscheinst, wirst du ja sehen, wie sehr irgendwer dich braucht. Tja, und ich wollte auch nicht der Typ sein, der dieses Kartenhaus für Cavanaugh zum Einsturz bringt. Aber vielleicht bist du ja Manns genug und nimmst es gleich mit beiden auf.«
»Willst du mir etwa drohen?«
Diego zuckte mit den Schultern. »Ehrlich gesagt, führe ich gerade eine Studie über den Zusammenhang zwischen ungewöhnlich ausgeprägtem Männlichkeitswahn und Dummheit durch. Ich glaube, du wärst die ideale Testperson.«
Brogan biss die Zähne aufeinander und ballte die Fäuste, nach einem endlos langen Augenblick wich jedoch die Arroganz aus seinem Blick und er stellte fest: »He, ich wahre nur die Interessen unseres Bosses, selbst wenn der alte Herr so blind ist, dass er deine Einsamer-Wolf-Masche anscheinend nicht durchschaut. Du hast zu viel Zeit außerhalb des Reservats verbracht. Bilde dir ja nicht ein, dass mir das nicht aufgefallen ist.«
In dem Bemühen, die ganze Sache herunterzuspielen, legte sich Diego lachend
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