Shanera (German Edition)
hieß aber nicht, dass er alles mit sich machen ließ. Ein selbstsicheres Auftreten würde ihm sicher mehr nutzen, als den Eindruck der Schwäche zu vermitteln.
Es waren drei Männer, die ihn abholten. Zwei von ihnen – sie machten keinen sehr martialischen Eindruck – diskutierten über irgendetwas, während der dritte in die Zelle kam. Er sah eher nach einem Wächter aus, so wie die Leute auf den Booten. Koras konnte kein Wort verstehen, aber dass der Wächter ihn zum Mitkommen aufforderte, das war auch so klar.
Handfesseln gab es nicht mehr. War er inzwischen als harmlos eingestuft worden? Vielleicht hatte man ihr Gepäck durchsucht, in dem sich tatsächlich kaum etwas gefährliches befand, zumindest war dies vermutlich nach den hiesigen Maßstäben so.
Ein Fluchtversuch machte aber aus seiner Sicht wenig Sinn, solange er keine Ahnung hatte, wo er sich befand. Dieser Gebäudekomplex konnte ein Labyrinth sein oder eine Festung ohne Ausgänge. Also spielte er lieber mit, solange keine unmittelbare Gefahr drohte. Er ging mit den drei Männern, der Wächter hinter ihm.
+
Die Tür öffnete sich.
Shanera drückte sich im Halbdunkel an die Wand, aber vergeblich. Helles Licht strömte herein und ließ sie blinzeln.
In der Tür standen drei Personen und sahen sie überrascht an. Sie trugen ungewöhnliche Kleidung, deren Material Shanera nicht identifizieren konnte. Ihre Haut erschien hell, fast bleich. Es waren zwei Männer und eine Frau, alle gleichermaßen schlank mit kurz geschorenen Haaren.
Für weitere Betrachtungen blieb jedoch keine Zeit, denn bevor Shanera noch überlegen konnte, wie sie reagieren sollte, hatten sich die drei wieder gefasst und eilten mit grimmigen Gesichtern auf sie zu. Flucht erschien das einzig Vernünftige und Shanera sprintete den Gang zurück. Die drei rannten los und hinter ihr her. Das Poltern ihrer Schritte auf den Holzbohlen war unmittelbar hinter Shanera.
Ihren Verfolgern nur um Haaresbreite voraus, erreichte sie den Durchgang zum Lagerraum, schlitterte um die Ecke, wobei sie schmerzhaft mit dem Türrahmen kollidierte, und schwang sich über die nächste Kiste. Geduckt rannte sie zur nächsten Reihe vergammelter Holzbehälter und war gerade hinter ihnen verschwunden, als die drei Bleichen in den Raum stürmten.
Shanera glaubte nicht daran, sich hier verstecken zu können und floh geduckt weiter zum gegenüberliegenden Ausgang.
Sie hatte jedoch ein paar Augenblicke gewonnen, während der die Verfolger sie aus den Augen verloren hatten und langsamer geworden waren. Im Gang bog sie links ab und hoffte, die nächste Tür passieren zu können, bevor die drei den Ausgang erreicht hatten, doch vergebens. Aus dem Augenwinkel sah sie ihre Verfolger an Tempo zulegen.
Glücklicherweise war auch der neue Raum mit mehreren Ausgängen versehen und sie wählte den mittleren, immer in der Angst, plötzlich in einer Sackgasse zu stehen. Statt dessen fand sie sich auf einer langen Brücke aus kunstvollen Metallgittern wieder, die einen großen Garten überquerte, der allerdings schon deutliche Anzeichen von Verwilderung zeigte. Das weit gespannte Gitterdach war durch klaffende Lücken verunziert. Vor ihr flatterte ein kleiner Vogel auf und flog zur Decke.
Sie rannte über die Brücke, an einem engen Treppenabgang vorbei, ein weiterer war nicht weit vor ihr. In den Garten oder oben bleiben? Kurz entschlossen stürmte sie die gerundete Treppe hinunter, immer zwei Stufen auf einmal nehmend und duckte sich unten zwischen das nächstgelegene Busch- und Baumwerk. Als sie die eilig heran polternden Schritte ihrer Verfolger hörte, machte sie sich möglichst klein und hoffte das Beste.
Die auf dem Metall hallenden Schritte kamen immer näher, waren über ihr und wurden wieder leiser. Nach einigen langen Augenblicken verklangen die Geräusche am anderen Ende des Raumes und es war nichts mehr zu hören. Nur der aufgeschreckte Vogel kreischte empört von seinem neuen Sitzplatz auf dem Gitterdach.
Argwöhnisch beäugte er Shanera, die vorsichtig aus ihrem Versteck hervorkam und zur Brücke spähte. Es war niemand zu sehen. Geduckt huschte sie von einem Baum zum nächsten. Obwohl nicht sehr hoch, waren diese weit ausladend und boten genug Sichtschutz. Außerdem gab es auch schmackhaft aussehende gelbliche Früchte, allerdings stand ihr jetzt nicht der Sinn nach Essen.
Am Rand des Raumes angekommen, blockierte eine massive Wand ihren Weg. Nervös spähte sie in beide Richtungen, aber eine Tür war
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