Shannara III
Die müssen wohl glauben, ich gäbe ein gutes Kindermädchen ab oder so was.«
Jair grinste. »Ich würde meinen, damit haben sie ja recht.«
Der Ausdruck, der darauf über das Gesicht des Gnomen strich, ließ Jair sich schnell mit versteinerter Miene abwenden. Er kicherte innerlich, und machte sich gerade daran, seine Stiefel heranzuholen, als ihm plötzlich der Sehkristall und der Silberstaub einfielen. Er hatte beim Anziehen keinen der beiden Gegenstände gesehen. Er hatte sie auch nicht in seinen Taschen gefühlt. Das Grinsen, das er sich gestattet hatte, verschwand sogleich aus seinem Gesicht. Er tastete seine Kleider ab. Nichts! Hektisch klopfte er sein Bettzeug, die Laken und alles andere, was herumlag, ab. Die Kristallkugel und der Silberstaub waren fort. Dann dachte er an die vergangene Nacht und den langen Sprung in den Cillidellan zurück. Hatte er sie im See verloren?
»Suchst du etwas?«
Jair erstarrte. Spinkser fragte ihn, und aus seiner Stimme klang geheuchelte Besorgnis. Jair drehte sich um. »Spinkser, was hast du mit…?«
»Ich?« fiel der andere ihm schnell ins Wort, und gespielte Unschuld zeichnete sein listiges Gesicht. »Dein hingebungsvolles Kindermädchen?«
Jair war wütend. »Wo sind sie, Spinkser? Wo hast du sie hingesteckt?«
Nun war der Gnom an der Reihe zu grinsen. »So vergnüglich das ist - und glaub mir, es ist vergnüglich -, ich habe Besseres zu tun. Falls du den Beutel und den Kristall suchst, die hat der Waffenmeister. Hat sie vergangene Nacht an sich genommen, als sie dich hier hereinbrachten und auszogen. Wollte sie mir natürlich nicht anvertrauen.«
Selbstzufrieden verschränkte er die Arme vor der Brust. »Aber lassen wir das nun. Oder benötigst du auch noch Hilfe beim Ankleiden?«
Jair errötete, zog sich fertig an, trat dann wortlos an die Holztür und klopfte. Als sie geöffnet wurde, erklärte er dem wachestehenden Zwerg, daß sie gerne den Raum verlassen würden. Der Zwerg zog die Stirn kraus, wies sie an, zu warten, warf Spinkser einen mißtrauischen Blick zu und zog die Tür wieder entschieden ins Schloß.
Mit wachsender Neugier, warum draußen nicht gekämpft wurde, und Ungeduld in bezug auf die allgemeine Entwicklung, mußten sie eine geschlagene Stunde warten, ehe die Tür zu dem Zimmer sich ein zweites Mal auftat und der Wachsoldat ihnen winkte, ihm zu folgen. Sie traten schnell aus dem Zimmer, bogen einen fensterlosen Gang hinab, der an Dutzenden von Türen vorüberführte, die mit der identisch waren, die sie gerade hinter sich gelassen hatten, stiegen eine Reihe von Treppen hinauf und gelangten auf eine Brustwehr mit Ausblick auf die trüben Wasser des Cillidellan. Vom See her wehte ihnen Wind und leichte Gischt in die Gesichter, und die Mittagsluft war kalt und beißend. Auch hier herrschte ein stiller, erwartungsvoller Tag, eingehüllt in Nebel und tiefhängende Wolken, die zwischen den Gipfeln dahinzogen, in deren Schutz Schleusen und Dämme lagen. Zwergenposten patrouillierten auf den Mauern und ließen wachsame Blicke durch den Dunst schweifen. Von den Gnomen-Heeren war bis auf das entfernte Flackern der Wachfeuer als rötliche Lichtflecken inmitten des Grau nichts zu erkennen.
Der Zwerg führte sie von der Brüstung hinab und bog auf einen weiten Innenhof, der die Mitte des hohen Damms überspannte, der den Cillidellan staute. Nördlich und südlich ihres Weges ragten die Türme und Wälle der Zwergenfestung in einen bleiernen Himmel und verloren sich im Nebel. Der Tag verlieh der Zitadelle ein unheimliches, gespenstisches Aussehen und hüllte sie in Zwielicht und Dunst, daß sie fast wie die Ausgeburt eines Traums erschien, die im Augenblick des Erwachens zu verschwinden droht. Hier waren wenige Zwerge zu sehen, der weite Hof lag einsam und verlassen. In regelmäßigen Abständen führten Treppen in den Fels hinab - schwarze Tunnel, die nach Jairs Vermutungen zu den inneren Mechanismen der Schleusen führten.
Sie hatten den Hof fast überquert, als ein Ruf sie herumfahren ließ und Edain Elessedil auf sie zugerannt kam, um sie zu begrüßen. Mit breitem Grinsen und dick verbundenem Arm und Schulter trat er sogleich mit ausgestreckter Hand auf Jair zu.
»So sind wir letztendlich doch wieder gesund und munter beisammen, Jair Ohmsford!« Er legte seinen gesunden Arm um den anderen, als sie sich umdrehten, ihrem schweigsamen Führer zu folgen. »Ich hoffe, es geht dir jetzt besser?«
»Viel besser.« Jair erwiderte das Lächeln. »Und was
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