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Shadow Touch

Titel: Shadow Touch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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glühte, während ihr Stolz den Abfluss zu ihren Füßen herunterrauschte und sie sich den schmutzigen Kittel und ihre Unterwäsche auszog und dann zur Seite trat. In einem Halter in der Duschkabine lag ein Stück Seife. Sie schrubbte sich, bis ihre Haut wund war, und drehte sich zur Wand herum, damit sie Rictor nicht ansehen musste. Trotz dieser Demütigung fühlte es sich gut an, wieder sauber zu sein.
    »Sie haben fünf Minuten«, verkündete er schließlich.
    Elena stellte das Wasser ab, suchte nach einem Handtuch und fand schließlich auch eines, das zusammengelegt auf dem Boden neben der Dusche lag. Dort befanden sich außerdem ein sauberer Kittel und ein Paar weißer Socken. Rictor wartete, bis sie angezogen war, bevor er sie ansah.
    »Sauber genug?«, erkundigte sie sich und lehnte sich haltsuchend an die Wand der Duschkabine. Das heiße Wasser hatte sie beruhigt; dennoch blieb sie weiterhin wütend, fühlte sich jedoch zu schwach, um etwas zu unternehmen. Artur zu heilen hatte ihre Kräfte vollkommen verzehrt.
    »Es genügt.« Rictor rührte sich nicht, sondern betrachtete sie nachdenklich. Elena wartete, nur zu bereitwillig, dieses Spielchen mitzuspielen.
    »Sind Sie bereit?«, brach Rictor schließlich das Schweigen. Er redete so leise, dass sich Elena vorbeugen musste, um ihn verstehen zu können. Selbst dann brauchte sie aber einen Augenblick, bis ihr seine Worte ins Bewusstsein drangen. Die Frage hatte schwer geklungen, bedeutungsschwanger.
    »Spielt das eine Rolle?«, wollte sie wissen.
    »Das tut es immer«, gab er zurück.
    »Und wenn ich nein sage?«
    Sein Blick lastete auf ihr wie Mühlsteine, abschätzend und urteilend, bevor er antwortete. »Dann werden Sie es nicht überleben. Sie müssen stark sein, Elena, im Geist. Sie müssen bereit sein.«
    »Bereit wofür? Wie kann ich Ihnen vertrauen? Sie sagen mir all dies, und dann erklären Sie, ich sollte Angst haben. Ich bin nicht wie Sie, Rictor. Ich kann keine Gedanken lesen. Warum tun Sie das?«
    Er trat auf sie zu. Seine braune Haut schimmerte in dem
    Licht, das sich auch in seinen hellgrünen Augen zu fangen schien, die strahlend leuchteten. Wieder fühlte sie seine Macht, umhüllt von einer behutsamen, zeitlosen Anmut, und erinnerte sich an diese kurze Präsenz in Arturs Geist, die sie umhüllte und ihnen beiden Kraft gab, diesen Wurm zu bekämpfen.
    Rictor packte ihren Arm und zog sie von der Duschwand weg. Sie stolperte und fiel gegen ihn, bevor sie ihr Gleichgewicht fand. Er tat ihr nicht weh, aber seiner Kraft konnte sie nichts entgegensetzen. Er zog sie wie eine Puppe zur Tür der Duschräume.
    »Mehr kann ich einfach nicht tun, Elena.« Seine Stimme klang hart und gelassen. »Wenn Sie mich umbringen, haben Sie nicht einmal mehr das.«
    »Rictor«, stieß sie atemlos hervor, aber er sah sie nicht an und sagte auch kein Wort mehr.

6
    Als Artur zu sich kam, fühlte er kaltes Plastik unter seinem Rücken. Er ließ die Augen geschlossen, empfand ein leichtes Vibrieren und hörte das Klicken und Summen von Geräten. Tippen. Es roch nach Desinfektionsmitteln.
    Er lauschte dem Echo des Tisches, auf dem er lag. Er nahm die schwache Präsenz eines anderen Mannes war. Eines Sterbenden - dieser Mann war auf diesem Tisch gestorben, und das konnte noch nicht lange her sein. Er war innerlich verblutet, nach einem schrecklichen Aufprall. Ein weiteres Opfer irgendeines Versprechens an die Einwohner der sogenannten Dritten Welt: ein Tag leichter Arbeit für viel Geld. Steig einfach ein. Wir kümmern uns um den Rest.
    Der Schmerz war fort. Er lag noch nackt da, ungeschützt, aber dieser entsetzliche Kopfschmerz war endlich verschwunden. Selbst der Zustrom von Visionen in seinem Kopf fühlte sich besser an, so als wären die Erinnerungen, die ihn durchströmten, sauber und kalt, distanziert, also kein Teil von ihm. Artur hatte sich schon sehr lange nicht mehr so gefühlt. Als hätte er seine Jugend geschenkt bekommen, eine Jugend, die er niemals hatte erleben dürfen.
    Elena hat mir dieses Geschenk gemacht. Sie hat mehr getan, als mich einfach nur zu heilen.
    Außergewöhnlich. Vollkommen bemerkenswert. Er hätte nie gedacht, dass jemand zu so etwas in der Lage wäre, so merkwürdig sein eigenes Leben auch sein mochte. Ein Teil von ihm tastete noch nach ihr, was ihn störte. Es war unsinnig, einer Fremden gegenüber ein solches Verlustgefühl zu empfinden.
    Sie ist keine Fremde. Denn er konnte sich sehr genau an die Berührung von Elenas Geist in seinem

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