Shanera (German Edition)
ob ein warmer Tee und eine weiche Decke jetzt nicht zwei feine Dinge wären.
Dann endlich blieb Koras stehen und blickte zu ihr um. Er hatte oft zu ihr gesehen, aber sie hatte es nicht mehr bemerkt.
„Ich glaube, wir werden es für heute gut sein lassen. Diese große Höhle ist nahe dem Ausgang. Siehst Du den Spalt dort oben?“
Er senkte die Fackel, damit ihre Augen nicht geblendet wurden. Vor ihnen weit oben war ein grauer Schimmer zu sehen. Jetzt, wo sich ihr schwerer Atem etwas beruhigt hatte, glaubte sie auch, ein leises Rauschen zu hören.
„Draußen regnet es wohl ziemlich stark. Vorhin hat es auch gedonnert, wenn ich richtig gehört habe. Es hat keinen Sinn, die Höhle jetzt noch zu verlassen. Wir rasten hier und brechen morgen möglichst früh auf.“
„Oh. Gut.“, war alles, was sie dazu noch sagen konnte. Sie folgte ihm langsam in einen seitlich gelegenen, etwas abgeschirmten Bereich der Höhle, sank vorsichtig auf die Knie und begann, mit ungelenken Fingern ihr Bündel aufzuschnüren.
„Warte, ich mache das.“
Sie ließ ihn gewähren.
„Tut mir leid, dass es heute so anstrengend war. Aber ich denke, wir sollten erfolgreich zurückkommen, sonst werden wir beide Probleme bekommen. Du hast Dich sehr tapfer gehalten für jemanden, der keine Jägerin ist.“
Zela nickte und brachte ein kleines Lächeln zustande. Er blickte sie kurz von der Seite an, während er ihre Decke nahe der Wand ausbreitete.
„Es muss hier irgendwo ein Brennholzlager geben, das werde ich suchen. Wir müssen es auf dem Rückweg wieder auffüllen. Setz Dich einfach hier hin und ruh Dich ein wenig aus. Wenn das Feuer an ist, mache ich Tee.“
Zelas Lächeln wurde größer. Vorsichtig setzte sie sich auf ihre Decke, lehnte sich an den Felsen, zog die Knie an ihre Brust und schloss die Augen. Sie hörte Koras Schritte, wie er durch die Höhle ging und sie absuchte. Wenn sie die Augen einen Spalt öffnete, konnte sie den Schein seiner Fackel sehen.
Erschöpft döste sie ein und erwachte erst wieder, als sie den Duft von heißem Tee einatmete. Sie öffnete langsam die Augen und sah Koras, der ihr eine Schale Tee vor die Nase hielt. Hinter ihm knisterte ein kleines Feuer. Es war beinahe ein bisschen warm geworden. Sie griff nach der dampfenden Schale und räusperte sich.
„Danke. Du bist mein Lebensretter.“
„Jederzeit gerne. Es gibt auch noch was zu essen, damit Du wieder zu Kräften kommst.“
Sie nahm ein paar Schluck Tee. Wärme breitete sich in ihr aus.
„Tee und Essen, ohne dass ich einen Finger rühren muss? Heute muss mein Glückstag sein.“
Koras grinste. „Das will ich doch meinen. Schließlich warst Du fast den ganzen Tag mit mir zusammen.“
„Ha! Ich glaube, Du träumst. Bilde Dir bloß nichts ein.“
„Wie käme ich dazu. Nur keine Angst. Hier, iss das jetzt.“
*
Tag 2
Shanera erwachte, als es unbehaglich kühl wurde. Das Feuer war heruntergebrannt und erloschen. Sie rollte sich zusammen und wickelte sich enger in ihre Decke, um noch etwas weiterschlafen zu können, aber vergebens. Ein vorsichtiges Spähen in Richtung Höhleneingang ergab, dass graues Licht zu sehen war. Das Rauschen des Regens hatte aufgehört.
Sie streckte sich lang und geschmeidig, bis alle Muskeln und Gelenke gedehnt waren, erhob sich dann langsam von ihrem Lager und tappte zum Eingang. Es war früher Morgen und das Wetter schien sich deutlich verbessert zu haben. Auch der Weg wandaufwärts sah von hier aus noch begehbar aus, sie konnte keine neuen Felsrutsche oder Gesteinsabstürze erkennen.
Zufrieden ging sie zur nächsten Quelle, um sich mit dem eiskalten Gebirgswasser ein wenig zu waschen. Sie entschied, sich den Luxus zu leisten, das Feuer noch einmal anzuzünden und Tee zu kochen. Die Sonne war noch nicht aufgegangen und nach ihrer Einschätzung konnten sich keine Verfolger in ihrer Nähe befinden.
Auf dem Rückweg sammelte sie etwas Holz ein, das sie in der Höhle auf den Vorratshaufen legte. Es würde schon noch trocknen und auch wenn sie selbst nicht vorhatte, hier noch einmal vorbei zu kommen, wollte sie nicht, dass der nächste, der hier Unterschlupf suchte, frieren musste. Bald saß sie wieder am Feuer und schlürfte den heißen Tee.
Sie plante gerade ihren weiteren Weg für die Strecke nach dem Erreichen des Hochplateaus, als ein fernes Geräusch aus dem hinteren Teil der Höhle sie aufschreckte. Es klang wie das Echo herabfallender Steine.
Stirnrunzelnd beeilte sie sich, ihre Schale leer zu trinken und
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