Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
perfekt.
Er lebte!
Als ich wieder aufstand, fiel mir etwas vom Schoß, und ich bückte mich, um es aufzuheben.
Es war das Foto von Alina, das ich in den Briefkasten meiner Eltern gesteckt hatte, als mich V’lane nachts nach Ashford gebracht hatte, um mir zu zeigen, dass er meine Heimatstadt wieder inOrdnung brachte und meine Eltern beschützte. In derselben Nacht hatte mich Darroc anhand des Zeichens in meinem Nacken verfolgt und später meine Eltern entführt.
Dieses Foto war die Trumpfkarte, die Darroc an die Ladentür geheftet und mit der er mich aufgefordert hatte, durch den Spiegel zu treten, falls mir das Leben von Mom und Dad etwas bedeutete.
Dass Barrons mir die Aufnahme dagelassen hatte, verriet mir eines: Es war ihm gelungen, meine Eltern zu retten, bevor ich ihn per IYD ins Spiegellabyrinth gerufen hatte. Er hatte mir das Bild nicht zum Geschenk gemacht oder zugesteckt, damit ich mich besser fühle. Nein, er verfolgte damit denselben Zweck wie seinerzeit Darroc. Er wollte mich warnen.
Ich habe deine Eltern, also spiel keine Spielchen mit mir.
Okay, er war ein bisschen sauer auf mich. Damit konnte ich leben. Hätte er mich getötet, wäre ich auch ein bisschen sauer, auch wenn es noch so irrational wäre. Er würde schon darüber hinwegkommen.
Mehr konnte ich nicht verlangen. Na ja, ich könnte – ich hätte Alina gern zurück und würde gern all die Feenwesen tot sehen, aber so war es auch gut. Dies war eine Welt, in der ich leben wollte.
Meine Eltern waren in Sicherheit.
Ich presste den Brief und das Foto an mich. Es war schrecklich, dass Barrons aus dem Haus gestürmt war und mich auf dem Boden liegen lassen hatte, aber ich hatte einen Beweis für seine Existenz und wusste, dass er wieder da war.
Ich war sein Feenobjekt-Detektor, und er war der FeenobjektDirektor. Wir bildeten ein Team.
Er lebte!
Ich wollte die ganze Nacht wach bleiben und das wonnige Wissen, dass Jericho Barrons am Leben war, genießen, doch mein Körper hatte anderes vor.
In dem Moment, in dem ich mein Zimmer betrat, brach ich geradezu zusammen. Wenn ich eins nach Alinas Tod gelernt habe,dann das: Trauer ist körperlich anstrengender als ein täglicher Marathonlauf. Sie macht einen fertig und hinterlässt Verletzungen an Körper und Seele.
Mir gelang es noch, mir wie eine Idiotin grinsend das Gesicht zu waschen und die Zähne zu putzen, aber die Zahnseide oder Nachtcreme zu benutzen war mir schon zu viel Mühe. Ich wollte mich nur noch zusammenrollen und von dem tröstlichen Gedanken, dass ich ihn nicht umgebracht hatte, in den Schlaf wiegen lassen. In diesem Punkt hatte ich keine Schuld auf mich geladen. Er war nicht tot.
Es grämte mich, dass er nicht gewartet hatte, bis ich wieder bei Bewusstsein war. Zu gern hätte ich gewusst, wohin er gegangen war. Ich wünschte, ich hätte ein Handy.
Ich hätte ihm all die Dinge gesagt, die ich bisher nicht ausgesprochen hatte. Hätte ihm meine Gefühle gestanden und keine Angst davor gehabt, zärtlich zu sein. Als ich glaubte, ihn verloren zu haben, war ich mir meiner Empfindungen bewusst geworden, und jetzt hätte ich am liebsten vom Hausdach geschrien, was er mir bedeutete.
Allerdings hatte ich nicht nur keinen Schimmer, wo er war, sondern war auch so kaputt, dass ich mich kaum rühren konnte. Schmerz war der Leim, der meinen Willen und meine Knochen zusammenhielt. Ohne ihn war ich schlapp.
Morgen war auch noch ein Tag.
Und Barrons würde ihn erleben.
Ich zog mich aus und kroch ins Bett.
Noch während ich die Decke hochzog, war ich weg. Ich schlief, als ob ich monatelang ohne Nahrung durch die Hölle gewandert wäre.
Meine Träume waren so lebhaft, dass ich das Gefühl hatte, alles wirklich zu erleben.
In meinem Traum starb Darroc wieder vor meinen Augen, und ich war wütend, weil mir der Hieb der Jägerpranke so kurz vor dem Ziel die Möglichkeit stahl, ihm selbst den Garaus zu machen und meinen Rachedurst zu befriedigen. Ich träumte, im Spiegellabyrinth zu sein und nach Christian zu suchen – ohne Erfolg. Dann befand ich mich wieder in der Abtei, lag auf dem Bodenmeiner Zelle, und Rowena kam herein und schlitzte mir die Kehle auf. Ich spürte, wie das Blut aus mir herausgurgelte und den erdigen Boden in Matsch verwandelte. Ich träumte, dass ich an dem kalten Ort Jagd auf die schöne Frau machte, dass es mir jedoch nicht gelang, sie einzuholen. Und dann hatte ich es in meinem Traum plötzlich geschafft – ich hatte die Welt vernichtet und durch die ersetzt,
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