Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shanghai Love Story

Shanghai Love Story

Titel: Shanghai Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Rippin
Vom Netzwerk:
gefeuert«, sagte er.
    Â»Oh! Na ja, besonders gewissenhaft war sie wirklich nicht.«
    Â»Ich habe sie erwischt, wie sie sich an meinen Papieren zu schaffen machte. Ich hatte sie schon eine ganze Weile in Verdacht. Das Konsulat besorgt mir nächste Woche Ersatz.«
    Â»Warum sollte sie irgendwelche Ingenieursverträge ausspionieren?«, fragte Anna mit ungläubigem Lächeln. Sie stellte das Wasser ab und bückte sich, um ein Paar Gummihandschuhe aus dem Küchenschrank unter der Spüle zu holen.
    Â»Ich habe ein paar ziemlich wichtige Dokumente hier«, erklärte er. »Andere Firmen könnten sehr wohl ein Interesse daran haben.«
    Â»Entschuldige, Dad«, sagte Anna. Sie musste daran denken, dass auch Laurent davon überzeugt war, beobachtet und abgehört zu werden. Offenbar förderte das Leben in Shanghai die Entwicklung von Verfolgungswahn.
    Trotzdem war sie froh, dass das Problem mit der Aiyi ihren Vater im Augenblick von den Fragen bezüglich ihrer Zukunft ablenkte. Auf weitere Vorträge hatte sie jetzt wirklich keine Lust.
    Anna legte drei Scheiben Weißbrot und etwas Käse auf einen Teller und ging in ihr Zimmer. Ohne die Aiyi brachte ihr Vater nämlich keine Mahlzeit zustande.

    In dem kleinen Raum wartete Chenxi auf seine Mutter, mit einem lebendigen Fisch oder einer Tüte Fleischbällchen in ihrem Korb, eine Mahlzeit, die sie sich teilen würden. Vor ihm, auf dem Tisch, wo sie aßen und er arbeitete, lag das Bild, an dem er gerade malte. Er kniff die Augen leicht zusammen. Es war fertig. Und Chenxi war zufrieden mit seinem Werk. Er würde es Anna schenken, wenn er sie das nächste Mal sah.

Kapitel 21
    Â»Ich haben etwas für dich«, flüsterte Chenxi Anna zu, als er an ihrem Arbeitstisch vorbeikam. Überrascht schaute Anna zu ihm hoch. Sie hatte sich so auf ihre Arbeit konzentriert, dass sie gar nicht gehört hatte, wie er hereingekommen war. Es war Montagmorgen. Anna hatte sich das ganze Wochenende über Sorgen um ihn gemacht. Abgesehen von einem blauen Auge war Chenxis Gesicht fast vollständig geheilt. Allerdings hatte er sich das Haar in die Stirn gekämmt, um den Verband zu verstecken. Anna verspürte eine Woge voller Zärtlichkeit für ihn.
    Â»Ich dich vor deinem Apartment treffen, nach Unterricht«, sagte er.
    Anna nickte.
    Der Morgen floss nur zäh dahin. Anna warf Chenxi einige Male einen Blick zu und hoffte auf einen heimlichen Augenkontakt, aber wie üblich – und als ob nichts zwischen ihnen gewesen wäre – sprach er nur mit ihr, um etwas, das der Lehrer sagte, zu übersetzen.
    Irgendwann erwischte Lao Li Anna dabei, wie sie Chenxi betrachtete. Er starrte sie an. Anna senkte den Kopf und versuchte, sich wieder auf ihr Bild zu konzentrieren. Sie arbeitete an einer anderen Kopie eines Fächers auf Seide, diesmal mit einem Vogel und Blumenranken, aber irgendwie mangelte es dem Motiv an der inneren Kraft der Landschaft, die sie davor auf Seide gebannt hatte.
    In der Mittagspause aßen sie wie immer gemeinsam mit Lao Li Nudeln. Als Chenxis Bein das von Anna unter dem Tisch streifte, schaute sie ihn an, ob die Berührung irgendein Zeichen gewesen war, aber sein Kopf blieb über die Schüssel mit Nudelsuppe gebeugt.
    Am Nachmittag kam wieder ein Modell in den Unterricht. Diesmal war es ein alter Mann in einem Lendenschurz. Egal, wie sehr sich Anna auch bemühte, sie konnte sein schlaffes Gesicht nicht einfangen. Normalerweise wäre das für sie ein Leichtes gewesen, aber Chenxis Anwesenheit lenkte sie zu sehr ab.
    Endlich war der Unterricht vorbei. Anna schlenderte vor Chenxi aus dem Zimmer, während er noch seine Pinsel einpackte. Sie trafen sich am Fahrradständer. Doch auch, als er sein Fahrradschloss öffnete, schaute er nur flüchtig zu Anna und winkte und rief den anderen Studenten Grußworte zu, während sie aufstiegen und heimwärts fuhren.
    Anna folgte Chenxi zum Tor hinaus. Eine Sekunde lang hielt sie den Atem an und wartete, ob er links abbiegen würde, in Richtung ihres Apartments, oder rechts, wo seine eigene Wohnung lag. Die heimliche Botschaft, die er ihr heute Morgen zugeflüstert hatte, kam ihr mittlerweile wie ein Traum vor. Er bog nach links ein und sie beeilte sich, um zu ihm aufzuschließen.
    Chenxi fuhr schnell, wie immer. Anna gab sich alle Mühe, mit ihm mitzuhalten. Erst als sie am Konservatorium vorbeigefahren und um die Ecke in

Weitere Kostenlose Bücher