Shadowdwellers - Frank, J: Shadowdwellers
sie.
Trace sah, wie sie ihn aus diesen großen blauen Augen stumm anblinzelte, während das matte Blond ihrer Augenbrauen zu funkeln schien. Auf seiner Zunge lag noch immer der bittere Geschmack des Selbstekels, seit ihm bewusst geworden war, dass er so mit sich selbst beschäftigt gewesen war und mit dem Schaden, den seine eigene Welt erlitten hatte, dass er den Schaden, den sie vielleicht erlitten hatte, gar nicht beachtet hatte. Er hatte die Suche nach ihr zuvor viel zu schnell aufgegeben. Es war falsch und undankbar gewesen, und je länger er seinen Blick über ihre zerschundene Haut gleiten ließ, desto mehr verachtete er sich dafür.
»Ich kann, aber … aber ich … «
Sie zögerte, während sie durch den glitzernden Schleier ihrer Wimpern zu ihm aufblickte, eine Schulter hochgezogen, als erwartete sie das Schlimmste von ihm. Wie sollte sie auch nicht? Was hatte er schon von sich preisgegeben, außer Gedankenlosigkeit und grausamer Missachtung von allem, was seinen ureigensten Bedürfnissen nicht entsprach?
»Halt«, flüsterte sie auf einmal und hob zitternd die Hand, um ihm sanft die Finger auf den Mund zu legen. »Ich ertrage das nicht!«
Trace verstand nicht, was sie meinte, und ihre Geste verwirrte ihn, so wie alles an ihr. Dann wurde ihm schlagartig bewusst, dass sie nicht wollte, dass er mit sich selbst so streng ins Gericht ging wegen seiner Verfehlungen. Als könnte sie ihn hören und es täte ihr im Herzen weh, bat sie ihn, damit aufzuhören.
»Du liebe Dunkelheit, du kannst ja meine Gedanken lesen!«, zischte er leise, und er wusste nicht, was er davon halten sollte. Seine Beklommenheit und Sorge waren nur natürlich, wenn man bedachte, wie verwundbar ihn das machte und die Personen, deren verborgenste Geheimnisse er schützte, aber …
»Ich kann nicht! Wie lächerlich, das zu sagen!«
»Dann erklär mir diese Bemerkung!«
»Erklären Sie mir zuerst Ihre!«, schoss sie zurück, und Tränen brannten in ihren Augen und machten sie nur noch wütender. »D-das ›menschliche Mädchen‹, die … die ›Monarchie‹ … d-das seltsame … « Was sie sagte, ergab keinen Sinn, das war beiden klar, doch Ashla war zu aufgewühlt, um einen klaren Gedanken zu fassen.
»Warum hast du dich selbst nicht geheilt?«, verlangte er zu wissen, da der mitgenommene Zustand ihres Körpers die Oberhand über alles andere gewann, was ihn bedrängte.
Sie hielt sich den Mund zu und schüttelte den Kopf, so als müsste sie mit dieser körperlichen Geste ihre Gefühle unterdrücken und als würde ihr das Sprechen den letzten Rest Selbstkontrolle rauben. Trace hatte noch nie erlebt, dass so viele Gefühle auf einmal in ihm durcheinanderwirbelten. Er konnte ihr kaum vorwerfen, dass sie von der Situation überwältigt war, wo er doch selbst am liebsten laut hinausgeschrien hätte, was unablässig durch seine Gedanken raste. Irgendetwas wühlte tief in ihm, etwas, dessen er sich nicht bewusst gewesen war, und das Gefühl war so stark, dass er das Bedürfnis hatte, es wieder an den Ort zu verbannen, wo es hergekommen war.
»Bei Licht und Dunkelheit, das ist verrückt«, sagte er mit rauer Stimme, während er sich mit der einen Hand durchs Haar strich und die andere Hand reflexartig um ihre Wade schlang. Für einen Moment meinte er die Schattenreicheuphorie in sich aufsteigen zu spüren, doch er verwarf den Gedanken rasch wieder, weil er wusste, dass er erst seit kurzer Zeit hier war und es mindestens zwei Tage dauerte, bis die Wirkung eintrat.
Damit kam nur noch eine Variable infrage, die sich im Gegensatz zu früher geändert hatte.
Ashla.
»Mein Name ist Trace«, sagte er und beugte sich tiefer über ihren halb liegenden Körper. Augenblicklich versuchte sie, wieder Abstand zwischen sie zu bringen, aber dazu hätte sie sich ganz hinlegen müssen. Ashlas Herz pochte wild, als er ihr so nah kam, dass sie seine Körperwärme überall spüren konnte. »Ich glaube, ich habe es bisher versäumt, dir das zu sagen«, sagte er sachlich zu ihr, und seine Worte klangen so, als hätte er sie sorgfältig bedacht. Doch aus dem höflichen und neutralen, erklärenden Tonfall, um den er sich bemüht hatte, konnte Ashla die Zärtlichkeit heraushören, die in seiner Stimme mitschwang und die sie an das animalische Geräusch erinnerte, das er zuvor gemacht hatte. »Ich bin ein wichtiger, intelligenter und vernunftbegabter Mann. Verstehst du?«
Sie nickte rasch, doch bei dieser Geste verdüsterte sich sein Gesicht in einem Ausdruck
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