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Shane - Das erste Jahr (German Edition)

Shane - Das erste Jahr (German Edition)

Titel: Shane - Das erste Jahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia von Rein-Hrubesch
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aufrecht gehen, in sich hinein hören. Shane setzte einen Fuß vor. Das Seil wackelte.
    „Nicht aufhören! Immer weiter gehen, Shane! Immer weiter gehen! Und nicht die Luft anhalten!“
    Shane war in der Mitte angelangt, das hasste sie, das Seil schien immer durchzuhängen, und sie hatte das Gefühl, dass es nicht stabil genug war.
    Sie atmete laut ein und ging weiter.
    „Sehr gut, Shane.“
    Sie lächelte und schaute nach unten.
    „Nein! Nicht nach unten …“
    Sie sah noch, wie Rotbein den Mund aufgerissen hatte und die Mädchen sie anglotzten.
    Shane schwankte hin und her, rutschte mit dem Schuh ab, kippte zur Seite und kam mit der Hüfte auf dem Seil auf, welches an ihrer Haut rieb wie ein glühendes Messer. Sie wurde kurz hochgeschleudert, ruderte mit den Armen und fiel schließlich zu Boden. „Ahhh.“ Langsam richtete sie sich auf.
    „Ist alles in Ordnung, Shane?“ Rotbein kniete sich neben sie.
    Shane rieb sich die Hüfte.
    Die Mädchen hielten sich die Hände vor den Mund.
    Doofe Gören, glotzt halt nicht so!
    „Zeig mal.“
    Shane schob ihren Pullover hoch. Ein roter Strich zog sich über die Seite, es sah aus, als hätte das Seil sie abgeschabt. Shane rümpfte die Nase.
    „Das ist nur eine Schürfwunde. Hast du sonst noch Schmerzen?“
    Shane schüttelte den Kopf.
    Rotbein stand auf. „Ihr geht solange auf dem Ball üben, zack zack! Ich hole das Spray.“
    Shane hielt sich die Hand vor den Mund. Als sich alle umgedreht hatten, nahm sie die Hand weg. Wie sie vermutet hatte. Schwarzer Nebel.
     
    Als sie ins Bett kroch, hielt ihr die Mutter die Decke hoch.
    „Mama, das kann ich schon selbst!“
    Die Mutter schaute sich noch einmal den Verband an.
    Dann strich sie Shane über die schwarzen Haare. „Hoffentlich ist alles verheilt bis zur Aufführung!“
    Shane riss die Augen auf. „Woher weißt du denn von der Aufführung?“
    Gertie grinste sie an. „Die Eltern haben eine Einladung bekommen.“
    Shane ließ sich in das Kissen sinken. Na toll.
    Die Mutter schaltete das Deckenlicht aus und schloss die Tür hinter sich.
    Shane seufzte. Bis zur Aufführung musste sie es unbedingt in den Griff kriegen!  Wie sollte sie das anstellen?
    Shane strich die Decke glatt. Sie musste sich etwas einfallen lassen.
    Schlimmstenfalls könne sie nicht an der Aufführung teilnehmen. Sie seufzte. Dann knipste sie den Schalter ihrer kleinen Lampe, die neben dem Bett stand und löschte das Licht.
     
    Shane stand in der dunklen Gasse. Sie hatte sie gefunden; nicht weil sie im Stadtplan eingezeichnet war, denn das war sie nicht, sondern weil sie es laut dem Mandala geben musste. Sie hatte gewusst, dass es sie geben musste, sie hatte gewusst, dass sie da sein musste, sonst wäre das Mandala nicht perfekt.  Sie schaute sich um. Niemand zu sehen.
    Shane hatte den Zirkus eher verlassen, Rotbein hatte es geduldet, obwohl die Aufführung kurz bevor stand.
    Nun atmete sie laut aus.
    16.11 Uhr.
    Noch einmal schaute sie sich um. Dann öffnete sie ihren Mantel. In einer der Schnallen steckte eine leere Red Bull Dose. Shane hatte sie aus dem Mülleimer gefischt.
    Nun stellte sie die Dose auf einen Stein und ging ein paar Schritte zurück.
    Sie hatte keine Ahnung, was sie hier tat, doch sie musste es in den Griff kriegen, sie musste lernen. Lernen. L. E. R. N. E. N.
    Shane rümpfte die Nase. Sie konnte die Lindenbaum fast vor sich stehen sehen, wie sie den langen Finger hob und mit  hoher Stimme sagte: „Lernen fürs Leben!“ Diesmal schien sie recht zu behalten.
    Shane musste etwas lernen. Etwas über sich selbst. Sie atmete laut ein und schaute auf die Dose vor sich. Dann atmete sie in ihre Hand. Weiß.
    Shane dachte an den Ball, wie er ihr immer entwischt war; an das Seil, wie es nachgegeben hatte, bis sie dachte, es würde jeden Augenblick am Boden aufschlagen; wie sie heruntergefallen war. Sie atmete in ihre Hand.
    Weiß.
    Ätzend.
    Shane schluckte. Schließlich dachte sie an Rambo, dieses Arschloch, wie er sie verhöhnte und verspottete.
    Weiß.
    Scheiße!
    Grau.
    Shane’s Augen weiteten sich. Nun musste sie schnell sein. Sie dachte an Maria. Sie dachte an Max, daran, wie schnell er den Finger gehoben hatte, sie dachte daran wie …wie allein sie war.
    Schwarz.
    Shane folgte dem schwarzen Nebel mit den Augen, er stieg empor in der dunklen Gasse, schlängelte sich hinauf und wurde bald eins mit dem dunklen Himmel. Sie blickte nun wieder auf die Dose. Scheiße. Alles ist Scheiße!  Alles!
    Eine flimmernde Welle rollte

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