Shannara I
Ähnlichkeit mit dir oder mir, und dich fragst, ob er gefährlich sei. Dann sage ich dir, daß er ein Berg-Troll ist, und nun steht erst recht für dich fest, daß er mehr Tier als Mensch sein müsse. Du weißt eben nicht genug und hast zu wenig erlebt. Du hättest die letzten Jahre mit mir unterwegs sein sollen - ha, dann hättest du gelernt, daß selbst ein freundliches Lächeln die Zähne zeigt!«
Shea sah sich den riesigen Berg-Troll genauer an, als Keltset sich über die am Boden liegenden Gnomen beugte, um sich zu vergewissern, daß ihm bei seiner gründlichen Suche nichts entgangen war. Keltset war von menschlicher Gestalt, bekleidet mit Kniehose und Rock, um den eine grüne Kordel geschlungen war. Um Hals und Handgelenke trug er Schutzmanschetten aus Metall. Das eigentlich Andersartige an ihm war die fast rindenähnliche Haut, durch die der Körper wie gut gebratenes, gerade noch nicht verkohltes Fleisch aussah. Das dunkle Gesicht hatte kleine Züge, war stumpf und unauffällig, mit fliehender Stirn und tiefliegenden Augen. Die Gliedmaßen entsprachen denen eines Menschen, abgesehen von den Händen. Beide besaßen keinen Kleinfinger - nur einen Daumen und drei dicke, kräftige Finger, beinahe so groß wie die schmalen Handgelenke Sheas.
»Mir kommt er nicht gerade zahm vor«, sagte Shea leise.
»Siehst du! Das typische Beispiel für eine übereilte, völlig unbegründete Meinung. Nur weil Keltset nicht zivilisiert aussieht und auf Anhieb kein intelligentes Wesen zu sein scheint, bezeichnest du ihn als Tier. Shea, mein Junge, du darfst mir glauben, wenn ich sage, daß Keltset ein empfindsamer Mensch mit den gleichen Gefühlen ist, wie wir sie haben. Im Nordland ein Troll zu sein, ist etwas ebenso Normales, wie im Westen ein Elf, und so weiter! Du und ich, wir sind die Fremden in diesem Teil der Welt.«
Shea betrachtete das breite, Sicherheit ausstrahlende Gesicht, das so natürlich wirkende Lächeln, und mißtraute dem Mann unwillkürlich. Die beiden waren mehr als Wanderer, die zufällig vorbeigekommen waren, seine schwierige Lage erkannt und ihm aus Nächstenliebe geholfen hatten. So gefährlich der Berg-Troll aber auch erscheinen mochte, Shea war überzeugt davon, dass Panamon Creel ihn auf diesem Gebiet noch weit übertraf.
»Ihr seid gewiß besser beschlagen darin als ich«, gab Shea zu, seine Worte mit Bedacht wählend. »Da ich aus dem Südland stamme und bislang nur wenig über seine Grenzen hinausgekommen bin, ist mir das Leben in diesem Teil der Welt kaum vertraut. Ich schulde Euch beiden mein Leben, und mein Dank gilt auch Keltset.«
Der elegante Fremdling lächelte zufrieden.
»Dank ist überflüssig, das sagte ich schon«, gab er zurück. »Komm hierher und setz dich einen Augenblick zu mir, während Keltset seine Arbeit abschließt. Wir müssen noch ausführlicher darüber sprechen, was dich in diese Gegend geführt hat. Es ist sehr gefährlich hier, weißt du, vor allem, wenn man allein ist.« er ging voraus zum nächsten Baum, setzte sich müde, lehnte sich an den Stamm und atmete tief ein. Den Beutel mit den Elfensteinen hatte er immer noch in der Hand.
»Weshalb durchsucht Keltset alle Gnomen?« fragte Shea nach kurzem Schweigen.
»Nun, vielleicht findet sich ein Hinweis darauf, woher sie kommen und wohin sie wollten. Sie könnten auch Nahrung bei sich haben, die uns teuer wäre. Wer weiß, vielleicht besitzen sie sogar etwas von Wert…?« Er verstummte und sah Shea fragend an, den Lederbeutel in der Hand wiegend. Shea schluckte und zögerte. Es war ihm plötzlich klargeworden, daß der Fremde von Anfang an in ihm den Besitzer der Steine vermutet hatte.
»Das gehört mir«, sagte er stockend. »Der Beutel mit den Steinen ist mein Eigentum.«
»So, wirklich?« Panamon grinste schief. »Ich sehe deinen Namen aber nicht auf dem Beutel. Wie bist du dazu gekommen?«
»Mein Vater hat sie mir gegeben«, sagte Shea schnell. »Ich besitze sie schon seit Jahren. Ich nehme sie immer mit - als eine Art Talisman. Die Gnomen durchsuchten mich und nahmen mir den Beutel ab, aber er und die Steine sind mein Eigentum.«
Der Scharlachrote lächelte schwach, öffnete den Beutel und schüttete die Steine auf seine Hand. Er hob sie ans Licht und bewunderte ihr blaues Leuchten. Dann wandte er sich Shea wieder zu und hob fragend die Brauen.
»Was du sagst, mag stimmen, aber es könnte auch sein, daß du sie gestohlen hast. Sie sehen für einen Talisman ziemlich wertvoll aus. Ich glaube, ich behalte
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