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Shanghai Love Story

Shanghai Love Story

Titel: Shanghai Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Rippin
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die Sackgasse gebogen waren, wo Anna wohnte, verlangsamte Chenxi sein Tempo und erlaubte Anna, atemlos und verschwitzt, neben ihn zu rollen.
    Sie stellte ihr Fahrrad neben dem von Chenxi ab, nachdem sie durch das hohe Tor am Eingang des Apartmenthauses gefahren waren. Die Falkenaugen des Torwächters folgten ihnen.

    Â»Hier«, sagte Chenxi, als sie auf dem elfenbeinfarbenen Seidensofa von Annas Vater saßen. »Etwas von mir, das du mit nach Hause nehmen können, nach Australien.« Aus seinem fadenscheinigen Rucksack zog er eine Rolle Zeitungspapier und reichte sie Anna. Anna setzte sich im Schneidersitz hin und rollte vorsichtig das Papier auf.
    Im Innern befand sich, kunstvoll gemalt auf einem langen Stück Seide, eine Frau auf einem goldenen Thron. Die Hände lagen in ihrem Schoß. Ihr Gewand, smaragdgrün und safirblau, fiel in unzähligen Falten über ihre Knie und in die Landschaft hinein. Der Stoff des Gewandes selbst war mit Berggipfeln verziert, mit wirbelnden Wolken und Tälern; es war unmöglich zu sagen, wo der Körper der Frau endete und wo die Landschaft begann. Sie trug einen aufwändigen Kopfschmuck, wie eine chinesische Kaiserin. Aber das Haar, das darunter hervorfiel, war hell und lockig. Als Anna das Gesicht unter dem weißen Puder und dem Lippenrot betrachtete, erkannte sie es. Sie sah sich selbst, spiegelte sich in den strahlend blauen Augen wider. Das Gesicht war ihr eigenes.
    Sie rollte die Seidenmalerei wieder in das Zeitungspapier ein, stand auf und legte die Rolle auf den Couchtisch. Dann wandte sie sich wieder zu Chenxi. Sie kniete sich vor ihm auf den Teppich und schaute ihm in die Augen. Sie küsste sie, diese ausdruckslosen Augen, die ihr so oft schlaflose Nächte bereitet hatten. Chenxi rührte sich nicht. Anna küsste seinen Nasenrücken und wartete. Sie fing an zu zittern. Die Augen schließend, schob sie ihre Lippen ganz nah an seinen Mund heran, ohne ihn zu berühren. Dort wartete sie, atmete dieselbe Luft wie er, bis Chenxi sie küsste.
    Er schmeckte warm und säuerlich, duftete nach Zimt, und seine Haut war weicher, als sie es sich hatte vorstellen könnten, anders als alles, was sie je berührt hatte. Er schien darauf zu warten, dass sie die Initiative ergriff, und so nahm sie seine Hand und legte die Handfläche auf ihre Rippen, unter ihrem T-Shirt. Von dort glitt sie nach oben, und sie erschauerte, als er ihre Brüste erkundete, überlegte, wie fremd sie ihm wohl erscheinen mochten. Er löste sich von ihr und spielte verwundert mit einer ihrer langen Locken, während sie ihre Hände durch sein langes schwarzes Haar zog und sich wunderte, wie rau es sich anfühlte nach der Weichheit seiner Haut.
    Anna wusste, dass sie einen Punkt erreicht hatte, wo zu Hause in Melbourne ein stockendes Gespräch über das Thema Verhütung stattfinden würde. Aber sie wollte den Augenblick nicht verderben, und so zählte sie insgeheim die Tage, die seit ihrer letzten Periode verstrichen waren, und entschloss sich, das Risiko einzugehen. Sie war schon früher Risiken eingegangen. Chenxi zuckte zurück, als Anna nach seiner Gürtelschnalle griff, und sie fragte sich, ob die chinesischen Mädchen nicht so schamlos waren wie sie, aber dann küssten sie sich wieder, und mit einem Mal war es ganz einfach, die Kleider abzustreifen. Sein Körper war lang und schlank, weich und haarlos. Genauso, wie sie sich ihn vorgestellt hatte.
    Es schien ihm zu gefallen, dass sie die Führung übernahm. Beide atmeten jetzt schwer. In ihrem Kopf drehte sich alles. Sie zog ihn auf sich und er küsste ihren Nacken, dann die Stelle zwischen ihren Brüsten. Sie strich mit den Händen über seinen Rücken bis zu der Mulde am Ende und erschauerte, als er in sie eindrang. Sie drückte den Rücken durch, kam ihm entgegen.
    Sie hatte von diesem Augenblick so lange geträumt, und jetzt, da er zwischen ihren Schenkeln lag, war er für sie wieder ein Fremder. Er bewegte sich drängend, schien aber abwesend. Seine Augen waren geschlossen. Sein Atem wurde schneller, und durch den Nebel ihres Verlangens dachte sie noch daran, ihn zu bitten, sich zurückzuziehen, um ganz sicher zu sein. Aber dann war es vorbei. Es war zu schnell gewesen, viel zu kurz. Anna versuchte, ihre Enttäuschung zu unterdrücken.
    Er rollte sich von ihrem Körper, und beide lagen nebeneinander auf dem Teppich, starrten hoch zur Decke. Die

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