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Shanghai Love Story

Shanghai Love Story

Titel: Shanghai Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Rippin
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anstatt sich immer nur an Chenxis Rockzipfel zu hängen.
    Sie warf einen letzten Blick auf das Netz der Fischer, das im Vordergrund der Bergszenerie schimmerte, ließ die Seide auf ihrem Tisch zum Trocknen liegen und machte sich auf die Suche nach Laurent.

Kapitel 16
    Â»Hä?« Der alte Mann verzog das Gesicht, sodass ihm seine Brille auf die Nasenspitze rutschte, und vergrub sich hinter seiner Zeitung, von der er nicht aufgeblickt hatte, auch nicht, als Anna an seinen Schreibtisch getreten war.
    Â»Lau-rent!«, versuchte es Anna erneut und dann, in gebrochenem Chinesisch: » Fague xuesheng . Französischer Student.«
    Der Mann schüttelte den Kopf, zog die Mundwinkel nach unten und überflog die Zeitung. Anna seufzte.
    Â»Ich kenne Laurent!«, tönte hinter ihr eine weiche Stimme. Sie drehte sich um und sah einen jungen Afrikaner, der sie anlächelte. »Er wohnt im dritten Stock. Ich bringe dich hin, wenn du willst.«
    Â»Danke«, sagte sie und folgte ihm die Treppe hoch.
    Der mürrische alte Mann an der Rezeption schaute den beiden Ausländern über den Rand seiner Zeitung nach. Dann zog er ein Schreibheft hervor und notierte etwas.

    Im ersten Stock stellte sich der junge Mann vor. Er hieß Youssou und kam aus Gabun. Im zweiten Stock wusste Anna, was er studierte, wie viele Geschwister er hatte und wie er sich seine Zukunft vorstellte. Vor Laurents Tür fragte Youssou: »Ist Laurent dein Freund?«
    Â»Nein, mein Freund wohnt nicht auf dem Campus.« Es war zwar nur die halbe Wahrheit, aber sie wollte ihm keine falschen Hoffnungen machen.
    Youssou gab sich keine Mühe, seine Enttäuschung zu verbergen. Er seufzte. »Also, dann mach’s gut.«
    Â»Ja, du auch.« Sie schaute Youssou nach und klopfte dann an die Tür.
    Durch die gedämpften Klänge von Jazzmusik drang Laurents Stimme: » Shi shei ?« Als Anna nicht antwortete, fragte er noch einmal: »Wer ist da?«
    Â»Ã„hm … Anna White. Wir haben uns im Konsulat kennengelernt.«
    Die Tür öffnete sich und der Geruch nach Räucherstäbchen driftete nach draußen. Anna brauchte ein paar Sekunden, um Laurent wiederzuerkennen. Er hatte sich den Kopf geschoren und war dünner, als sie ihn in Erinnerung hatte. Unter seinen Augen lagen dunkle Schatten. Er grinste sie an.
    Â»Hallo! Komm rein! Komm rein!«, sagte er und verbeugte sich tief.
    Auf einer Matratze in der Ecke des Zimmers lümmelten sich zwei Mädchen. Anna blieb zögernd im Türrahmen stehen.
    Â»Na, komm schon!«, sagte Laurent und zog sie am Arm.
    In dem dämmrigen Licht erkannte Anna einen der Studenten, die sie im Konsulat mit Laurent zusammen gesehen hatte. Er saß an einem Schreibtisch und rollte einen Joint. In einem Aschenbecher neben ihm balancierte ein zweiter Joint, der noch schmauchte.
    Â»Du kommst gerade rechtzeitig«, sagte Laurent.
    Anna schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall. Beim letzten Mal ist mir ziemlich schlecht geworden!«
    Â»Ich weiß!«, stöhnte Laurent. »Ich war ja derjenige, der dich nach Hause bringen durfte. He, wo wir gerade dabei sind: Du hast dich dafür nie bei mir bedankt.« Er grinste, ging zu Anna und zog sie zu sich auf die Matratze.
    Â»Eigentlich hätte Chenxi mich nach Hause bringen sollen«, log Anna. »Ich weiß auch nicht, warum er sich so früh verabschiedet hat.«
    Â»Er meinte, er müsste die Sperrstunde beachten«, erklärte Laurent.
    Â»Die Sperrstunde?«
    Â»Dort, wo er wohnt. Sie machen zu einer bestimmten Uhrzeit abends die Tore zu. Wie bei uns hier in der Universität. Allerdings können wir jederzeit die Hausmeister wecken. Wir sind schließlich Ausländer«, sagte er und zwinkerte ihr zu. »Chinesen dagegen würden Ärger bekommen.«
    Anna dachte über diese Information nach. Selbst wenn es ungerecht war, so fühlte sie sich doch besser, jetzt, da sie den Grund für Chenxis unerwartetes Verschwinden in jener Nacht wusste. Zusammen mit dem, was sie von ihrem Vater und Zhou Lai erfahren hatte, setzte sich das Puzzle von Chenxi langsam zusammen. Aber ihr fehlte immer noch ein wichtiges Teil: Wie dachte er über sie?
    Â»Hier«, sagte der dunkelhaarige Student am Schreibtisch. Er streckte Anna den rauchenden Jointstummel entgegen. Sie schüttelte den Kopf. Achselzuckend reichte er den Joint Laurent.
    Â»Ladies?«, sagte Laurent und bot den beiden Mädchen

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