Shannara II
nicht Manx. Dieses Ungeheuer, das sich da in seinem Schlafgemach auf ihn gestürzt hatte, war nicht Manx, sondern nur etwas, das wie Manx aussah. Benommen ging er den Korridor hinunter auf der Suche nach Dardan. Er fand ihn nicht weit vom vorderen Portal mit einer Lanze tief in der Brust steckend.
Da flog krachend die Tür seines Schlafgemachs auf, und das Ungeheuer, das wie Manx aussah und doch ganz sicher nicht Manx war, stürzte heraus. In wilder Hast rannte Eventine zum Portal und rüttelte an den Klinken. Sie rührten sich nicht, die Tür war verschlossen. Der alte König drehte sich um und sah, wie das Untier im Flur, das bluttriefende Maul weit geöffnet, langsam auf ihn zu schlich. Furcht packte da Eventine, so entsetzlich, daß sie ihn einen Moment lang völlig zu überwältigen drohte. Er war in seinem eigenen Haus gefangen. Es war niemand da, der ihm helfen konnte, niemand, zu dem er sich flüchten konnte. Er war allein.
Hechelnd klang der Atem des Ungeheuers durch die Stille des Korridors. Ein Dämon, dachte Eventine voller Grauen, ein Dämon, der sich als Manx eingeschlichen hatte, als der treue alte Manx. Ihm fiel plötzlich ein, wie er nach dem Fall des Sarandanon aufgewacht war und Manx gesehen hatte und plötzlich, völlig irrational, den Eindruck gehabt hatte, daß dies gar nicht Manx gewesen war, sondern etwas anderes. Eine Täuschung, hatte er damals gedacht - aber es war keine gewesen. Manx war tot, seit vielen Tagen wahrscheinlich schon, vielleicht auch schon seit Wochen…
Mit einem Schlag dämmerte ihm die gräßliche Wahrheit. Bei all seinen Besprechungen mit Allanon, als sie gemeinsam ihre geheimen Pläne ausgearbeitet hatten, und als sie die Maßnahmen zum Schutz Amberles erörtert hatten, war Manx zugegen gewesen. Oder der Dämon, der wie Manx aussah. Allanon hatte ihn darauf aufmerksam gemacht, daß sich im Lager der Elfen ein Spitzel befand - ein Spitzel, der über all ihre Geheimnisse Bescheid wußte. Der alte König dachte daran, wie oft er diesen zottigen grauen Kopf gestreichelt hatte, und ein eisiger Schauder rann ihm über den Körper.
Der Dämon war keine zwölf Fuß mehr von ihm entfernt. Mit gefletschten Zähnen kroch er in Lauerstellung heran. In diesem Augenblick wußte Eventine, daß er ein toter Mann war. Da geschah etwas in ihm, und es geschah so plötzlich, daß der Elfenkönig alles andere vergaß. Rasender Zorn flammte in ihm auf - Zorn über den Verrat, der an ihm geübt worden war, Zorn über die Opfer dieses Verrats, Zorn über seine eigene Ohnmacht und Hilflosigkeit in diesem Augenblick, da er in seinem eigenen Haus gefangen war.
Sein Körper straffte sich. Neben dem toten Dardan lag das kurze Schwert, das dem Elfenjäger die liebste Waffe gewesen war. Den Blick unverwandt auf den Dämon gerichtet, stahl sich Eventine vorsichtig von der Tür weg. Wenn es ihm gelang, an das Schwert zu kommen…
Mit einem plötzlichen Satz sprang der Dämon nach dem Kopf des Elfenkönigs. Eventine riß die Arme empor, um sein Gesicht zu schützen, und wurde von der Wucht des Aufpralls niedergerissen. Verzweifelt trat er mit den Füßen um sich. Zähne und Klauen schlugen sich in seine Unterarme, doch seine Füße trafen das Untier mit solcher Wucht im Bauch, daß es über ihn hinweg in die dunkle Türnische flog. Hastig wälzte er sich herum, warf sich über Dardan und packte das Schwert. Dann war er schon wieder auf den Beinen und drehte sich um, dem Angreifer entgegenzutreten.
Ungläubiges Staunen lief über sein Gesicht. Aus der dunklen Ecke hinter der Tür kroch der Dämon, aber nicht mehr Manx, sondern etwas anderes jetzt. Noch während er sich ihm schleichenden Schrittes näherte, war er in der Umbildung begriffen, verwandelte sich von Manx in ein schmales, geschmeidiges schwarzes Wesen mit einem haarlosen, muskulösen Körper. Auf vier Beinen, die in Krallenhänden ausliefen, kam es auf ihn zu, und scharfe Zähne blitzten in seinem Maul. Es tänzelte um den König herum, hob sich hin und wieder auf die Hinterbeine, täuschte mit Scheinangriffen, während es haßerfüllt fauchte. Ein Wandler, dachte Eventine und drängte gewaltsam eine neue Welle der Furcht zurück. Ein Dämon, der alles sein konnte, was er sein wollte.
Der Wandler stürzte sich plötzlich auf ihn. Seine Krallen rissen dem König Schultern und Seiten auf, daß das Blut aus den tiefen Wunden strömte. Mit dem Schwert holte er aus, das Ungeheuer zu treffen, doch es war zu spät. Schon hatte es ihn wieder
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