Shannara II
Geschäft nicht übersehen. Hinzu kommt die Pflege und Versorgung des Tieres. Wir haben uns mit der gleichen Fürsorge um den Hengst gekümmert wie um unsere eigenen Pferde; wir haben ihm die Nahrung zu fressen gegeben, die wir unseren eigenen Tieren geben. Ihr werdet sicher Verständnis dafür haben, wenn ich sage, daß uns meiner Meinung nach für all diese Fürsorge ein Entgelt zusteht.«
»In der Tat.« Wil nickte.
»Schön, gut.« Cephelo rieb sich befriedigt die Hände. »Wir verstehen uns. Nun müssen wir uns nur noch über den Preis einigen. Ihr sagtet vorhin etwas davon, daß Ihr uns für ein Pferd etwas von Wert geben wollt. Vielleicht können wir jetzt einen gerechten Tausch machen - Ihr gebt uns das, was Ihr bei Euch habt, zur Begleichung Eurer Schuld. Ich würde dafür keinem anderen, der sich bei mir nach einem abhanden gekommenen schwarzen Hengst erkundigt, etwas davon sagen, daß wir dieses Pferd gefunden haben.«
Er zwinkerte verschmitzt. Wil trat zu Artaq und streichelte den glatten Kopf des Pferdes, das seine Schnauze an seine Brust drückte.
»Ich kann Euch leider doch nichts von Wert bieten«, sagte er schließlich. »Ich habe nichts bei mir, womit ich Euch für das entlohnen könnte, was Ihr getan habt.«
Cephelo machte ein enttäuschtes Gesicht.
»Nichts?«
»Gar nichts.«
»Aber Ihr sagtet doch vorhin, Ihr hättet etwas von Wert mitgebracht. .«
»O ja.« Wil nickte rasch. »Damit meinte ich, daß ich Euch meine Dienste als Heilkundiger anbieten könnte. Ich dachte, das sei etwas von Wert.«
»Aber Eure Dienste als Heilkundiger habt Ihr doch als Gegenleistung für Essen und Unterkunft für Euch und Eure Schwester zur Verfügung gestellt.«
»Ja, das ist wahr.« Wil sah nicht sehr glücklich aus. Er holte tief Atem. »Vielleicht darf ich einen Vorschlag machen?« Neuerliches Interesse flackerte im Gesicht des anderen auf. »Wir befinden uns doch beide auf dem Weg ins Westland. Wenn Ihr uns erlaubt, Euch weiter zu begleiten, ergibt sich vielleicht noch eine Gelegenheit für uns, Euch zu bezahlen - vielleicht bedürft Ihr meiner Künste noch einmal.«
»Das ist unwahrscheinlich.« Cephelo dachte über den Vorschlag nach. Dann schüttelte er den Kopf. »Ihr habt gar nichts von Wert, was Ihr uns für das Pferd geben könnt - gar nichts?«
»Nein, nichts.«
»Eine armselige Art zu reisen«, brummte der Führer der Fahrensleute, während er sich das bärtige Kinn rieb. Wil sagte nichts. »Nun, ich denke es wird nichts schaden, wenn Ihr bis zu den Wäldern mit uns reist. Aber das sind nur noch ein paar Tagereisen, und wenn Ihr bis dahin nichts für uns getan habt, werden wir das Pferd als Lohn für unsere Mühe behalten müssen. Ihr versteht das wohl.«
Wil nickte stumm.
»Eines noch.« Cephelo trat näher. Sein Gesicht war jetzt gar nicht mehr freundlich. »Ich vertraue darauf, daß Ihr nicht so töricht seid, uns das Pferd stehlen zu wollen, Heiler. Ihr kennt uns gut genug, um zu wissen, was mit Euch geschehen würde, solltet Ihr solches versuchen.«
Wieder nickte Wil. Ja, das wußte er.
»Gut.« Cephelo trat wieder zurück. »Vergeßt es nicht.« Es lag auf der Hand, daß ihm die Entwicklung der Dinge gar nicht gefiel, doch er tat seinen Unmut jetzt mit einem Achselzucken ab. »Genug der Geschäfte. Kommt mit ins Lager und trinkt mit mir.«
Er führte Wil wieder in den Kreis der hohen Wagen zurück, klatschte laut in die Hände und rief seinen Leuten zu, sie sollten sich zu ihm gesellen, um mit ihm zusammen bei Wein und Musik den jungen Heilkundigen willkommen zu heißen, der sich ihnen gegenüber so freundlich und hilfsbereit gezeigt hatte. Wil bekam einen Platz neben Cephelo auf einer gepolsterten Bank vor dem Wohnwagen des Führers. Die Männer, Frauen und Kinder des Lagers strömten eifrig zusammen. Aus einem großen Faß wurde Wein gezapft, und Becher machten die Runde. Cephelo erhob sich und brachte einen blumigen Toast auf die Gesundheit seiner Familie aus. Hoch erhoben alle ihre Becher und leerten sie mit einem Zug. Auch Wil trank mit. Er sah sich suchend nach Amberle um und fand sie ziemlich weit außen in dem Kreis von Gesichtern, der ihn umgab. Sie wirkte gar nicht erfreut. Er wünschte, er hätte ihr alles erklären können, was sich da abspielte, doch damit mußte er warten, bis sie allein waren. Fürs erste mußte sie eben die Dinge einfach so hinnehmen, wie sie kamen.
Die Becher wurden aufgefüllt, wieder wurde angestoßen, wieder wurden die Becher geleert.
Weitere Kostenlose Bücher