Shadow Killer - Und niemand hoert deinen Schrei
Herz. »Ich will es nicht glauben. Ich weigere mich. Vielleicht sind Sie versucht, Ihre Frustration und Ihren Zorn über die Dinge, die geschehen sind, an Ihrem Bruder auszulassen. Aber ich kann Ihnen nur raten, diesen Fehler nicht zu machen. Gerade jetzt sollten Sie beide zusammenhalten. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich rede. Es ist einfach zu schwer, so etwas alleine durchzustehen.«
Jetzt stiegen auch in ihren Augen Tränen auf, doch das war ihr egal.
»Ich weiß, das wird bestimmt nicht leicht, aber können Sie mir erzählen, wie es war, als Sie Isabel zum letzten Mal gesehen haben, Rudy?« Sie sah und spürte seinen Schmerz. »Glauben Sie mir, ich weiß, wie schwer das für Sie ist. Genau wie ich haben Sie eine offene Wunde in Ihrem Herzen, die nicht heilen wird, solange Sie sie immer weiterschwären lassen. Vielleicht tut Ihnen das Reden ja gut.«
Becca war eine gute Polizistin, sie wusste ganz genau, wie man einen schuldigen Verdächtigen dazu bewegte, dass er eine Tat gestand. Falls Rudy nichts mit dem Mord an Isabel zu tun hatte, würde sie seine Trauer nutzen, um von ihm zu erfahren, was für ihre Ermittlungen wichtig war. Gerechtigkeit war nicht umsonst zu haben, und bisher war sie bereit gewesen, diesen Preis zu zahlen … bis sie Rudy Marquez begegnet war. Einen gebrochenen jungen Menschen zu benutzen, um herauszufinden, was geschehen war, stellte eine große Herausforderung an ihr moralisches Empfinden dar.
»Ich muss mich bewegen. Ich kann nicht mehr stillsitzen.« Damit stand Rudy auf und lief über den asphaltierten Parkplatz auf das mit Mesquitebäumen und niedrigen Büschen zugewachsene, leere Nachbargrundstück zu. Er drehte sich nicht zu ihr um, um zu sehen, ob sie ihm folgte. Vielleicht hatte er ja die Hoffnung, sie täte es nicht.
Doch als Becca loslief, um ihn einzuholen, kam ihr ein Gedanke. Rudy war ein möglicher Verdächtiger, und sie lief ihm allein in Richtung eines leeren Grundstücks hinterher. Aus Gewohnheit tastete sie nach der Waffe, die in ihrem Rückenhalfter steckte, und blickte zu den Männern bei dem Truck zurück. Keiner von ihnen achtete auf sie. Würden sie sich überhaupt daran erinnern, dass sie hier war? Becca drehte sich wieder um und starrte nachdenklich auf Rudys Rücken. Wie mutig sollte sie sein?
Schließlich entschied ihre Neun-Millimeter-Glock.
»Rudy. Bleiben Sie sofort stehen«, rief sie ihm hinterher. »Ich bin nicht in der Stimmung für einen längeren Spaziergang.«
Er verlangsamte sein Tempo und marschierte ziellos auf dem Grundstück hin und her. Selbst in seiner kleinen Welt sah Rudy niedergeschlagen und verloren aus. Bevor er es bis zu den Büschen schaffte, drehte er sich wieder zu ihr um.
»Isabel kam zum Theater, um mich von der Arbeit abzuholen. Mein Wagen war an dem Tag in der Werkstatt. Dieses Mädchen, Sonja Garza, war dabei.« Rudy knabberte an einem Daumennagel und lief weiter hin und her. Dann blieb er plötzlich stehen und stopfte die Hände in die Taschen, doch die Ruhe hielt nicht lange an. »Sie war total aufgebrezelt. Trug ein blaues Glitzerkleid, wie eine erwachsene Frau. Sie sah unglaublich hübsch … aber zugleich viel älter aus.«
»Hatte sie eine Verabredung?«
»Eine Verabredung?« Er stieß ein hohles Lachen aus, rollte mit den Augen und wich den Dingen, die er wirklich dachte, aus. »Ich habe keine Ahnung, Sonja war genauso aufgedonnert. Sie trug irgendein enges schwarzes Kleid. Sie sah billig darin aus. Isabel erzählte mir, sie hätte noch was vor. Sie meinte, ich sollte mich beeilen, aber ich war noch nicht fertig. Ich meine, mein Gott, mit meiner Arbeit habe ich die Familie ernährt. Aber das wusste sie nie zu schätzen.«
»Lassen Sie mich raten. Sie haben sich mit ihr gestritten.«
Er nickte und kaute an seinem Mundwinkel. »Es war wirklich schlimm. Alle anderen haben sich verzogen. Ich nehme an, wir wurden ziemlich laut.«
»Ich muss Ihnen diese Frage stellen, Rudy. Haben Sie Isabel wehgetan?« Sie sah ihn abwartend an.
Er blieb abrupt stehen, riss die Augen auf und meinte mit sich überschlagender Stimme. »Nein, ich schwöre bei Gott, ich hätte ihr niemals etwas angetan. Das müssen Sie mir glauben. Zumindest hätte ich ihr nie so wehgetan, dass sie hinterher blaue Flecken gehabt hätte oder so.«
»Was soll das heißen?«, fragte Becca ihn.
Er zuckte unglücklich mit den Schultern, denn er hoffte offensichtlich, er müsse es ihr nicht erklären, aber sie blieb hart.
»Ich habe sie mit allen
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