Shannara III
könnte ich sonst tun…?
Jair sog tief die kalte Nachduft ein. Vielleicht verstand er Garet Jax besser, als er glaubte. Vielleicht verstand er ihn so gut, wie ein Mensch ihn nur verstehen konnte.
»Da ist etwas, das nicht viele wissen.« Foraker drehte sich plötzlich um. Jair verdrängte seine Grübeleien. »Du sagtest, er wäre in den Schwarzen Eichen auf dich gestoßen. Ich frage mich, was er dort überhaupt suchte? Schließlich kam er von Osten aus Callahorn.«
Jair nickte langsam. »Darüber hatte ich gar nicht nachgedacht. Ich vermute, die Schwarzen Eichen liegen ziemlich weitab vom Weg vom Grenzgebiet in den Anar.« Er zögerte. »Was hat er dort gemacht?«
Foraker lächelte schwach. »Mach dir klar, ich stelle nur Mutmaßungen an. Er hat mir nicht mehr verraten als dir. Aber die Seenplatte im Norden zwischen Leah und der Tiefebene von Clete war seine Heimat. Dort ist er geboren und aufgewachsen. Früher, vor langer Zeit, hatte er dort Familie. Zumindest ein paar Angehörige. Hat lange nicht mehr darüber gesprochen, aber vielleicht ist dort noch jemand am Leben. Oder er sucht nur die Erinnerungen.«
»Familie«, wiederholte Jair leise und schüttelte dann den Kopf. »Hat er Euch berichtet, um wen es sich dabei handelte?«
Der Zwerg stieß sich von der Brustwehr ab. »Nein. Hat es nur einmal erwähnt, das war alles. Aber jetzt weißt du etwas von diesem Mann, das sonst niemand weiß - außer mir natürlich. Hilft dir das, ihn besser zu verstehen?«
Jair lächelte. »Wahrscheinlich nicht.«
Foraker wandte sich um, und sie gingen gemeinsam an den Zinnen entlang zurück. »Habe auch nicht damit gerechnet«, murmelte der Zwerg und zog seinen Mantel um sich, als der Wind ihnen entgegenpustete, sobald sie aus dem Schutz der Mauer traten. »Komm wieder mit mir nach drinnen, Ohmsford, dann mache ich dir einen Becher heißes Bier. Wir werden gemeinsam warten, daß unser Falke zurückkehrt.«
Foraker klopfte ihm mit seiner Hand liebevoll auf die Schulter, und er lief rasch hinterdrein.
Die Nacht verstrich mit öden, sich in die Länge ziehenden Stunden und umwölkt von düsteren Vorahnungen. Nebel kroch auf Katzenpfoten von den Höhen herab, verdichtete sich, legte sich schwer über Schleusen und Dämme und hüllte die Gnomen-Heere in Schleier feuchten, klebrigen Dunstes, bis der helle Schein der Wachfeuer nicht mehr zu sehen war.
Jair Ohmsford, der immer noch auf die Rückkehr von Garet Jax wartete, schlief um Mitternacht ein. Er saß zusammengesackt in einem hochlehnigen Kapitänssessel in der Halle eines Wachturms, während Foraker, Spinkser und Edain Elessedil sich leise über ihren Bechern heißen Biers unterhielten; eine einzige Kerze kämpfte gegen die wachsende Dunkelheit an, und er döste einfach ein. Eine Minute lang war er aufgewacht, lauschte in erschöpfter Gelöstheit dem Summen ihrer Stimmen und hielt die Augen gegen das Licht geschlossen, in der nächsten Minute schlief er bereits wieder.
Es dämmerte schon fast, als der Elfenprinz ihn wachrüttelte.
»Jair. Er ist wieder da.«
Der Talbewohner rieb sich den Schlaf aus den Augen und setzte sich hoch. Kaum sichtbar im Schummerlicht der zu Ende gehenden Nacht glühten im Kamin auf der anderen Seite des Zimmers sanft die Holzkohlen eines ersterbenden Feuers. Draußen prasselte der Regen ans Mauerwerk.
Jair blinzelte. Er ist wieder da. Garet Jax.
Er stand hastig auf. Bis auf seine Stiefel war er voll bekleidet, und die schnappte er nun schnell und zog sie an.
»Es ist noch keine halbe Stunde her, daß er zurückkam.« Der Elf stand neben ihm, und seine Stimme klang gedämpft, als befürchtete er, einen anderen im Raum zu wecken. »Helt war natürlich bei ihm. Sie haben hinter den Tunneln einen Weg nach Norden ausgekundschaftet.«
Er machte eine Pause. »Aber es ist noch etwas anderes geschehen, Jair.« Der Talbewohner blickte gespannt hoch. Kurz nach Mitternacht begann es zu regnen, und damit verzog sich auch der Nebel. Als es kurz vor Sonnenaufgang wieder hell wurde, waren auch die Gnomen wieder da - alle. Sie hatten sich dicht am Ufer des Cillidellan von einem Ende des Damms bis zum anderen dutzendweise zusammengefunden und stehen einfach nur da und warten ab.
Jair war auf den Beinen. »Was haben sie vor?«
Edain Elessedil schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Keiner scheint es zu wissen. Doch sie stehen nun seit Stunden da draußen. Die Zwerge sind alle verteidigungsbereit und oben auf der Brustwehr. Komm mit und sieh es dir
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