Shadowdwellers - Frank, J: Shadowdwellers
eine Drehtür benutzte, um ein Gebäude zu verlassen. Sobald er also zurück in der Dunkelheit eines von Menschen belebten New York war, machte er sich auf den Weg zu seinem Bestimmungsort.
Er brauchte nur fünf Minuten, um die schmutzige Fassade aus Ziegeln und zerbrochenen Glasscheiben zu finden, nach der er Ausschau gehalten hatte. Für die Außenwelt unterschied es sich nicht von den anderen verlassenen Gebäuden, die zu einem Sammelbecken für Obdachlose geworden waren und für die, die hoffnungslos abhängig waren von Crack, Crystal Meth oder Ice.
Vorsichtig stieg er über den Müll, den diese Leute zurückgelassen hatten. Doch der Bereich im Gebäude, den sie nutzen konnten, war begrenzt. Am Ende eines einzelnen großen Raums stießen Außenstehende auf eine dicke Mauer aus Beton und Ziegeln. Wie Trace wusste, befand sich dahinter eine zweite Wand, die genauso dick war. Es war ein geheimer Unterschlupf für Schattenbewohner. Es gab nur zwei Eingänge, und man musste wissen, wie man sie finden konnte. Der erste war der ganz normale Eingang, den er genommen hatte. Der zweite war ein Fluchtweg, der nur in höchster Gefahr benutzt wurde oder wenn Entdeckung drohte. Häuser wie diese gab es überall auf der Welt, versteckt hinter sichtbaren Fassaden und betreut von Schattenbewohnern, die sich entschieden hatten, in den Städten zu leben, um Schattenbewohnern, die unterwegs waren und ihre Route sorgsam planen mussten, einen sicheren Hafen zu bieten.
Trace fand den Eingang, nachdem er auf eine bröckelnde Mauer geklettert war. Er schob eine Hand zwischen einige Ziegelsteine, in die etwas eingeritzt war in alter Schattensprache, einer Symbolsprache, die für einen normalen Außenstehenden wie bedeutungslose Graffiti erscheinen musste, wenn sich überhaupt irgendjemand in eine solche Gegend wagen würde. Er sah sich prüfend um, und alle seine Sinne als Nachtwesen sagten ihm, dass der nächste menschliche Körper mehrere Räume entfernt war. Beruhigt berührte er mit den Fingerspitzen einen Hebel hinter dem Ziegel, und durch einen leichten Druck löste sich die Verriegelung. Die schwere Ziegelmauer glitt auf einem Drehmechanismus nach innen, als hätte sie kein Gewicht, schwang allerdings nur so weit auf, dass er sich in den schmalen Tunnel zwischen der Doppelwand quetschen konnte. Dann musste er ein paar Schritte seitwärts machen, bis er den zweiten Hebel erreichte.
Als die letzte Tür aufschwang, betrat Trace eine völlig andere Welt. Es war, als würde man das Heim eines Sultans betreten; üppig ausgestattet mit Samt und mit Goldintarsien. Mit einem erleichterten Seufzer gelangte Trace zum Hauptsalon, achtete jedoch darauf, dass er von den Anwesenden nicht gesehen wurde.
Eine beachtliche Menge befand sich in dem Raum. Das war zu erwarten gewesen, weil der gesamte Hofstaat und ein Großteil des Senats gerade auf dem Weg nach Norden waren. Natürlich konnten nicht alle im selben Unterschlupf aufgenommen werden, und es gab sorgfältig ausgearbeitete Aufenthaltspläne, doch es war schick und prestigeträchtig, mit den Kanzlern persönlich reisen zu dürfen, weshalb es ein begehrter Ort war. Senatoren, Priester mit ihren Dienerinnen und eine stattliche Zahl von Mitgliedern der Oberschicht waren zusammengewürfelt worden, und der weitläufige Salon wirkte viel kleiner, als er in Wirklichkeit war.
Das erinnerte Trace außerdem daran, wie unmittelbar die Gefahr für die Regenten momentan möglicherweise war. Der bloße Gedanke machte ihm Gänsehaut, während er Senatoren wie Garamond und Ethane misstrauisch beäugte, da sie bekannt dafür waren, gegen die Kanzler Stellung zu beziehen, sobald sich eine Gelegenheit bot. Doch es wäre dumm gewesen, sich allein auf sie zu konzentrieren. Wie während der Kriege zwischen den Klans würde er jeden verdächtigen müssen, von Declan, dem Schatzmeister, bis zu Killian, dem Sicherheitschef. Drenna könnte ihnen helfen, wenn es jemand wie Killian war. So viel Vertrauen, wie er genoss? So dicht, wie er an den Sicherheitsvorkehrungen für die Zwillingsregenten dran war?
Auf der anderen Seite des Raums begegnete Trace einem vertrauten Augenpaar. Es war wirklich nicht schwer, die Hausherrin auszumachen. Sie war die Einzige im Raum, die nicht in dunkles Blau, in Braun oder in Schwarz gekleidet war. Stattdessen trug sie ein pfauenblaues Satinkleid, das in üppigen Falten ihren schlanken Körper umspielte. Sie konnte es sich leisten, kräftige Farben zu tragen, weil sie die sicheren
Weitere Kostenlose Bücher