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Shakran

Shakran

Titel: Shakran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Winter
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flüchtigen Blick daraufgeworfen. Der Ort kam ihm bekannt vor. Das Bild war im Park aufgenommen worden, nicht weit von der Stelle entfernt, wo dieser Schusswechsel stattgefunden hatte. Ann Mankowitz saß unter einem Baum, die Hände um die Beine geschlungen, und lachte in die Kamera. Sie hatte ein leichtes Sommerkleid an, wirkte unschuldig und ... nett. Um sie herum lagen fünf oder sechs Decken auf dem Rasen, darauf alberten gut zwei Dutzend Teenager herum und genossen ein Picknick im Park. Sie wirkte entspannt, glücklich, jung.
    Er gab Val das Bild zurück und sah sie fragend an.
    Sie machte eine weit ausholende Geste. »Schau dich nur mal um. Villiamsburg ist wie aus einem verdammten Bild von Grandma Moses. Man hat irgendwie das Gefühl, dass es hier verfassungsmäßig verboten ist, etwas Schlimmes zu tun. Ich wusste gar nicht, dass es dieses Amerika noch gibt.«
    Mark schüttelte den Kopf. »Doch, das gibt es noch. Der einzige Unterschied zwischen Villiamsburg und vielen anderen Kleinstädten ist, dass man hier in Villiamsburg noch Geld hat. Und Leute, die für sich eine Zukunft sehen, ohne dass sie in den Moloch Großstadt abwandern müssen.« Er sah Val lange von der Seite an. »Du bist tatsächlich in New York aufgewachsen?«
    »Ich habe es dir doch gesagt: in der Bronx. Katholisches Waisenhaus.«
    Mark konnte es irgendwie nicht glauben. Val war perfekt. Er nahm sich nie die Zeit, so sorgfältig auf sein Äußeres zu achten. Er fuhr über seine kratzigen Wangen. Er brauchte keinen Blick in den Spiegel zu werfen, um zu sehen, wie verknittert sein Anzug war.
    Val dagegen war gepflegt: Schuhe, Strümpfe, Kostüm, Frisur, dezentes Make-up. Man hörte bei ihr einen leichten Bostoner Akzent heraus, er wusste, dass sie Französisch und Italienisch sprach, und in einem Fünf-Sterne-Restaurant wusste sie, mit welchem Besteck man welches Gericht zu essen hatte.
    Sie sah über die Stadt. »Der Blick von hier oben gefällt mir.«
    Mark nickte. Ihm auch, aber es war Val, die er ansah, nicht die Stadt. Das wusste sie auch.
    »Ich dachte immer, du bist mit dem berühmten silbernen Löffel im Mund aufgewachsen«, sagte er leise.
    Val lachte. »Wie lange arbeiten wir jetzt zusammen? Sechs Jahre? Sieben?«
    »Du hast Marcia noch gekannt. Also sind es acht.« Mark schüttelte eine Zigarette aus der Packung und zündete sie sich an.
    Val sah ihn wieder an. »Ich habe hart gearbeitet, und ich habe viele Fehler gemacht. Und als Teenager ... Ich kann froh sein, dass ich das alles überlebt habe. Tom und ich, wir haben uns an der Uni kennengelernt, gleich in der ersten Woche. Wir haben immer zusammengearbeitet, uns gegenseitig aus dem Dreck gezogen.«
    Sie wandte sich wieder ab und betrachtete das Panorama vor ihr. »Für mich ist der amerikanische Traum Wirklichkeit geworden. Ich glaube daran, aber ich habe zu hart gearbeitet, um jetzt einfach nur die Ehefrau eines Millionärs zu sein. Nur für den Fall, dass du dich irgendwann mal darüber gewundert hast.«
    Mark nahm einen tiefen Zug. »Ob du es glaubst oder nicht, ich habe nie darüber nachgedacht. Lag vielleicht daran, dass ich dich nicht als Ehefrau eines Millionärs kennengelernt habe.«
    »Danke.«
    Mark wartete einen Moment. »Und jetzt hat die hart arbeitende Psychologin in dir das Wort. Was stört dich hier?«
    Val atmete tief durch. »Diese ganze Wohnung ... Ich weiß noch nicht viel über Miss Ann Mankowitz, aber alles, was ich hier sehe, sagt mir, dass sie hart arbeitet. Sie kümmert sich um Menschen. Das hier ist nicht nur gespielt. Nicht nur Tarnung. Wie sagt man so schön ... Sie tut etwas, das macht den Unterschied aus.«
    Wie du, Val, dachte Mark.
    »Irgendwie passt das alles nicht zusammen. Wir wissen noch nicht genug über den Toten im Park, aber ich wette, er war ein Profi. Sie hat ihn unschädlich gemacht. In einem, so seltsam es sich anhört, fairen Kampf. Wahrscheinlich war es wirklich so, dass er als Erster geschossen hat. Wie wärest du vorgegangen?«
    Mark zuckte mit den Schultern. »Erinnerst du dich, was Acorn gesagt hat? Er ist überzeugt davon, dass Ann irgendeine Ausbildung hat. Du musst zugeben, dass Ann nett zu sein scheint, und das stört dich. Bist du ein netter Mensch, Val?«
    »Keine Ahnung. Bin ich das?«
    Mark antwortete nicht.
    Val sah ihn lange an. »Bist du eigentlich immer noch der Meinung, dass wir eine falsche Spur verfolgen?«, fragte sie schließlich.
    »Es ist die falsche Spur, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass sie uns

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