Shanera (German Edition)
konnte man allerdings nicht viel erkennen, doch es schien eine Fleischwunde zu sein, die nicht allzu heftig blutete.
„Ist halb so schlimm. Du stehst nur unter Schock, das ist ganz normal. Wir müssen aber dringend hier raus und frisches Wasser finden.“
„Ich denke, ein Stück zurück bergauf haben wir die besten Chancen.“, meinte Koras. „Diese verdammten Biester!“ Er trat nach einem der Kadaver und schickte noch ein paar saftige Flüche hinterher, die Zela die Augen aufreißen ließen.
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Etwas später hatten sie tatsächlich eine Quelle gefunden und wuschen ihre Verwundungen aus, so gut sie es in der Dunkelheit vermochten. Sie wagten kein Feuer anzumachen, aus Angst, weitere Angreifer anzulocken.
„Langsam wird’s lästig mit diesen unangenehmen Zwischenfällen.“, murrte Shanera, während sie einige zerfetzte Bandagen entfernte. Sie machte sich große Sorgen, dass sich die Wunden erneut entzünden könnten. „Sind wir zu leichtsinnig, oder was ist los?“
„Das kommt eben dabei heraus, wenn man ins Unbekannte zieht.“ Koras Laune war auch nicht die beste. „Wir bewegen uns außerhalb unseres Erfahrungsbereichs. Da passieren nunmal Fehler. Wir müssen vorsichtiger sein. Noch so eine Sache können wir uns nicht leisten.“
„Jetzt weiß ich jedenfalls, warum ich keine Jägerin geworden bin.“, verlautbarte Zela mit schwacher Stimme. „Ich hasse es zu kämpfen, und ich hasse es, verletzt zu sein.“
„Na ja, das letztere mag keiner gern. Aber Du hast Dich ganz gut geschlagen. Allein hätte ich mit den zwei Biestern sicher ziemliche Schwierigkeiten gehabt.“, sagte ihr Shanera, woraufhin sich die Miene ihrer Freundin etwas aufhellte. „Vielleicht sollten wir uns auch Stäbe zulegen, die scheinen mir zur Verteidigung besser geeignet. Koras könnte uns ein wenig trainieren.“
„Hmm. So schnell kann man das nicht lernen. Reden wir morgen noch mal darüber.“
„Und wo schlafen wir jetzt?“
Betretenes Schweigen folgte, bis Shanera schließlich das Wort ergriff.
„Ich weiß, dass das keiner hören will, aber hier sind wir nicht sicher. Wir müssen weitergehen und uns morgen tagsüber ausruhen.“
„Weitergehen? Im Dunkeln? Außerdem tut mir alles weh!“, protestierte Zela.
„Ihr beide seid nur am Arm verletzt. Wenn ich weiterlaufen kann, dann Ihr erst recht.“
„Aber …“
„Sie hat recht.“, meinte Koras zu Zela. „Du könntest jetzt wahrscheinlich eh nicht schlafen. Je weiter wir von hier wegkommen, desto besser.“
Zela stöhnte und zog eine Schnute, fügte sich aber.
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Als sie einige Zeit nach Tagesanbruch ihr Lager neben und unter einer riesigen Baumwurzel aufschlugen, war Zela eingeschlafen, kaum dass sie ihre Decke auf den Boden gelegt hatte und darauf gekrochen war.
„Die Ärmste.“, meinte Koras. „Das war doch ein bisschen viel für sie … Wie geht’s Deinen Verletzungen, Shanera?“
„Ich denke, die sind soweit in Ordnung. Die zusätzlichen Kräuter scheinen gewirkt zu haben. Ich sehe noch mal nach Zelas Wunde.“
Vorsichtig wickelte sie den Verband am Arm ihrer Freundin auf und spähte darunter. Zela murmelte etwas im Schlaf.
„Sieht normal aus. Ich mache trotzdem lieber einen frischen Verband. Glaubst Du, wir müssen Wache halten?“
„Besser wär’s. Wo ist denn Dein Vogel? Der könnte sich jetzt mal nützlich machen.“
„Keine Ahnung. Ich glaube kaum, dass er darauf aus ist, nützlich zu sein. Er ist ein Zeichen, schon vergessen?“
„Ja, ein Zeichen … Nur wofür?“
Darauf gab es keine Antwort.
„Leg Dich hin, Shanera. Ich wecke Dich dann.“
„Ich … na gut. Also bis dann.“
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Shaneras Träume waren dunkel und unklar. Ziellos wanderte sie durch unbekannte Gefilde, auf der Suche nach dem richtigen Weg. Wenn sie auch nicht genau wusste, wohin es gehen sollte, schien es ihr doch, als müsste sie den Weg erkennen, wenn er vor ihr lag.
Als sie ihn endlich gefunden glaubte, wurde er nach kurzer Zeit schmaler und schmaler, zuletzt balancierte sie wie auf einem Baumstamm und tastete nach Halt, Angst überkam sie. Unter ihren Füßen begann der Pfad nachzugeben und zu bröckeln. Dann brach sie durch, ihr Magen hob sich, und sie fiel, ein endloser Sturz ins Nichts.
Sie schreckte hoch, Herzklopfen bis zum Hals, und krallte ihre Hände in die Erde. Erst als sie sich vergewissert hatte, dass fester Boden unter ihr war, konnte sie sich wieder beruhigen.
Der Tag war schon deutlich über den Mittag hinaus fortgeschritten. Sie räkelte
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