Shannara II
aus den Klauen gelassen und war fort. Und wieder umkreiste der Dämon den König, lauernd wie eine Katze, die eine in die Enge getriebene Maus beobachtet. Diesmal muß ich flinker sein, sagte sich der alte König. Wieder sprang der Dämon zu, hoch, als wolle er ihm an die Brust, doch im letzten Moment tauchte er unter der Klinge des Schwertes hinweg und schlug seine Krallen in das linke Bein des Königs. Ein scharfer Schmerz, durchfuhr das Bein, und Eventine fiel auf die Knie. Es kostete ihn Mühe, aufrecht zu bleiben. Einen Moment lang verschwamm alles vor seinen Augen, dann wurde sein Blick wieder klar, und er zwang sich aufzustehen.
Vor ihm kauerte der Wandler. Als er sah, daß er auf den Beinen blieb, begann er von neuem, den König zu umkreisen. Blut rann an Eventines Körper herab, und er spürte, wie die Schwäche ihn zu übermannen drohte. Auch diesen Kampf würde er verlieren, dachte er verzweifelt, und er würde mit seinem Tod enden, wenn er nicht eine Möglichkeit fand, das Ungeheuer in die Defensive zu drängen. Schlingernd und schwankend umlauerte ihn der Dämon. Der König versuchte, ihn in eine Ecke zu treiben, doch er wich ihm auf tänzelnden, flinken Füßen aus, viel zu behende für den verletzten alten Mann. Eventine gab die Verfolgung auf; sie brachte ihm nichts ein. Unverwandt beobachtete er den Dämon, während dieser ihn weiterhin fauchend umrundete.
In einem verzweifelten Versuch, doch noch eine Wende herbeizuführen, tat der Elfenkönig so, als stolpere er und geriete ins Schwanken. Schwer ließ er sich auf die Knie fallen. Schmerz durchzuckte ihn, doch die List wirkte. Des Glaubens, der alte Mann sei am Ende, stürzte der Wandler sich auf ihn. Diesmal aber erwartete Eventine ihn. Die Klinge des Schwertes traf das Ungeheuer in die Brust, bohrte sich tief durch Knochen und Muskeln. Kreischend vor Schmerz schlug der Dämon dem Elfenkönig Krallen und Zähne ins Fleisch, dann riß er sich los. Blut strömte aus der Wunde, ein grünlich-roter Schleim, der den geschmeidigen schwarzen Körper befleckte.
Von Angesicht zu Angesicht kauerten sie einander gegenüber, der Elfenkönig und der Dämon, beide verletzt, beide darauf lauernd, daß der andere sich zu einer Unvorsichtigkeit würde hinreißen lassen. Wieder begann der Dämon um den König herumzutänzeln, zog blutige Kreise auf dem Fußboden. Eventine Elessedil nahm seine ganze Kraft zusammen, während er sich drehte, der Bewegung des Dämons zu folgen. Er war von Blut besudelt, und seine Kräfte verließen ihn zusehends. Brennende Schmerzen quälten seinen mißhandelten Körper. Er wußte, daß er nur noch einige wenige Minuten aushalten konnte.
Plötzlich sprang ihm der Wandler an die Kehle. Es geschah so rasch, daß der König nicht die Zeit hatte, mehr zu tun, als mit erhobenen Armen zurückzutaumeln. Der Dämon umkrallte seinen Hals und riß ihn zu Boden, um mit scharfen Zähnen und Krallen über ihn herzufallen. Eventine schrie auf vor Schmerz, als die Klauen ihm die Brust aufrissen und die reißenden Zähne sich in seinen Unterarm bohrten.
In diesem Augenblick flog das Portal des Herrenhauses auf. Die Schlösser sprangen klirrend auf, die beiden Türflügel wurden aus den Angeln gerissen. Laute Rufe schallten durch den dunklen Vorraum, der sich jetzt rasch mit bewaffneten Männern füllte. Umfangen von Schleiern des Schmerzes und der Angst schrie Eventine auf. Es war jemand da! Es war jemand gekommen!
Mit gellendem Geschrei sprang der Wandler vom Körper des gestürzten Königs auf. In diesem Augenblick war sein Hals ungeschützt. Eventine riß das Schwert in die Höhe, die Klinge blitzte auf. Das Kreischen des Dämonen verstummte abrupt, als das Ungeheuer, den Kopf fast vom Körper getrennt, zur Seite stürzte. Augenblicklich umringten es die Retter des Königs, und die Klingen ihrer Schwerter bohrten sich tief in seinen Körper.
Der Wandler erzitterte unter der Wucht der Hiebe und Stiche und starb.
Taumelnd kam Eventine Elessedil auf die Füße, das Schwert noch immer fest in der Hand. Die blauen Augen blickten hart und starr. Ein Gefühl völliger Benommenheit umhüllte ihn, als er sich umdrehte und sah, daß Andor ihm die Arme entgegenstreckte. Dann brach der König der Elfen zusammen, und die Nacht schloß sich über ihm.
Kapitel 43
Wie die Botin des Todes kam sie den Menschen entgegen, höher gewachsen selbst als Allanon, das lange graue Haar von Nachtschatten durchwirkt. Lose fließende schwarze Gewänder umhüllten ihre
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