Shanera (German Edition)
nachträglich schlug ihr das Herz bis zum Hals. Diese Wesen machte man sich besser nicht zu Feinden.
Interessant war auch, dass die Flussbewohner offenbar in ihrer Nachbarschaft nicht besonders beliebt waren. Ansonsten hätte man ihr wohl kaum ihre Waffe zurückgegeben. Und die Wanesh hatten sie vor ihnen gewarnt. Sie musste sehr vorsichtig sein.
Shanera packte die Pfeilwaffe weg und versuchte, noch ein wenig zu schlafen. Einige ihrer Körperteile waren damit aber weniger glücklich, und so musste sie sich mit kurzen Perioden unruhigen Schlummers zufrieden geben.
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Im ersten Morgengrauen meinte sie, durch eine Lücke im Blätterdach über sich eine bekannte Silhouette kreisen zu sehen.
„Bist Du das?“, murmelte sie, noch im Halbschlaf. „Windbote?“
Doch es war nichts mehr zu sehen. Vielleicht hatte sie auch nur geträumt.
Sie machte sich bald wieder auf den Weg. Es dauerte nicht lange, bis sie auf die ersten Anzeichen einer Besiedlung stieß. Gefällte Bäume, ausgetrampelte Pfade, ein paar Scherben und anderer Abfall. Sie hielt sich von den Wegen fern, um nicht entdeckt zu werden. Auf der Karte hatte sie ein Stück des großen Komplexes ausgemacht, das unmittelbar an den Wald angrenzte. Dort wollte sie sich anschleichen.
Sie hatte damit gerechnet, auf Wachen zu treffen und diese umgehen zu müssen, aber als sich nach geraumer Zeit eine dunkle Wand vor ihr erhob, war sie niemandem begegnet.
Vorsichtig näherte sie sich dem Gebäude. Die hoch aufragenden Wände erstreckten sich nach links und rechts, so weit man es durch die Bäume und bei dem immer noch düsteren Licht sehen konnte. Sie machten einen schmutzig metallischen Eindruck, verbeult und mit Streben und Nieten überzogen. Weit oben meinte sie, einige Öffnungen erkennen zu können. Die Wand neigte sich etwas nach innen, mit zunehmender Höhe immer mehr.
Sie berührte die Wand. Massives Metall. Und jetzt? Sie versuchte es wieder mit der Karte, doch dieses mal wurden keine Öffnungssymbole angezeigt, auch nicht, als sie nach links und rechts lief, so weit sie es wagen konnte, ohne die Deckung des Waldes zu verlassen.
Aber sie konnte klettern. Eine Fähigkeit, die den Flussbewohnern vielleicht nicht so geläufig war. Oder hätten sie sonst diesen Teil des Komplexes ohne Bewachung gelassen?
Sorgfältig befestigte sie ihre Ausrüstung und machte sich ans Werk. Über einen knorrigen Baum, der den Eindruck machte, als wolle er das hässliche Gebäude aus seiner Nachbarschaft verdrängen, erreichte sie eine schmale, quer verlaufende Verstrebung, die deutlich über Manneshöhe angebracht war. Förmlich an der Wand klebend, arbeitete sie sich schrittweise weiter nach oben, Streben und Unregelmäßigkeiten sowie die zunehmende Innenneigung ausnutzend. Ein Flattern über ihr ließ sie einmal zusammenzucken, doch sie wahrte ihren Halt. Sehen konnte sie aus ihrer Position nichts.
Schließlich erreichte sie eine Rinne, die knapp oberhalb einiger Fensteröffnungen angebracht war. Sie schob sich zum ersten Fenster vor. Es war nicht besonders groß und mit einer Klappe abgedeckt, die sich jedoch mit sanfter Gewalt lösen ließ. Sie spähte hinein und horchte, doch es schien alles ruhig. Mit den Füßen voran schwang sie sich in die dunkle Öffnung und ließ sich fallen.
Es war tiefer, als sie vermutet hatte, aber zum Glück nicht so tief, wie sie auf der Außenseite emporgeklettert war. Der Boden schien aus Holzplanken zu bestehen. Das Licht war mehr als spärlich, also holte sie nach kurzem Zögern ihr Leuchtholz heraus, das allerdings nur noch schwach blinzelte. Sie befand sich in einem großen Raum, der offenbar als Lager genutzt wurde, aber momentan größtenteils leer war.
Durch eine nicht verschlossene Tür ging sie in einen kleineren Raum, von da aus auf einen Gang und als nächstes in ein weiteres Lager, alles weitgehend leer. Offenbar war dieser Teil des Komplexes nicht bewohnt. Immerhin waren die Durchgangsräume nicht ganz dunkel. Es gab in die Wand eingelassene leuchtende Streifen, die ein schummriges, gelblich weißes Licht verbreiteten. Vermutlich handelte es sich um eine Abart des blauen Leuchtstoffes aus dem Wald.
Hinter der nächsten Tür wurde es interessanter: Sie war in einer Art Galerie mit geschmiedeten Verstrebungen gelandet, geöffnet zu einem sorgfältig bepflanzten grünen Innenhof, der von einem geschwungenen Gitterdach überragt wurde.
Na gut, es war hier drin nicht ganz so hässlich, wie es von außen den Anschein hatte,
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