Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
mich der Alptraum von neuem.
Ich hatte vereiste Felsen erklommen auf der Suche nach der schönen traurigen Frau; ich rief nach ihr und war sicher, sie hinter dem nächsten Gipfel zu finden. Alles, was ich dann auf der anderen Seite sah, waren Stundengläser mit schwarzem Sand, der schnell in die untere Hälfte des Glases rieselte. Ich rannte von einer Sanduhr zur anderen, drehte sie um, aber sie leerten sich innerhalb von Sekunden.
Kurz bevor ich zum letzten Mal aufwachte, wurde mir klar, dass ich die Frau nicht finden konnte, weil ich zu lange gewartet hatte. Die Zeit hatte entscheidende Bedeutung, und ich war zu spät. Die Frau war weg. Die Hoffnung hatte sich ebenfalls verflüchtigt.
Ich hatte es verbockt.
Ich duschte und zog mich an; das Versagen lastete schwer auf mir. Um ein kleines Erfolgserlebnis zu haben, rückte ich den Trümmern im demolierten Laden mit einem Besen und einer gehörigen Portion Rachedurst zu Leibe. Stundenlang klopfte ich Holzspäne und Splitter aus Barrons’ Teppichen und fegte Scherben zu kleinen Häufchen.
Dani kam herein und machte die Tür zu. »V’lane sagte, dass du mich sehen willst. Keine Ahnung warum, aber da ich heute Morgen ohnehin nicht viel zu tun habe, dachte ich, ich könnte mir wenigstens anhören, was du zu sagen hast. Es sollte allerdings was anderes sein als das letzte Mal; da hast du nämlich nicht wie eine Freundin mit mir gesprochen.« Sie plusterte sich auf. »V’lane hat mir Schokolade gebracht. Mann – als wäre ich sein Valentinsmädchen oder so was. Wir haben uns unterhalten, er und ich. Ich hab ihm gesagt, dass ich bald vierzehn werde und ihm eines Tages meine Jungfräulichkeit schenken möchte.«
Ich ächzte. Das hatte sie ihm eröffnet? Bevor ich ihn zu ihr geschickt hatte, musste er mir schwören, dass er seine tödliche Erotik ausschaltet. »Über deine Jungfräulichkeit und V’lane werden wir ausführlich sprechen, sobald sich die Dinge beruhigt haben.«
»Es gibt Neuigkeiten, Mac – die Dinge werden sich nie beruhigen. Die Welt bleibt so, wie sie ist. Das ist das Leben heutzutage.« Trotz ihres lässigen Gehabes und des schnoddrigen Tons blieben ihre Augen kalt. Wachsam.
Harte Worte. Noch härter war, diese Wahrheit zu schlucken. Ich würde mich niemals damit abfinden. »Es wird nicht so bleiben, Dani. Das lassen wir nicht zu.«
»Was können wir dagegen tun? Die Welt ist zu groß. Außerdem war es gar nicht so schlecht, bis du so zickig geworden bist. Ichdachte, wir beide wären wie zwei Erbsen in einer Megahülse, und es gibt kein anderes Gemüse auf dem Teller. Dann tust du so, als würdest du dich an den Lord Master ranmachen. Und pisst mich an.« Sie sah mich mit einem anklagenden Blick an: Du hast mich im Stich gelassen. Ich war ganz allein. Aber jetzt bin ich hier, und du solltest besser einen guten Grund haben, dass du mich gerufen hast. Sie holte einen Apfel aus ihrer Tasche und fing an zu essen.
Bevor V’lane letzte Nacht gegangen war, hatte ich ihn gebeten, sie heute Morgen zu suchen und ihr zu sagen, dass Barrons niemals tot gewesen war, dass ich mich aus taktischen Gründen auf Darroc eingelassen hatte und wegen meiner Schroffheit um Verzeihung bitte. Aber die Entschuldigung durch einen Stellvertreter konnte eine persönliche nicht ersetzen. Sie musste sie aus meinem Mund hören. Und ich musste sie aussprechen.
»Tut mir leid, Dani. Es war schrecklich für mich, dich so zu verletzen.«
»Mann, übertreib bloß nicht. Du hast mich nicht verletzt. Dazu braucht es viel mehr als so was. Ich dachte mir schon, dass du Theater spielst. Keine große Sache. Ich wollte dich nur sagen hören, dass du ein Arschloch warst.«
»Ich war ein Arschloch. Und es mag dich nicht gestört haben, aber für mich war es furchtbar. Vergibst du mir?«
Sie zuckte mit den Schultern und sah mich verunsichert an. In der Abtei wurde sie entweder herumkommandiert oder nicht beachtet – eine andere Behandlung hatte sie nie erfahren. Ich bezweifle, dass sich jemals jemand bei ihr wegen irgendetwas entschuldigt hatte.
»Dass du gesagt hast, dass du ein Arschloch warst, reicht schon, Menschenskind. Werd bloß nicht so gefühlsduselig wie alle Erwachsenen. Bah!« Sie umrundete die kläglichen Überreste der Registrierkasse und versuchte, mich anzugrinsen, aber es gelang ihr nicht. »Also, was war? Ist hier ein Mini-Tornado durchgefegt?«
»Zieh den Mantel aus«, wich ich ihr aus. Ich konnte schlecht sagen: Nachdem ich Barrons getötet hatte, war er so
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