Shakran
gleich vier Frauen, auf die diese Beschreibung passen würde«, meinte er trocken.
Smith zuckte mit den Schultern. »Mehr war nicht rauszuholen.«
»Und was ist mit dem Farbigen?«, fragte Val.
»Nicht viel besser. Sehr groß, kräftig, gut gekleidet. Die Frau sagt, es wäre ein Maßanzug gewesen. Der männliche Zeuge gibt an, der Mann hätte eine gebrochene Nase gehabt und geblutet.«
»Blutspuren?«, fragte Mark hoffnungsvoll, doch Smith schüttelte nur den Kopf.
»Was passierte dann?«, fragte Val. »Mit dem Farbigen?«
»Der kam zu sich, noch bevor die Kollegen hier waren. Übrigens sehr schnell, keine zwei Minuten nach dem ersten Schuss. Die Kamera dort hinten hat aufgenommen, dass der Farbige aufstand, den Zeugen freundlich zunickte und dann einfach wegging. In diese Richtung ...« Smith wies mit seinem Stift auf die Querstraße, die hinter dem Park entlangführte. »Er kümmerte sich nicht um seinen Kollegen, er schien es nicht mal besonders eilig zu haben.« Smith runzelte die Stirn. »Wir wissen, dass die beiden vorher in dem Eiscafé dort drüben gesessen haben. Seltsam, der große Farbige scheint sich in Luft aufgelöst zu haben, obwohl er eigentlich jedem hier hätte auffallen müssen.«
»Und das ist alles?«, fragte Mark enttäuscht.
Smith nickte. »Bis jetzt, ja.«
»Gut«, sagte Val entschlossen. »Offensichtlich war es ein Anschlag auf unsere Zeugin. Wenn die Gegenseite sie finden kann, dann können wir das auch. Wie viele Einwohner hat Villiamsburg?«
»Knapp unter zwanzigtausend.«
»Dann sollten wir in Ihr Büro fahren und herausfinden, wer von diesen knapp zwanzigtausend gestern Grund hatte, sich am Flughafen aufzuhalten.«
»Und«, meinte Mark, als sie wieder in ihren Wagen stiegen, »hältst du sie immer noch für schuldig?«
»Ich halte sie für jemanden, der den Kampf mit zwei Profis aufnimmt, einen von beiden erschießt, den anderen, der mehr als das Doppelte wiegt, bewusstlos schlägt und immer noch nicht der Meinung ist, die offiziellen Stellen zu informieren«, antwortete Val kühl. »Wer auch immer sie ist, sie hat Dreck am Stecken. Fragt sich nur, ob der Dreck mit unserem Fall zu tun hat oder nicht.«
10
S amson musterte sich im Spiegel des Waschraums und nickte zufrieden. Besser ging es im Moment nicht.
Er wusste gar nicht mehr, wie oft er schon vorsorglich neue Kleidung irgendwo deponiert hatte, doch heute war es das erste Mal, dass er sie tatsächlich brauchte. Zwar waren hier, im Hauptbahnhof von Washington, auch überall Kameras angebracht, aber er hoffte, dass noch keiner genau wusste, wonach er suchen sollte.
Ganz in Schwarz. Man wirkte seriös, aber langweilig. Vielleicht war man in Trauer. Dann hielten die anderen pietätvoll Abstand. Gut so. Die Brille ließ ihn harmlos aussehen, soweit das bei seinem massigen Körper möglich war, und auch wenn sie höllisch wehtat, kaschierte sie wenigstens ein bisschen die gebrochene Nase, die Gott sei Dank aufgehört hatte zu bluten. Sie war dick und geschwollen, und er bekam kaum Luft. Und dann noch die bohrenden Kopfschmerzen. Aber das alles konnte man ihm nicht ansehen, und von Weitem war die Schwellung ohnehin kaum zu erkennen.
Halleluja. Er lebte noch. Wenn er daran dachte, wer ihm die Nase gebrochen hatte, dann war das wirklich ein kleines Wunder. Er nahm die Reisetasche mit der blutverschmierten Kleidung, setzte sich in das Bahnhofsrestaurant und bestellte sich einen Kaffee.
Die rechte Hand lag ruhig auf dem Tisch. Der Zeigefinger war geschwollen, aber solange die Knochen nicht aneinanderrieben, ging es einigermaßen.
Es gab mehrere Optionen für ihn, aber keine sagte ihm so richtig zu. Die erste und naheliegendste wäre, zu seinem Auftraggeber zurückzugehen und zu berichten, wie Tonio alles versaut hatte. Diese Option hätte den Vorteil, dass sie wahr wäre. Keine gute Idee.
Die zweite Option wäre, nach Villiamsburg zurückzukehren und Ann Mankowitz umzulegen. Auch keine gute Idee.
Die dritte Option wäre, sich aus dem Staub zu machen und zu hoffen, dass man ihn so lange nicht fand, bis sich das Thema von allein erledigt hatte. Eigentlich die schlechteste aller Optionen, aber die vernünftigste.
Vernünftig, ja. Aber seit wann war er vernünftig? Er lachte auf. Ein anderer Gast hob den Kopf und sah zu ihm herüber. Samson schenkte ihm ein freundliches Lächeln.
In seine Überlegungen schlich sich ein kleines Problem. Er wusste jetzt, wer die Frau war ... Irgendetwas stank hier ganz gewaltig zum
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