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Shadowdwellers - Frank, J: Shadowdwellers

Shadowdwellers - Frank, J: Shadowdwellers

Titel: Shadowdwellers - Frank, J: Shadowdwellers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
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überwinden, und machte sich auf den mühevollen Weg durch die Straßen von New York.
    Er musste nicht weit gehen, bis er in den dunklen Tunnel der Untergrundbahn gelangte. Anders als im »wirklichen« New York gab es keine gelben Lichter und keinen Funkenflug vorbeifahrender Züge oder das Quietschen der Bremsen auf den Gleisen. Heutzutage konnte man die schwächeren Lichter in einer Stadt kaum mehr wahrnehmen, aber für einen Schattenbewohner war kein Licht zu schwach, als dass er es nicht bemerken würde. Nur der Mond und die Sterne und ein mattes Kerzenlicht waren erträglich, doch darüber brauchte er sich im Schattenreich keine Sorgen zu machen. Im Lichtreich waren die Untergrundbahn und andere Tunnelsysteme ein häufig genutztes Mittel, um in den Städten der Menschen zu reisen, die von Licht durchflutet waren – sofern man die lichtdurchfluteten Stationen und Knotenpunkte mied.
    Trace sprang auf das Gleis und ignorierte wie gewohnt die Geschwindigkeit der Züge. Er tat sehr wenig im Schattenreich, was er nicht auch im Lichtreich getan hätte. Es war schon vorgekommen, dass irgendetwas eine spontane Materialisierung auslösen konnte. Normalerweise passierte das nur jüngeren oder schwächeren Schattenbewohnern, bei denen der entmaterialisierte Zustand mangels Erfahrung und weil sie zu wenig Kraftreserven hatten, nicht stabil war. Schattenbewohner mit Trace’ außergewöhnlichen Kräften würden allerdings nicht einmal von einer schweren Verletzung beeinträchtigt. Was nicht bedeutete, dass eine Verletzung und ein zusätzlicher Stressfaktor nicht doch dazu führen konnten, weshalb er sehr vorsichtig war, als er sich unterirdisch durch die Stadt bewegte.
    Trace blieb stehen, als ein Zug auf dem Nachbargleis an ihm vorbeirauschte. Das Vibrieren, das der Zug unter seinen Füßen auslöste, war vertraut, und trotz seiner Verletzung war er völlig unbesorgt, als die Gefahr mit tödlicher Geschwindigkeit so dicht an ihm vorbeizischte.
    Wenig später sprang er von den Gleisen, und seine Schritte wurden länger und schneller, so wie sein Körper sich selbst heilte. Als er bei der Station Hunt’s Point den Untergrund verließ, fühlte er sich fast wieder gesund.
    Jetzt nutzte er endlich die Gelegenheit, sich wieder sichtbar zu machen.
    Weil er so machtvoll war und seine unsichtbare Gestalt so vollkommen, bedurfte es beinahe einer ebenso großen Anstrengung, aus dem Schattenreich zu entkommen, wie es zu betreten. Das Entscheidende war allerdings, das Licht zu erspüren. Besser gesagt: die Dunkelheit. Er wusste, welche Objekte er im Lichtreich meiden musste, weil sie Licht abgaben. Doch es war wichtig, auf unerwartete Dinge vorbereitet zu sein. Schattenbewohner hatten viele verschiedene Sinne und Fähigkeiten, doch nichts war schärfer ausgeprägt als der Sinn für Licht und als die körperlichen Alarmzeichen, die ausgingen, wenn er in Kontakt damit zu kommen drohte. Trace achtete darauf, bevor er sich vollständig materialisierte. Das würde ihn warnen, falls er sich dabei in Gefahr begab.
    Es war fast immer herzzerreißend, wenn man die perfekte Dunkelheit und die Freiheit des Schattenreichs verlassen musste. Es gab nichts, was man fürchten musste in einer Welt, die so perfekt war für seine Spezies. Zumindest eine Zeit lang nicht. Es war, wie wenn einem überraschend Tränen in die Augen stiegen, ein Gefühl, als würde man den Halt verlieren. Es brannte ihm in den Nebenhöhlen und hinter den Augen, und ein Gewicht, das er im Schattenreich nicht spürte, drückte auf seine Brust, als er ins Lichtreich hinüberwechselte. Seine Hände und Füße wurden ein wenig taub, doch nach und nach kehrte das Gefühl wieder zurück, so als hätte man bloß in einer verkrampften Haltung geschlafen. Das alles geschah in einem Zeitraum von sechzig Sekunden, und die ganze Zeit über drangen die Geräusche und das Vibrieren der realen Welt auf ihn ein. Sirenen, das anschwellende Heulen einer Hupe und sogar das wilde Kläffen gereizter Hunde – all das durchströmte ihn und erinnerte ihn daran, wie die Stadt sein konnte, wenn sie tatsächlich von Menschen belebt war.
    Und im nächsten Atemzug war die Verwandlung vollzogen.
    Doch für einen Mann von Trace’ Lebensalter war das alles ein alter Hut. Er hatte schon als Junge, vor ungefähr zweihundert Jahren, gelernt, sich unsichtbar und wieder sichtbar zu machen. Seither hatte er so oft und aus so vielen Gründen die Sphären gewechselt, dass es für ihn nicht anders war, als wenn er

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