Shakran
kurz nach elf betrat Ann Mankowitz als Andrea Weston die Bank. Sie wurde mit der üblichen geschäftsmäßigen Freundlichkeit empfangen. Ein Sicherheitsmann der Bank und ein Bankangestellter begleiteten sie zum Raum mit den Schließfächern. Der Bankangestellte benutzte den Schlüssel der Bank, danach sahen er, die Sicherheitskameras und der Sicherheitsmann diskret weg.
Schon wenig später war die junge Frau fertig. Das Schließfach wurde wieder geschlossen, und sie begab sich durch die Schalterhalle Richtung Ausgang.
Ein adrett gekleidetes junges Pärchen bewegte sich auf sie zu. Plötzlich traten ihr zwei Männer in den Weg.
»Andrea Weston?«, fragte der dunkelhäutige Mann.
Sie nickte.
»Samuel Clemens, FBI. Das ist mein Kollege Richard Small. Ich möchte Sie bitten, mitzukommen.«
»Bin ich verhaftet?«
»Nein, wir haben nur ein paar Fragen an Sie. Wenn Sie uns bitte folgen würden ...«
Das junge Pärchen schien sich plötzlich anders zu entscheiden, es wechselte die Richtung und suchte Blickkontakt zu einem anderen Pärchen. Dort zuckte jemand mit den Schultern. Die beiden Pärchen beobachteten, wie die FBI-Agenten zusammen mit Andrea Weston in eine dunkle Limousine stiegen und davonfuhren.
»Hast du es bekommen?«, fragte Mark, als Samson von der Hauptstraße abbog. Er warf einen Blick nach hinten, obwohl er wusste, dass er sowieso nicht erkennen würde, ob sie verfolgt wurden.
Ann nickte. »Es war alles noch so, wie ich es hinterlassen habe.« Sie sah Samson an. »Samuel Clemens? Ich wette, dass das nicht auf dem Ausweis steht.«
»Ich finde, der Name hat was«, antwortete Samson. Dann wandte er sich an Mark. »Hast du sie in den Kasten bekommen?«
»Klar doch!« Mark lachte.
Samson nickte. »Vielleicht finden wir etwas heraus. Vielleicht nicht. Schaden wird es wohl kaum ...« Wieder warf er einen Blick in den Rückspiegel.
Ann öffnete ihre Handtasche und holte ein blaues Spiral-Notizbuch und einen CD-Rohling heraus. »Wie weit noch?«, fragte sie.
»Ungefähr zehn Minuten«, sagte Samson.
Auch Mark warf einen Blick nach hinten, dann ließ er sich in das Polster fallen. »Verdammt, meine Nerven sind total ruiniert. Diese Sorte Spielchen ist was für junge Leute.«
Ein Polizeiwagen zog an ihnen vorbei und schaltete das Blaulicht ein.
»Verdammte Scheiße!«, fluchte Mark.
Der Polizeiwagen schaltete die Sirene dazu, beschleunigte, wendete dann mit quietschenden Reifen genau vor ihnen und rauschte mit heulender Sirene wieder an ihnen vorbei.
»Das schlechte Gewissen ...«, sagte Samson und zeigte seine perlweißen Zähne.
Ann blätterte in dem Notizbuch.
»Hast du schon eine Ahnung, worum es geht?«, fragte Mark.
Sie schüttelte den Kopf. »Es ist Steno. Wie es aussieht, hat der Senator sich Notizen zu Treffen gemacht, an denen er teilgenommen hat. Bis jetzt sieht das aus wie mehrere hochkarätige Aufsichtsratstreffen.« Sie lächelte. »Der Gastgeber hat Wert darauf gelegt, dass die anderen Mitglieder des Komitees auf keine Annehmlichkeit verzichten müssen ...« Sie blätterte weiter. »Sieht so aus, als ob hier jemand auf junge, rothaarige Mädchen steht. Der Senator schreibt: Ich habe gefragt, wie alt die Mädchen sind. Man hat mir gesagt, jedes sei älter als sechzehn, auch wenn sie sehr jung aussehen, schließlich soll ja alles legal sein. Ich habe da meine Zweifel.
»Mist. Ich kann kein Steno«, sagte Mark. »Wie sieht es bei dir aus, Samson?«
»Sehe ich aus wie eine Sekretärin?«
Ann zog die Augenbrauen hoch. »Dir ist doch wohl klar, dass diese Äußerung politisch nicht korrekt war ...«
64
D as müsste es sein«, sagte Samson. Er hielt vor einem schmiedeisernen Tor. Der Kiesweg dahinter sah aus, als hätte ihn lange Zeit niemand benutzt.
»Bist du sicher?«, fragte Mark. Er sah sich sorgsam um, sein Blick blieb an einer Kamera hängen, die den Wagen von einem der Torpfosten aus anvisierte.
»Tom war sich sicher, dass er das arrangieren kann. Und bis jetzt habe ich den Eindruck, dass man sich auf ihn verlassen kann«, sagte Ann.
»Kann man auch. Aber er ist ein Amateur, ich bin mir nicht sicher, ob es so eine gute Idee war, ihn mit hineinzuziehen.«
»Er ist schon längst mittendrin. Und er ist motiviert ...« Sie griff unter ihr Jackett, prüfte, ob ihre Waffe richtig saß, und wollte aussteigen. Mark legte seine Hand auf ihren Arm. »Was willst du tun?«
»Aussteigen und klingeln. Was sonst?«
Mark ließ die Hand sinken. Ann stieg aus. Mit einem Seufzer
Weitere Kostenlose Bücher