Shannara III
wußte wenig von seinen Gefährten. Doch eines wußte er mit Sicherheit, und das genügte: Was immer ihm an diesem Tag widerfahren sollte, die anderen würden ihm beistehen.
Vielleicht war das der Grund, daß er keine Angst hatte.
Der Hohlweg vor ihnen wurde wieder breiter, und Sonnenschein ergoß sich von einem neuen, verbreiterten Himmelsstreifen. Garet Jax verlangsamte seinen Schritt, bückte sich wieder und schlich weiter. Ein magerer Arm winkte die anderen hinter sich. An den Felsen geduckt krochen sie weiter, bis sie sich auf seiner Höhe befanden.
»Da!« flüsterte er und deutete nach oben.
Es war Graumark. Jair wußte es sofort, ohne daß man es ihm hätte sagen müssen. Die Festung lag hoch auf der Oberfläche einer Klippe, die im Bogen von ihnen wegführte. Sie war auf einem breiten Felssims errichtet, das weit in den mittäglichen Himmel hinausragte. Es war ein finsterer, massiger Bau. Zinnen, Türme und Wehrgänge, die wie Stacheln und stumpfe Axtköpfe in das wolkenlose Blau stießen, erhoben sich auf Steinquadermauern in mehr als hundert Metern Höhe. Keine Wimpel flatterten von den Turmpfosten; keine Flaggen zierten die Fensterflügel. Die ganze Festung wirkte öde und grau, selbst im strahlenden Sonnenschein; der Stein war von stumpfem, aschgrauem Ton. Die wenigen Fenster waren schmale, enge Öffnungen mit Gittern und hölzernen Läden davor. Ein einziger, schmaler Weg wand sich an der Bergwand empor - kaum mehr als ein ins Gestein gemeißeltes Sims - und endete an einem hohen, eisenbeschlagenen Flügeltor vor dem Gebäudekomplex. Das Tor war verschlossen.
Sie musterten schweigend die Festung. Nirgendwo ließ sich jemand sehen. Nichts regte sich.
Dann erblickte Jair den Croagh. Er konnte nur Teile des zerklüfteten Steinbogens sehen, der fast mit den Türmen und Wehrgängen des Bauwerks zu verschmelzen schien und sich hinter Graumark erhob. Er wand sich wie eine Freitreppe um sich selbst und schraubte sich himmelwärts, bis er hoch auf einem einsamen Gipfel endete, der die anderen ringsum weit überragte.
Jair faßte nach Spinksers Arm und wies auf den Gipfel und das schmale Felsband, das zu ihm hinaufführte.
»Ja, Junge - der Croagh und der Himmelsbrunnen.« Der Gnom nickte. »Sie zu suchen, hat der König vom Silberfluß dich losgeschickt.«
»Und der Maelmord?« fragte Jair schnell.
Spinkser schüttelte den Kopf. »Der liegt auf der anderen Seite der Burg, umgeben von einem Felsring. Dort nimmt der Croagh seinen Anfang, führt zunächst um Graumark herum und dann weiter hinauf.«
Sie schwiegen wieder und beobachteten die Festung. »Scheint keiner hier zu sein«, murmelte Helt nach einer Weile.
»Das ist genau der Eindruck, den die vermitteln wollen, die dort auf der Lauer liegen«, bemerkte Spinkser trocken und hockte sich auf die Fersen zurück. »Außerdem ziehen die Wandler die Dunkelheit vor. Sie ruhen die meiste Zeit tagsüber und gehen nachts um. Selbst die Gnomen, die ihnen hier dienen, nehmen nach kurzer Zeit diesen Lebensstil an und lassen sich bei Tageslicht nicht sehen. Aber täusche dich nicht. Die sind dort drinnen, Grenzländer - die Wandler wie die Gnomen. Und auch noch ein paar andere Wesen.«
Garet Jax studierte den Bergpfad, der zum Tor der Feste führte. »Auf diesem Weg würden sie uns wohl erwarten.« Er sprach mehr zu sich selbst als zu den anderen. »Auf dem Weg oder bei einer Kletterpartie an der Bergwand.« Er schaute nach links, wo das schmale Sims, auf dem sie standen, sich zwischen den Felsen wand und durch ein schmales Tunnel in den Bergen verschwand. »Auf diesem Weg vielleicht aber nicht.«
Spinkser ergriff seinen Arm. »Der Tunnel mündet in eine Reihe von .Gängen, die hinauf in die Kellerräume der Festung führen. Diesen Weg werden wir nehmen.«
»Wachen?«
Spinkser zuckte mit den Schultern.
»Mir wäre wohler, wenn wir uns von außen an den Croagh heranschleichen könnten«, murmelte Foraker. »Ich habe genug von Höhlen und Tunnels.«
Der Gnom schüttelte den Kopf. »Nicht zu machen. Der einzige Zugang zum Croagh führt durch Graumark - direkt zwischen den Wandlern und allen hindurch, die ihnen dienen.«
Foraker murrte. »Was meinst du, Garet?«
Garet Jax studierte weiter die Festung und die Felswände, die sie umgaben. Sein mageres Gesicht zeigte keinerlei Ausdruck. »Kennt Ihr den Weg gut genug, um uns unbeschadet hindurchzuführen, Gnom?« fragte er Spinkser knapp.
Spinkser warf ihm einen finsteren Blick zu. »Ihr verlangt eine Menge.
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